Das gilt auch für einen Großteil der Rätsel, in denen vor allem die übersinnliche Funktion einer Videokamera zum Einsatz kommt, die gewisse Ähnlichkeiten mit einem Feature aus Layers of Fear 2 aufweist. Schaut man sich die gefundenen Bänder an und pausiert an den richtigen Stellen, kann man die Welt manipulieren. Ein Beispiel: Man steht vor einer verschlossenen Tür, die man zuvor bereits in einem der Video gesehen hat. Dort öffnete ein Mann das Schloss und betrat den Raum dahinter. Spult man das Band jetzt genau zur Stelle mit der geöffneten Tür, steht sie auch in der „Realität“ plötzlich offen. An sich handelt es sich dabei um ein cooles Feature, das leider zu inflationär eingesetzt wird und sich entsprechend schnell abnutzt, zumal das Finden der richtigen Szenen und Standbilder keine große Herausforderung darstellt. Um Batterien muss man sich im Gegensatz zu Outlast & Co übrigens keine Sorgen machen: Sowohl die Taschenlampe als auch die Kamera verfügen über unendliche Energie-Reserven und gehen aus bzw. flackern nur dann, wenn es das Skript so verlangt.
Ähnlich verhält es sich mit dem Mobiltelefon und Funkgerät: Mit beiden darf man sporadisch Kontakt zur Außenwelt aufnehmen – sei es in Form von Gesprächen oder eingehenden Nachrichten. Hier erfährt man u.a. mehr über den Protagonisten und dessen Vergangenheit, die man sich teilweise auch in diversen „Psycho-Abschnitten“ nach und nach zusammenreimen kann. Ein großes Mysterium darf man allerdings nicht erwarten: Schnell wird klar, in welche einfallslose Richtung sich die Hintergrundgeschichte rund um Ellis entwickelt. Entsprechend vorhersehbar wird die Handlung.
Ein Hauch von Slenderman
Die Manipulation der Umgebung ist nicht die einzige Situation, bei der man zur Kamera greift. So schleicht man später z.B. durch einen dichten Nebel, in der die Taschenlampe eher kontraproduktiv ist. Stattdessen orientiert man sich am Display der Kamera, auf dem man Spurentupfer erkennt, die einen ans Ziel führen. Außerdem
werden Gegner rot hervorgehoben, die man nicht länger mit der Taschenlampe bekämpfen darf, sondern umgehen muss. Genau wie bei Slender sollte man Blickkontakt vermeiden, um nicht das nächste Opfer zu werden. Im offenen Feld kann man der Gefahr gut aus dem Weg gehen. Doch wenn der potenzielle Tod hinter der Ecke in einem Haus voller enger und düsterer Gänge lauert, wird das Versteckspiel deutlich spannender, erfordert teilweise aber auch mehrere Versuche. In diesen Momenten zeigt Blair Witch gute Ansätze und zumindest einen Hauch von Horror-Feeling. Leider übertreibt man es in den letzten 60 Minuten wieder völlig mit den Psychospielchen, wie man sie teilweise aus Layers of Fear kennt. Entsprechend zäh gestaltet sich der Weg zum Finale und man möchte es irgendwann einfach nur noch hinter sich bringen. Nicht, weil man die Spannung kaum noch ertragen kann, sondern weil das Psycho-Dauerfeuer rapide an Reiz verliert und irgendwann sogar nur noch nervt. So fällt es tatsächlich schwer, überhaupt noch die Motivation aufrecht zu halten, um sich nach einer Spielzeit von etwa sechs bis acht Stunden doch noch bis zu einer von mehreren möglichen Endsequenzen durchzuquälen.