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AereA (Rollenspiel) – Musik ist die Macht

Dass der Einfluss von Musik ein probates Mittel ist, um in einem bekannten Genre neue Impulse zu setzen, haben Titel wie Crypt of the NecroDancer als Dungeon-Crawler oder Eternal Sonata im Japan-Rollenspiel gezeigt. Triangle Studios (The Bug Butcher) möchte in Aerea Musik und Action-Rollenspiel à la Gauntlet zusammenführen. Im Test prüfen wir, ob das Experiment gelungen ist.

© Triangle Games / Soedesco

Irgendwie anders

Kompositionen und Instrumente als zentraler Bestandteil eines Action-Rollenspiels? Das gab es meines Wissens noch nicht. Doch genau dort setzt Aerea an: Alles in der farbenfrohen sowie comichaften Fantasy-Welt Aezir beruht auf Musik. Genauer: Auf der magischen Kraft, die Instrumenten sowie Notenblättern innewohnt und alles miteinander verbindet – quasi die melodiöse Form der Star-Wars’schen Macht. Und wo es Nutzen gibt, wird es natürlich auch Antagonisten geben, die diese Macht für ihre Zwecke manipulieren wollen. In Aezir ist dies der böse Demetrio, der mit seinem Freund Guido die Kraft der Musik entdeckt hat, diese aber nutzen möchte, um die Menschen zu unterjochen. Es kommt zu einem heftigen Streit, an deren Ende die Kraft der ausgelösten Musik dafür sorgt, dass Aezir in verschiedene Teile gesprengt wird. Vier Musik-Studenten werden damit beauftragt, die neun ursprünglichen Musikinstrumente zu finden, um das Land wieder zu heilen.

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Mit mehr Spielern macht Aerea mehr Spaß. Dadurch wird aus den trägen Auseianandersetzungen aber noch lange kein unterhaltsames Spiel. © 4P/Screenshot

Wahlweise bis zu vier Spieler können kooperativ in die Rolle der Helden schlüpfen. Jacques kämpft mit einem Cello. Jules nutzt eine Laute, um die Gegner zu dezimieren. Und Wolff ist mit einer Harfe unterwegs, während Claude sich auf eine Trompete verlässt. Obwohl dies ziemlich abenteuerlich klingt, verstecken sich hinter diesen Bewaffnungen weitgehend klassische Hack&Slay-Archetypen. Jacques z.B. ist der klassische Ritter/Paladin, dessen großbäuchiges Instrument als Schild genutzt wird und der Bogen den Job eines Schwertes übernimmt. Hinter den dualen Trompeten von Claude schlummert die Funktionalität von Pistolen, während Wollfs Harfe einem Bogen gleicht und Jules mit seiner Laute quasi den Job eines klassischen Magiers übernimmt.

Gar nicht anders

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Der Kaufmann bietet viele Hilfsmittel an. © 4P/Screenshot

Und nachdem man registriert hat, dass die Klassen sich nur hinter den Instrumenten verstecken anstatt konventionelle Fantasy-Waffen zu nutzen, fällt einem auch ziemlich schnell auf, dass Aerea abseits der Musik und des auf „musikalisch“ getrimmten Artdesigns inhaltlich sehr bieder ist. Es gibt keine melodiösen Kombos oder gar die Option, durch im Takt ausgeführte Angriffe Bonusschaden anzurichten. Und das war eigentlich das Mindeste, was ich von Aerea als sich um Musik drehendes Action-Rollenspiel erwartet hatte. Zumal Timing-basierte Systeme (und damit Rhythmus nicht unähnlich) auch schon  im 16 Jahre alten Summoner (eines von Volitions Frühwerken) ihren Dienst verrichteten. Doch hier ist es sehr simpel: Gegner, Knopf drücken, Angriff, Gegner weg, nächster Gegner usw. Da sich Aerea zudem auf eine sehr überschaubare Figurenentwicklung mit nur wenigen Spezialfähigkeiten verlässt, werden die Kämpfe trotz der teils exzellenten Musik aus der Feder von Broforce-Komponist Deon Van Heerden schnell zu einer banalen Nebenbeschäftigung. Umso mehr, da es hier keinerlei Beute abzustauben gibt, so dass die Diablo’sche „Loot“-Motivation hier überhaupt nicht zum Tragen kommt.

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Nicht nur mechanisch, auch hinsichtlich der Kulisse zeigt sich Aerea bieder und bietet das übliche Spektrum von Wäldern bis Lavahöhlen. © 4P/Screenshot

Dementsprechend spielt sich Aerea eher wie die 2014 veröffentlichte Neuinterpretation von Gauntlet – ohne allerdings deren Charme oder Dynamik zu erreichen. Denn dafür laufen die Kämpfe hier größtenteils zu träge ab, was neben der spartanischen Figuren-Entwicklung und der bunten Kulisse dafür spricht, dass sich Aerea vorrangig an eine jüngere Spielergeneration richten soll. Doch die dürfte auch mit den sporadischen Schalterrätseln oder den meist viel zu leicht auszumanövrierenden Fallen kaum Motivation finden, in die oberflächliche Musikmärchenwelt einzutauchen. Alles wirkt irgendwie bekannt: Das Kampfsystem, die grundsätzlichen Figurenklassen – selbst die Kulisse gibt sich trotz interessanter Ansätze mit den Umsetzungen üblicher Schauplätze wie Kanalisationen, Dschungel oder Lavawelten sehr bieder. Doch mittlerweile gibt es nicht nur die Spiele eines Diablo-Kalibers, mit denen Aerea konkurrieren muss. Viele Free-to-play-Titel ziehen vor allem hinsichtlich des Kurzzeit-Spaßes an dem ambitionierten, aber nicht gut durchdachten Action-Einerlei vorbei.

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