Einmal Kriegsverbrechen zum Mitnehmen, bitte!
Die Inszenierung der Hintergrundgeschichte ist vollkommen öde. In beinahe schon albern synchronisierten Textsequenzen lese ich Briefe von meiner Familie, die sich über meinen Kriegseinsatz beschwert. Das war‘s. Es gibt keine Gesichter zu den Stimmen, keine Fotos und schon gar keine Videos. Auch ich selbst bleibe gesichtslos. Das ist nicht emotional, das ist mir bestenfalls egal und schlimmstenfalls nervig. Auch die Briefings werden ähnlich „stark“ präsentiert.
Zudem gibt es eine Überraschung: Es wird nämlich Kritik laut am Vorgehen der USA. Nach einem Agent-Orange-Einsatz etwa sinniert meine Spielfigur über die Gefahren von Entlaubungsmitteln und ihre (schrecklichen) Auswirkungen auf die Bevölkerung. Meine Tochter wird zu einer Aktivistin der Friedensbewegung und im Laufe der Kampagne verliere ich den Glauben an den Krieg und mein Land. Das könnte spannend sein und völlig neue Perspektiven in Kriegsspielen eröffenen. Könnte! Hier, in einem schlechten Arcade-Shooter, in dem gebombt und geballert wird, was das Zeug hält, wirken diese Elemente extrem deplaziert.
Hässlicher Krieg
Wer jetzt noch sagt „Egal,Hauptsache die Kulisse rockt“, den muss ich enttäuschen. Das tut sie nämlich auch auf der PS4 nicht. Zwar kann man fast zum PC aufschließen, dafür ruckelt und teart es jetzt aber dauerhaft. Kurz: Die Technik ist auch auf Sonys jüngstem System völlig indiskutabel. Flugzeugmodelle, Oberflächen, Pappkameraden-Bäume, Sichtweite, Effekte – nichts entspricht den heutigen Standards. Es gibt außerdem brutale Pop-Ups und merkwürdig morphende Umgebungen. Wenigstens sind die komischen roten Wände entfernt worden –
viel zu klein sind die Einsatzgebiete aber nach wie vor. Auch die neuen Optionen des DualShock 4 werden restlos ausgeschöpft. So imitiert die Lightbar durch Rot-Orange flackernde Farben das Mündungsfeuer der Flugzeuge, wenn ich das Feuer eröffne – glatter Wahnsinn!
Da ist es auch fast egal, dass die Freund-KI nicht nur schlecht, sondern quasi nicht existent ist. Wenigstens kann ich manuell zwischen ihnen Wechseln und selbst die Kontrolle übernehmen. Es ist unerheblich, dass die Ränge meiner Flügelleute keine Rolle spielen und es während der Mission keine Kommunkation zwischen ihnen gibt. Selbst dass meine Spielfigur während laufender Missionen ständig automatisch auf magische Weise das Fluggerät wechselt (Jäger – Bomber – anderer Jäger) kann mich nicht mehr irritieren. Hauptsache es ist vorbei, denn dieser Krieg ist die Hölle.
Wobei Phips7 nicht ganz Unrecht hat. Würde man nämlich auch die äußerst unethischen Züge wie etwa die besagten Flächenbombardierungen bewusst ausblenden, dann kämen wir schon wieder sehr nahe an die "saubere" Vietnamkriegsdarstellung von Propagandamaterial wie etwa "Die grünen Teufel" heran, was mir auch die Sorgenfalten auf die Stirn treiben würde.
Um dies richtig umzusetzen, müsste man dem Spieler dann natürlich auch die Konsequenzen seines Handelns vorhalten - aber dies alles ist ziemlich viel verlangt für ein Spiel, das ansonsten schon bei den Basics kläglich versagt.
Klar sind auch meine Grenzen fliessend und diskutabel, wer aber nur völlig abgestumpft ist und sich überhaupt keine Gedanken mehr zu seiner Freizeitbeschäftigung macht, dem fehlt halt ein wenig Substanz.
Würdet Ihr auch gerne mal ne Vergewaltigung zocken, Babys sprengen oder nur einen Hund tot schlagen? Sind doch nur Pixel.
Du spielst hier ein Kriegsspiel da steckt halt auch Krieg drin.