Nicht nur, weil die Engelsjägerin zusätzlich zu den Handfeuerwaffen auch die Pistolen-Absätze ihrer Stiefel als Projektil-Spritze benutzt. Nicht nur, aber auch. Denn egal, ob man anfänglich nur mit den Pistolen oder später mit Katana, Peitsche oder Feuerklauen (teilweise auch kombinierbar, z.B. Katana/Klauen) unterwegs ist, kann man sich vor spektakulären Kombos kaum retten (Dutzende pro Waffentyp/-Kombination), die man durch freischaltbare Sonderangriffe zusätzlich aufstocken kann. Mein Highlight in diesem Bereich, an dem ich mich nicht satt sehen kann, ist der „Breakdance“, bei dem
Bayonetta spielt kokett mit ihren Reizen und erinnert eher an ein Model oder ein Pop-Prinzesschen – bis ihre Waffen die angreifenden Engel in ihre Einzelteile zerlegen… |
Bayonetta auf dem Boden wirbelnd aus allen Rohren feuert und nach einem kecken Blick in die Kamera sowie einem Model-Fotofinish samt „Klick“ wieder in die vertikale Position wechselt. Leider ist diese Bewegung gegen viele der späteren Gegner unwirksam – das ändert aber nichts daran, dass ich immer wieder versucht bin, den Breakdance zu starten…
Doch das ist noch lange nicht alles. Denn bis hierhin wäre Bayonetta tatsächlich nur die moderne Schwester von Dante, die die von den Engeln zurück gelassenen Heiligenscheine statt irgendwelcher Seelenkugeln als Währung aufsammelt. Doch mit aufnehmbaren Waffen der Gegner, die man bedingt durch Abnutzung nicht all zu lange mit sich herumtragen kann, Einsatz von spektakulären und teilweise auch vom Feind abhängigen „Folter-Finishern“ samt intensiver Buttonmash-Events beim Einsatz von z.B. Guillotine oder Eiserner Jungfrau geht die Hexe weit über das hinaus, was Dante und sein Kumpan Nero aufzubieten haben. Blocken ist der sich elegant und geschmeidig bewegenden Hexe übrigens gänzlich unbekannt. Stattdessen kann sie den Gegnern in den linearen und leider etwas zu häufig als Schlauch designten Abschnitten durch Flickflacks und ähnliche Akrobatik ausweichen. Wenn man dabei sogar das Risiko eingeht und den letzten möglichen Moment abpasst, wird eine der besonderen Hexenfähigkeiten für kurze Zeit aktiviert: Die den Bildschirm blau färbende Witch Time, die Bayonetta’sche Variante der Bullettime, in der man für ein paar Sekunden mit voller Geschwindigkeit die Gegner attackieren kann, die sich ihrerseits nur in Zeitlupe bewegen können. Zusätzlich wird diese Fähigkeit auch für Rätsel genutzt, so etwa, wenn man sie aktivieren muss, um über Wasser laufen zu können oder eine Tür daran zu hindern, sich unvermutet wieder zu schließen, bevor man durchgeschlüpft ist.
Nicht ganz perfekt
Allerdings ist bedauerlich und für mich nicht nachvollziehbar, wieso man innerhalb der Action auf zwei Waffenkombinationen beschränkt wird. Dass man erst umständlich ins Pause-Menü muss, wenn man feststellt, dass die Waffenauswahl für den jeweiligen Gegnertyp nicht passt, ist ein ungeschickt wirkender Faux Pas, der sich auch in den Ladebildschirmen negativ
Die Climax-Finisher in den Bosskämpfen machen ihrem Namen alle Ehre: Sie gehören wahrlich zu den Höhepunkten des Hexen-Abenteuers. |
auswirkt. Wieso das? Ganz einfach: Dank einer ebenso einfachen wie genialen Idee kann man hier nicht nur alle möglichen und von der jeweiligen Waffe abhängigen Angriffskombinationen anzeigen lassen, sondern sie auch gleich üben. Wenn es sein muss, auch bis über die Ladezeit hinaus. Diese Trainingsarena ist ideal, um sich die ausufernden Möglichkeiten zu verinnerlichen, die teilweise sogar über das hinausgehen, was moderne Prügler aufzubieten haben. Aber: Auch hier ist man auf die zwei ausgerüsteten Waffen beschränkt und hat auch nicht wie bei Devil May Cry 4 die Möglichkeit, mit dem Waffenwechsel eine Kombo fortzuführen.
Die auf dem Digipad liegenden Gegenstände für Heilung usw. sind ebenfalls nur suboptimal gelöst. Zwar ist der Weg zum heilenden Lutscher hier deutlich weniger zeitaufwändig als über das Pausenmenü, dennoch bevorzuge ich den Druck auf die „Back“-Taste. Denn zum einen kann ich hier noch einmal kurz durchatmen und versuchen, meinen Blutdruck zu regulieren, bevor es wieder ins Gefecht geht. Und zum anderen habe ich in dem Stakkato der Gegnerattacken eigentlich keine Zeit, um den Joystick auch nur für den Bruchteil einer Sekunde zu verlassen, um das Digipad in die entsprechende Richtung zu drücken.
Gleichermaßen hätte ich mir gewünscht, dass Platinum Games sich vom mittlerweile acht Jahre alten Prinzip der „Arena-Kämpfe“ verabschiedet. Die Auseinandersetzungen sind bereits intensiv genug, als dass sie durch künstlich geschlossene magische Türen hätten verstärkt werden müssen, die sich erst dann wieder öffnen, wenn alle Gegner ausgeschaltet wurden. Gegen Ende und damit viel zu spät bricht Bayonetta zwar mit diesem Prinzip. Aber das nährt letztlich nur die Hoffnung, dass bei einer möglichen Fortsetzung das Spielgefühl nicht nur erweitert, sondern auch ausgebaut und perfektioniert wird.
Attackierende Haarpracht
Eine weitere Fähigkeit der Umbrahexe ist die so genannte „Wicked Weave“, über die man bereits im Uhrenturm-Prolog immer wieder staunt. Denn Bayonetta kann zum Komboabschluss aus dem Nichts heraus Haarflechten beschwören, die dann in Form von Fäusten oder Kicks die Feinde malträtieren.
Das sieht in zweierlei Hinsicht gut aus: Zum einen, weil die Haarpracht ebenso aufwändig animiert ist wie die Hexe selber. Und zum anderen, weil (und damit sind wir wieder beim Thema „überbordende Fantasie“) ihre Haare auch genutzt werden, um ihre Lack/Leder-Kleidung zu bilden. Wenn nun die „Hexenflechte“ eingesetzt wird, entblößt sich Bayonetta zunehmend, bevor in einem eindrucksvollen Effekt die „Haare“ wieder über ihren Körper streifen und sich zu Leder verfestigen.
Noch imposanter sind die haarigen „Climax“-Finisher in Bosskämpfen: Anstatt sich auf Arme oder Beine zu beschränken, nutzt Bayonetta die Frisur bis zur letzten Faser, um ein wahrhaft mächtiges Wesen zu beschwören, das den jeweiligen Boss nach allen Regeln der Kunst zerlegt. Dabei kann es sich um einen Drachen handeln, der den Gegner in Stücke reißt oder einfach mit voller Wucht gegen eine Hauswand schlägt, bis er sich in seine Einzelteile auflöst. Oder auch um einen rabenähnlichen vieläugigen Vogel, der die geschätzte 40 Meter lange gegnerische Drachenschlange kurzerhand verspeist.
Ich find den Storyaufbau auch echt großartig.
Man wird reingeworfen ins Spiel, es passieren ein paar Dinge, man kapiert NIX und denkt sich: "Waaaaaaaaaaas ... hab ich die 5 Vorgänger verpasst?"
Man fühlt sich, wie wenn man mitten in der zweiten Staffel anfängt, Lost zu kucken.
Nun, bei Bayonetta ists aber so, dass wirklich ALLES bis zum Ende aufgeklärt wird
und zumindest ich war die ganze Zeit über so neugierig, dass mich dieses WTF-Gefühl dauernd bei der Stange gehalten hat.
Hachja ... "Bayonetta" und "Stange halten" in einem Satz - was bin ich wieder ein Schelm.
Es ist einfach mal ne Abwechslung zu dem ganzen Casual Mist, der oft viel zu sehr auf die breite Masse zugeschnitten ist und daher kaum mehr richtig eine Seele besitzt. Bayonetta hat Seele.
Ein grosses Dankeschön, dass Bayonetta auch für Leute spielbar ist, die keine Berufsgamer sind.
Muss ich auch mal wieder spielen, ist ein Spiel das man gut von Zeit zu Zeit mal wieder raus holen kann. ^^
Das ist noch ein richtiges Spiel, wenn ich dagegen Casual Spiele wie SW:TOR sehe und vor allem dessen Spieler, da wird erst einem klar, dass man immer noch in einer ganz anderen Liga von Spaß spielt. Die CS Generation und danach geht mir inzwischen einfach nur noch auf den Sack. Es muss immer alles noch einfacher sein, an Bayonetta würden sie wohl den Rest ihres Verstandes verlieren, weil sie mit so gut wie keinem Einsatz nicht sehr weit kommen werden. ^^
Als ich damals die Demo gespielt habe, dachte ich sofort: das Spiel muss her, genau mein Ding und vor allem mal wieder ein typisch japanisches Spiel, das man nicht verwestlicht entwickelt hat. Viele der heutigen japanischen Spiele haben viel zu viel westliches angenommen, was ihnen immer mehr das besondere genommen hat. Da tut ein Spiel wie Bayonetta echt gut.
Ich hoffe es wird wirklich einen Nachfolger geben.