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Call of Cthulhu (Rollenspiel) – Ko(s)mischer Schrecken

Das war eine lange Reise mit Fahrerwechsel: Ursprünglich sollten die Sherlock-Holmes-Macher von Frogwares Call of Cthulhu entwickeln, das schon 2014 angekündigt wurde. Aber dann haben die Styx-Designer von Cyanide die Umsetzung des offiziellen Pen-&-Paper-Rollenspiels von Chaosium übernommen. Dabei ist man allerdings nicht mit einer Gruppe oder in offener Welt unterwegs, sondern erkundet ohne aktive Kämpfe begrenzte Schauplätze als Privatdetektiv. Wie sich das so genannte „RPG-Investigation-Game“ für PC, Xbox One und PlayStation 4 spielt, verrät der Test.

© Cyanide Studio / Focus Home Interactive

Innsmouth lässt grüßen

Es gibt viel zu wenig digitalen H.P. Lovecraft (1890-1937)! Auf dem Tisch sorgen Arkham Horror oder die Villen des Wahnsinns immer wieder für schaurig gemütliche Stunden. Aber wenn man von entfernten Nachfahren im Geiste wie Sunless Sea & Co absieht, reicht meine letzte Erinnerung an kosmischen Schrecken am Bildschirm sogar zurück bis ins Jahr 2005. Damals entführte Headfirst Productions unter Bethesda-Fahne mit „Call of Cthulhu: Dark Corners of the Earth“ auf Xbox, später auch auf PC, auf direkter literarischer Grundlage ins abscheuliche Innsmouth. Das actionreiches Abenteuer basierte auf der berühmten Kurzgeschichte „Der Schatten über Innsmouth“, in der eine fiktive neuenglische Küstensiedlung zum Schauplatz eines verborgenen Horrors avancierte. Auch wenn das Spiel einige Designprobleme hatte und später zur Schießbude mutierte, die der passiven Heldendarstellung von Lovecraft komplett widersprach, beruhte es auf einem sehr innovativen Verletzungssystem. Außerdem hatte die Regie von Chris Gray klasse Momente. Vor allem eine Szene blieb mir bis heute in Erinnerung: Als man plötzlich aus seinem Hotelzimmer fliehen musste. Diese Situation wurde – ähnlich wie in der meisterhaften Vorlage – gekonnt zu einer Panik aufgebaut, von ersten Geräuschen bis hin zum Donnern an der Tür und dem Durchbrechen der Terrors mit all seinen hasserfüllten Fratzen. Man konnte nur hilflos fliehen. Es entstand eine regelrechte Treibjagd, bei der man sich als Beute fühlte…

Warum erzähle ich diese Anekdote? Zum einen, weil man in diesem Call of Cthulhu ebenfalls in einem fiktiven Fischerdorf, hier heißt

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Was hat es mit dem Tod der Künstlerin Sarah Hawkins auf sich? © 4P/Screenshot

es Darkwater, in der Rolle eines Privatdetektivs namens Edward Pierce beginnt: Im Jahr 1924 bekommt der Bostoner Ermittler den Auftrag, den Tod einer Künstlerin aufzuklären, die verstörende Bilder malte und unter mysteriösen Umständen auf einer Insel starb. Natürlich wird Edward von Alpträumen geplagt, natürlich hat er Alkoholprobleme und Phobien, die sich im Laufe des Abenteuers steigern – die Ausgangssituation klingt vertraut. Auch wenn diese Story also nicht auf einer Kurzgeschichte Lovecrafts beruht, bedient sie sich vieler Motive, die man aus „Das Ding auf der Schwelle“ oder „Der Flüsterer im Dunkeln“ kennt. Auch das Necronomicon und die Großen Alten dürfen nicht fehlen.

Zum anderen erzähle ich das, weil ich diesen Terror von anno dazumal hier über weite Strecken vermisse. Obwohl Cyanide auf Basis der Unreal Engine 4 durchaus für ansehnliche Schauplätze sorgen kann, obwohl man mit Licht und Leichen, Groteskem und Grausamen spielt, also Motive des Unheimlichen bedient, erreichen diese Orte nie diese eindringliche visuelle Dichte, die z.B. Silent Hill oder Bloodborne auszeichnen. Außerdem kommt es nicht zur oben beschriebenen panischen Intensität in Augenblicken der Eskalation, die z.B. ein Outlast 2 bietet. Es ist ja nicht so, dass es gar keine unheimlichen Momente gibt! Nein, es gibt durchaus ein, zwei Gänsehaut-Momente. Mir fehlt es aber nicht nur visuell und inszenatorisch, sondern auch spielerisch an Biss. Das liegt daran, dass sich die Entwickler scheinbar nicht entscheiden konnten, was genau dieses „RPG-Investigation-Game“ anbieten soll.

Wahrheit oder Pflicht?

Schon in den ersten Minuten hat man sich an einem anderen Projekt des Hauses Focus orientiert…und geht damit ein dramaturgisches Risiko aufgrund eines Spoilers ein. Im Einstieg fühlt man sich zunächst an Vampyr von Dontnod erinnert, weil der Protagonist ebenfalls vom britischen Schauspieler Anthony Howell gesprochen wird und sich ähnlich desorientiert zwischen Kadavern vorwärts schleppt – die Szene ist frappierend ähnlich. Es gibt

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In der Charakterentwicklung kann man fünf Fähigkeiten über Punkte aufwerten, während Okkultismus und Medizin später nur durch Funde ansteigen. © 4P/Screenshot

übrigens lediglich deutsche Untertitel, die einige kleinere Fehler beinhalten, aber im Gegensatz zu Vampyr gibt es teils seltsame Probleme in der Tonabmischung, wenn der Sprecher zu laut ansetzt; manchmal wechselt seine Stimme auch zu schnell vom Beben der Angst zur nüchternen Analyse. Da war die Regie und Sorgfalt bei Dontnod besser.

In diesem kurzen gespielten Alptraum ist man also zwischen schleimigen Fischleichen im Stile der Kurzgeschichte „Dagon“ unterwegs, trifft schon auf Kultisten, Kadaver & Co – und das meinte ich mit Spoiler. Das ist natürlich kein großer Fauxpas! Denn man kann auch Dinge vorweg nehmen und trotzdem überraschen, aber die besten von Lovecrafts Geschichten beruhen eher darauf, dass sich die Schlinge des Grauens langsam mit ersten Ahnungen und kleinen Gewissheiten zusammen zieht, bevor am Ende der große Tusch der Bestätigung erfolgt. Hier wird man quasi sofort mit dem kosmischen Schrecken in Edwards Kopf konfrontiert. Das ist wie gesagt kein Beinbruch, aber ein kleiner Knacks, weil so schon im Vorfeld einiges an grausigen Motiven vorweg genommen wird.

Im gediegenen Büro bekommt man dann das Gefühl, eine Mischung aus Adventure und Rollenspiel in Egosicht zu erleben –

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Ab und zu kann man Bücher und Artefakte finden. © 4P/Screenshot

also eine schaurige investigative Ermittlung und kommunikative Recherche, eine Art Point&Click in 3D. Auch wenn immer wieder etwas Action über Flucht, Schleichen & Co eingestreut wird, erlebt man genaus das. Und beim Verteilen der ersten Fähigkeitenpunkte kommt durchaus Stimmung auf, zumal die Benutzeroberfläche ebenso aufgeräumt wie edel wirkt. Was soll man also entwickeln? Alles hat seine Vorteile, denn bessere Werte in Psychologie, Stärke, Ermittlung oder Redegewandtheit wirken sich auf mögliche Aktionen sowie Dialoge aus – und nur wer hohe Werte in Entdeckung hat, findet z.B. überhaupt manche okkulten Gegenstände oder Medizinbücher, die ansonsten gar nicht auftauchen! In jeweils fünf Stufen kann man es über Profi, Experte bis hin zum Meister bringen.

  1. Kann dem Fazit nur zustimmen. Mich persönlich hat die Geschichte & düstere Atmosphäre motiviert es weiterzuspielen. Das Spieldesign ist mit zunehmender Dauer inkonsequenter und weicht dem anfänglich investigativem Detektiv Charme, ab ca. der Hälfte kommen nervige Trial & Error Passagen hinzu, Rätsel nehmen ab, alles läuft dann eher wie auf Schienen in einer Geisterbahn ab.
    Schade das Lovecraft Games zwar öfters eine gute Geschichte im Kern besitzen und eine authentisch gruselig-düster-irre-Lovecraft Atmosphäre auf den TV transportieren, es dann aber immer an Details wie Gameplay, Balancing und letztem Feinschliff fehlt, besonders was Cthulhu-Mythos anbelangt.
    Da hätte ich doch echt mal Lust auf ein "dark Corners of the Earth" Remake :D

  2. c452h hat geschrieben: 04.12.2018 10:20 Hat das jemand durchgespielt? Lohnt sich ein Kauf?
    Das Spiel ist kein absoluter Reinfall und ist auch ein Blick wert.
    Allerdings spielt man das Spiel eigentlich nur einmal durch und fertig.

  3. Alex Roivas hat geschrieben: 10.11.2018 22:00
    @ Bloodbourne :
    Könnte mir jemand erklären was daran Chthulhu ist ? Das mein ich auch nicht hintervotzig, ernstgefragt. Denn ich habe nur ne Stunde gespielt und mal nem Kumpel zugeschaut und nicht mehr als ein Japano Mixtape bekannter Monster und Werwölfe, Zombies und Konsorten erkennen können.
    Die erste hälfte des Spiels ist Van Hellsing und die zweite hälfte ist die volle Ladung Lovecraft.
    Bloodborne auch meiner Meinung nach das beste Lovecraft Spiel das es gibt :D
    Bloodborne is ne tolle Homage an viele seiner Werke. Vor allem das DLC.

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