Auf hoher See setzt sich das profane „Hinfahren und Abholen“ nahtlos fort. Wertvolles Treibgut, das den Nordatlantik wie Hänschens Krümelspur ziert, klickt man mit einem Tastendruck an Bord. Die Crew wirft nicht einmal eine Leine aus. Hauptsache, es geht schnell. Game Must Go On! Ein Angriff auf kleine Boote sieht so aus: Shays Schiff, die Morrigan, rast auf ein Kanonenboot zu, dieses sinkt sofort und per Tastendruck hole ich binnen eines Wimpernschlags über Bord Gegangene sowie die fremde Ladung ein. Das zerstört jede Illusion.
Dabei sind Seeschlachten durchaus aufregend, wenn Kanonensalven großer Pötte über den Ozean krachen und eine volle Breitseite einschlägt. Es ist zwar lächerlich, dass ich Schaden vom Schiff abwende, wenn Shay während des Einschlags in Deckung geht, doch das Spektakel ist zumindest unterhaltsam. Mit geenterten Schiffen repariert Shay zudem die Morrigan oder er fügt sie seiner Flotte hinzu. In einem ebenso strategischen wie überflüssigen Minispiel weist er Schiffen dann auf einer Karte Missionen zu. Erfolgreiche Aufträge füllen Kasse und Laderaum.
Er trifft mich, er trifft mich nicht…
Während des Enterns fällt allerdings eine weitere Schwachstelle ins Auge: Die Schwertkämpfe sind im Angesicht moderner Action eine Farce. Denn abgesehen davon, dass Shay die meisten Gefechte mit links gewinnt, leiden die Kämpfe unter technischen Mängeln. So inszeniert Ubisoft die Scharmützel ähnlich wie Batmans Arkham-Serie als Reaktionsspiel – ein Knopf wehrt Angriffe ab, ein anderer durchbricht die Deckung, ein weiterer versetzt den Todesstoß.
Nur funktioniert die Zuweisung oft nicht. Mal verteidigt sich Shay nicht, ein andermal trifft er den Gegner nicht. Mit Höhenunterschieden in der Größe einer Treppenstufe hat Assassin’s Creed massive Schwierigkeiten. Besonders die Gefechte an Deck eines Schiffs, an denen zahlreiche feindliche und eigene Kämpfer beteiligt sind, geraten so zum heillosen Durcheinander. Das Spiel kann Aktionen und Bewegungen der vielen Fechter schlecht koordinieren und produziert deshalb Fehler.
Spätestens in diesem Jahr, mit Blick auf Mittelerde: Mordors Schatten, kann ich diese ungeschliffene Inszenierung nicht mehr entschuldigen. Wo ich in Tolkiens Universum ohne eingeblendete Aktionshinweise präzise schlachte und taktiere, reagiert der Assassine selbst mit omnipräsenten Eingabeaufforderungen nicht zuverlässig.
Erlebte Geschichte
Die Mühe lohnt sich ja! Viele Panoramen sehen fantastisch aus. Staub weht durch die Siedlungen des frühen Nordamerika, Regen vermiest Shay schon mal den Tag und im Schnee hinterlässt er tiefe Spuren. Am meisten überzeugt einmal mehr die Darstellung einer Stadt: Im New York des 18. Jahrhunderts ist die heutige Metropole zwar kaum zu erkennen, doch ich genieße jeden Schritt über belebte Märkte, lese Werbetafeln an kahlen Backsteinwänden und schlendere zu einer ruhigen Musik, die überraschend eindeutig Ezios Abenteuer in Italien zitiert.
Wenn ich so durch die Straße bummele, spüre ich die alte Liebe für Assassin’s Creed – diese Illusion ein Stück Geschichte zu erleben. Das ist nicht so beeindruckend wie in Unity, dem trotz seiner Fehler visuell beeindruckenderen Abenteuer mit neuer Technologie. Dem stilvollen Erlebnis in Nordamerika kann der grafische Rückstand aber nichts anhaben.
Ich habe es vorgestern beendet und muss sagen, dass die AC-Teile wirklich immer ernüchternder werden. Dieser ganze Sammelkram bringt einem absolut gar nichts, abgesehen von freischaltbaren Cheats. Animusfragmente bringen einem zugegeben noch eine (belanglose) Nachricht von Juno, Säulen und Templermünzen immerhin (hässliche) Outfits. Nachdem ich das recht schnell durchschaute, verzichtete ich dann auch darauf, in jeder Siedlung alles aufzusammeln. Nur die Shantys nahm ich mit, die haben mir immerhin etwas geboten.
Spielerisch könnt ich immer noch kotzen. Ich weiß nicht, warum man die Steuerung seit AC2 oder 3 so dermaßen in den Sand gesetzt hat. AC1 hat eine richtig flüssige Steuerung gehabt, die recht präzise war und so gut wie nie in Fehlsprüngen endete. Bei AC:Ro muss man echt aufpassen, jeder noch so minimal falsche Kamerawinkel führt dazu, dass man plötzlich ganz woanders hinspringt. Bei Verfolgungsjagden ist das immer besonders ärgerlich: Ich möchte um die Kurve rennen, um den Gegner einzuholen, stattdessen springt Shay an einer glatten Wand mehrmals hoch, wo es keinen Halt gibt. Oder ich möchte über das Schiff rennen, weil mir der Gehen-Modus zu langsam ist, und was passiert? Er springt ÜBERALL HOCH. Auf jede Kanone, auf jede Kante. Jesus. Bei AC1 hat Altair noch vor jeder Kante Halt gemacht, im Rennenmodus musste man zum Klettern noch zusätzlich die Leertaste oder Shift drücken, aber natürlich wollte man lieber die Steuerung später vereinfachen und hat alles auf eine Taste gelegt.
Die Kämpfe sind auch so eine Sache. Ich werde angegriffen und will zuschlagen, Shay schlägt aber nicht zu, sondern geht an dem zuschlagenden Gegner vorbei und lässt kurz seine versteckte Klinge ausfahren, weil das Spiel nicht automatisch den Gegner fokussiert (bei AC1 musste ich Gegner noch manuell anvisieren, was deutlich besser funktioniert hat). Das sind btw alles Probleme, die es nicht erst seit Rogue gibt, sondern mindestens seit AC2 oder 3.
Die Erzählung war soweit voll in...
Leider gibt es doch keine wirkliche Alternative zu AC, wenn man das Konzept eines zum Leben erweckten Zeitabschnitts erleben will, welches sich zumindest glaubwürdig an gewisse geschichtliche Zusammenhänge orientiert.
Deshalb werde ich es wohl auch kaufen. Kein anderes Spiel bietet mir bisher die Möglichkeit in historische Abschnitte einzutauchen und diese Zeit zu "erleben".
Sicherlich ist das Gameplay mittlerweile altbacken und lahm, aber zumindest für mich macht es die Kulisse zu einem gewissen Grad wieder wett.
Anders als in anderen Spielen finde ich sämtliche Anzeigen sogar garnicht mal unsinnig. Man muss immer bedenken, dass man sich quasi in einer VR befindet, die einem auf mit sämtlichen HUD-Elementen versorgt.
Schlimmer finde es dies bei Spielen, z.b. Guild Wars 2 oder DA:Inquisition. Dort gibt's einfach keine vernünftige Erklärung, warum einem das Spiel diverse Standorte verrät.
Assasin's Creed soll den flüssigen Kampf darstellen, dafür ist z.B. das Kontersystem zwingend notwendig. Wie bekloppt wäre es, wenn man für jeden Kampf 5 oder 6 Minuten Zeit aufwenden müsste. Spielerisch unterscheiden sich andere Spiele mit Kämpfen doch nur darin, dass man 20 Mal nacheinander Viereck / X drückt um zuzuschlagen. Da ist es spielerisch nicht weniger fordernd, zum richtigen Zeitpunkt die Taste für Konter zu drücken, mit A auszuweichen und zwischendurch einige Male zu schlagen.
Für mich macht Assasin's Creed seit Teil 2 jedenfalls alles richtig, alles. Kulisse, Gameplay, Grafik, Sound, Vertonung, Charaktere - Nur die Story hinkt hier und da mal und hätte meiner Meinung durchaus anders verlaufen können.
Ich muss aber dazusagen, dass ich diese Art von Spiel auch nur bei AC mag. Bei AC sind das alles Punkte die mich keineswegs stören, aber ich muss das gleiche Spielprinzip dann nicht in 10 anderen Spielen haben.
AC baut aber schon auf den Hilfen und Karten auf, find ich (hier und dort sogar extrem). Und da man nicht jede Sache einzeln abschalten kann (wie schon erwähnt), hat man da eigentlich gar nicht so eine große Wahl.
Entweder findest du alles und kannst wenigstens noch ein bisschen herumexperimentieren oder du findest doch eigentlich gar nix bzw wirst andauernd von den Wachen entdeckt, weil die Spielmechanik zu hakelig ist.
das find ich schade..ich würde gerne mal nen anderes Ac Erlebnis haben.....
Diese Iteration der Anvil Next läuft eigentlich *so* rund, die würde "fast" auch noch auf einem Pentium 90 gehen ^^
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Zum Spiel selber:
Bin jetzt so in der Mitte, und ich mag's wirklich sehr - ich bin aber auch großer Fan der Serie. Für mich das dieses Jahr "bessere" AC-Spiel im Vergleich zu Unity - ich kann mich mit Unity ums Verrecken nicht anfreunden, in Rogue habe ich mich von Anfang an "heimisch" gefühlt. Für Fans des Kanons eigentlich auch Pflicht, verknüpft es doch ziemlich gelungen die Handlungen von 3 und 4 mit Verweisen auf Unity.
Was Benjamin in seinem Test mit dem Abklappern der Karte beschreibt, sehe ich auch, das ist nicht unbedingt spannend und gehört imho auch mal überarbeitet/abgeschafft. Betrifft aber ausnahmslos *alle* Ubisoft Openworld Spiele der letzten 5 Jahre und war ja immer schon Teil der AC Serie. Da macht es für mich auch keinen Unterschied, ob man bei Unity nun sieht, wie die Spielfigur da noch die Hand ausstreckt oder wie in Black Flag / Rogue nur dagegentritt. Auch der Kampf ist ... naja... meh halt.
Das Alles kann ich trotzdem irgendwie verschmerzen, ich mag die Serie einfach und einmal im Jahr ne Woche AC muss einfach sein. Entspannung pur in toller historischer Kulisse
Zumal ich bei Rogue auch ein paar tolle "frische" Ansätze sehe, es ist wirklich mal interessant, den Konflikt von der anderen Seite aus zu führen. Rogue hat auch (kommt ja beim Test auch raus) den besten Hauptchar seit Teil 2 sowie eine tolle Geschichte. Bei AC4 bspw. hat mich alles genervt, was mit der Haupt Storyline zu tun hatte, alles Andere rund um Piraten sehr gut unterhalten.
Im imho sehr guten Kotaku Review zum...