Schweres Leben
Bayonetta
ist seit jeher hart vom Schicksal gebeutelt: Erst veröffentlichte Sega 2009 den ersten Teil für Xbox 360 und beauftragte für die PS3-Umsetzung statt Platinum Games ein externes Studio, das eine deutlich schwächere Version produzierte. Trotz überschwänglicher Kritiken, zumindest für die Xbox-360-Version, blieb der große finanzielle Erfolg des von Devil May Cry-inspirierten Werks aus. Deshalb benötigte Platinum Games fünf Jahre und das beherzte Einspringen ausgerechnet von Nintendo, um eine Fortsetzung zu finanzieren. Dabei passen die ebenso brutalen wie sexy inszenierten Hexen-Scharmützel so gar nicht zum familienfreundlichen Image des Traditionsunternehmens. Bayonetta 2 erschien 2014 zunächst auf der erfolglosen Wii U, erneut begleitet von einer Menge Kritikerlob. Erst 2018 wurden beide Spiele für Switch wiederveröffentlicht, Teil 1 aber nur als Download-Variante. Auch um Teil 3 stand es lange Zeit schlecht: Acht Jahre benötigte Platinum Games unter Führung von Devil May Cry-Erfinder Hideki Kamiya, um das Spiel zu finanzieren und fertigzustellen. Kein Wunder, schließlich war das japanische Studio in der Zwischenzeit mit Hits wie NieR: Automata aber auch dem Mega-Flop Babylon’s Fall sowie dem eingestellten Microsoft-Titel Scalebound beschäftigt. Hieran betrieb Platinum Games fleißig Resteverwertung, wie das größte neue Spielfeature von Bayonetta 3 zeigt. Doch dazu kommen wir später…
Neue Bedrohung, neue Helden
Das Multiversum ist in Gefahr: Eine schurkische Entität namens Singularity trachtet danach, alle Universen zu erobern. Gemeinsam mit Neuzugang und Hexenkollegin Viola sowie ihren altbekannten Gefährten Jeanne, Rodin und Luka stellt sich Bayonetta 14 Kapitel lang dieser neuen Bedrohung in den Weg. Hierfür bereist sie verschiedene Dimensionen und begegnet dabei sogar anderen Versionen ihrer selbst. Singularitys Schergen sind nicht länger die goldenen Engelskrieger aus dem Himmelsreich Paradiso und auch nicht die rot-violetten Dämonen aus Inferno, wie wir sie in Teil 2 kennengelernt haben. Die neue Feindgattung heißt Homunculi und ist zumeist silber-türkis-lila. Rund 30 verschiedene Gegnertypen haben es ins fertige Spiel geschafft. Ganz anders als im spielerisch ähnlichen Devil May Cry, aber typisch für die Bayonetta-Reihe handelt es sich dabei selten um handliches Fußvolk, sondern meist um turmhohe Kreaturen und Konstruktionen, aber auch fliegende Quallen, stationäre Feindgeneratoren und natürlich Bosse. Viele Bosse. Gewaltige Bosse.
Prügeln, was das Zeug hält
Im Kern folgt Bayonetta 3 der Blaupause seiner beiden Vorgänger: Ihr erkundet meist schlauchige Levels, die diesmal teilweise weitläufiger ausfallen als bislang – was zum Erkunden einlädt. Alle paar Minuten erreicht ihr eine Arena. Eine Barriere sperrt das Gebiet ab, eine Handvoll Feinde erscheint und ein treibender Jazz-Orchester-Mix animiert zur Bewegung. Eine Taste ist für Schläge, eine für Tritte reserviert. Eine dritte feuert Bayonettas Pistolen ab und hält so die Angriffscombo am Laufen, falls ihr Euch mal etwas weiter von Gegnern entfernt. Ziel ist es, so den Combo-Zähler in die Höhe zu treiben, gleichzeitig Eure Attacken zu variieren, Treffer zu vermeiden und obendrein auch noch möglichst schnell zu sein, um die bestmögliche Abschlusswertung nach den einzelnen Gefechten, hier „Verse“ genannt, zu erlangen. Tiefgang erhält das Kampfsystem dadurch, dass ihr die Angriffstasten sowohl kurz antippen als auch länger gedrückt halten könnt, um verschiedene Attacken auszuführen. Dazu gesellen sich Spezialattacken, für die ihr Button-Kommandos mit Bewegungen des Analogsticks kombiniert. Um diese zu kaufen, müsst ihr wiederum erst Dämonenblut durch erfolgreiche Combos verdienen.
Erfreulicherweise dürft ihr die kaum überschaubare Menge an Tastenkombinationen während der Ladepausen vor jedem Level sowie in Rodins neuem Übungsraum nach Belieben ausprobieren. Ein weiteres prägendes Spielfeature ist seit Teil 1 die Hexenzeit: Droht ein feindlicher Treffer, weicht ihr im letzten Moment per Schultertaste aus. Der Bildschirm färbt sich lila, die Zeit verlangsamt sich und Bayonetta erhält die Chance auf deftige Gegenangriffe. Das Timing ist großzügig, zudem versteckt sich hier eine wesentliche Mechanik für Combo-Profis: Super-Ausweichen alias „Dodge Offset“. Blocken kann unsere Hexe nämlich nicht, dafür weiß sie aber, dass man eine Angriffstaste gedrückt halten und dann ausweichen kann, ohne dadurch die Angriffskette zu unterbrechen. Prinzipiell ist der Combo-Zähler aber recht gnädig und bietet ein großes Zeitfenster, dass selbst ein feindlicher Treffer nicht zum Abbruch führt.
Nach einem Jahr der Quälerei hab ich es doch mal zu einem Abschluss gebracht. Es festigt sich der Eindruck, dass es jetzt wirklich mal gut ist mit Bayonetta. Was schade ist, weil Bayonetta als Charakter für mich möglicherweise der beste neue Videospielcharakter der letzten Jahrzehnte ist.
Aber ich glaub ich hab noch nie so ein unfokussiertes Spiel gespielt... und zwar original in jeder Hinsicht. Visuell, vom Gameplay her, in der Story, im Leveldesign alles ist tierisch überbordend, wirr und richtungslos. Es malträtiert die Sinne ohne Unterlass. Eine einzige Kakofonie. Ich bin mir sicher, dass die Story durchaus emotionale Momente gehabt hatte, aber nichts davon hatte irgendeinen Effekt in dem allgemeinen Chaos.
Ich glaub ich hab noch nie so einen Clusterfuck von einem Spiel gespielt. Aber gut, jetzt weiß ich wie es ausgegangen ist und kann einen Haken dahinter machen. Ein Spiel das an seiner Ambition scheitert. Aber lieber so, als gar keine Ambition zu haben... wenn ich dem Ganzen noch was Positives abgewinnen müsste. Ich werd mal gespannt beobachten was ohne Kamiya in Zukunft mit dem Franchise passiert und welche Richtung es nimmt.
Es kam übrigens gestern ein Patch. Da wurd wohl einiges an den Skills und Kombos gefeilt, unter anderem auch mit neuen Animationen, an den Nilfheim Arenen wurd auch was angepasst:
https://www.nintendolife.com/news/2023/ ... atch-notes
Hab nun ein paar Stündchen gespielt und es steht fest das es auf jeden Fall in meiner vorderen Top 10 landen wird.
Eigentlich genau das was man erwartet hat, ein im Detail verbesserter und weiter entwickelter Vorgänger.
Grafik ist eigentlich auch in Ordnung, zumindest hatte ich schlimmeres befürchtet. Es sieht halt, Switch typisch, aus wie ein PS3 Game.
Eine Stunde gespielt und bereits jetzt steht für mich persönlich fest: Ich hab mein GotY gefunden! Was ein geiles Spektakel. Bayonetta @his best!
Die meisten sagen genau das Gegenteil, nämlich das Teil 3 besser als die Vorgänger ist.