Absolute Drift setzt einen nicht ins Cockpit und lässt einen durch lebensecht nachgebildete Metropolen schliddern. Überhaupt ist man ganz weit entfernt von Need for Speed, Burnout Paradise oder Ridge Racer – mindestens ebenso weit wie die Kamera vom Geschehen. Denn aus der Vogelperspektive betrachtet, ist das Fahrzeug noch kleiner als seinerzeit bei den Micro Machines von Codemasters. Und auch die Umgebung wird anders dargestellt als ich es von einem Arcade-Rennspiel erwartet hätte. Statt aufwändiger farbenfroher Kulissen, bei denen unzweifelhaft klar wird, in welcher Metropole man um die Kurven driftet, findet man sich mit seinem Boliden in einer abstrakten weißgrauen Welt wieder. Farben werden nur sporadisch eingestreut. Blau und Gelb als Kontrapunkte, wobei auch gelegentlich Rot eingesetzt wird. Doch diese Signalfarbe wird primär dazu genutzt, um Gegenstände zu markieren, mit denen man interagieren kann. Dies können Objekte sein, in deren Nähe man Tricks wie Drifts, Spins oder Sprünge durchführen muss. Bei den roten Gebäuden kann es sich aber auch um Zufahrten zu Drift-Wettbewerben in drei Kategorien (Bergfahrten, Rundkurse, Driftkhana mit bestimmten Aufgaben) oder eine Garage handeln, in der man eines von sechs Fahrzeugen wählen kann.
Die letzte Farbe, die exzessiv genutzt wird, ist Schwarz: Man hinterlässt überall, wo man fährt, driftet und die Karre ggf. ausbricht, Reifen-Spuren, die sich wie eine unbeholfene Kinderzeichnung über die gesamte Leinwand erstrecken, die man befährt. Leider ist die Länge des Gummiabriebs endlich und löst sich irgendwann wieder in Weiß auf. Es wird also nicht möglich sein, die in sechs Abschnitte unterteilte Welt dunkel zu färben. Doch die Kulisse sorgt zusammen mit dem zielsicher eingesetzten Drum&Bass-Soundtrack für ein Spielgefühl, das sich angenehm von den üblicherweise hektischen Arcade-Rasereien à la Need for Speed oder Flatout unterscheidet. Die Aufgaben, die man in jeder Welt lösen muss, bevor sich das Tor zur nächsten öffnet, sind keinerlei Druck unterworfen. Hier gibt es kein Zeitlimit, keine Unfallbegrenzung, kein Game Over. Man kann die geforderten 100 Prozent bei Spins oder Donuts auch in mehreren Anläufen nach und nach anhäufen – Absolute Drift ist in vielen Momenten so etwas wie Zen Gaming für Autofahrer. Selbst bei den Wettbewerben, in denen man um Punkte in der Online-Rangliste kämpft, werden weitgehend entspannt inszeniert. Man hat nur sich und die Strecke auf dem Schirm. Es gibt keinen Ghost wie bei Trials oder TrackMania, der einen zu neuen Höchstleistungen anspornt.
Die höhere Bewusstseinsstufe
Allerdings hat Absolute Drift ein Problem, das gelegentlich die Indieszene plagt: Mechaniken wurden zugunsten der Spielidee sowie des Artdesigns vernachlässigt. Fahrphysik und Driftsystem wissen zwar zu gefallen, kommen aber nicht so zur Geltung, wie sie es verdient hätten, da die Unterschiede zwischen den einzelnen Boliden nicht markant genug ausfallen. Zudem sind die Aufgaben, die man erfüllen muss, nicht sonderlich abwechslungsreich. Immerhin muss man ab und an mal überlegen, wie man hierhin oder dorthin kommt, wo der letzte Sammelgegenstand versteckt sein könnte oder wie man jetzt den perfekten Anfahrtsweg gestaltet, um den Drift auf engem Raum erfolgreich gestalten zu können. Dennoch hätte ein wenig mehr Herausforderung nicht geschadet, z.B. indem man den Spieler auch in der „offenen“ Welt beauftragt, Punktzahlen zu akkumulieren.
Zudem werden einigermaßen geübte Fahrer nach etwa drei bis vier Stunden auf dem Gipfel angekommen sein, wo sie von einem Buddha zum Driftmeister gekürt werden. Und dann bleiben nur noch die Standard-Wettbewerbe, in denen man zwar mit Glückshormonen belohnt wird, wenn man seine bisherige Punktzahl überbietet. Doch da man ständig nur mit sich beschäftigt ist und einem auf der Strecke sämtliche Vergleichswerte fehlen, wird die soziale Komponente vernachlässigt. Direkte Wettbewerbe gegen andere Spieler sind ebenfalls nicht verfügbar.