Die Pflicht ruft!
Wer vor der World at War-Packung steht, kann den gigantischen roten Kleber nicht übersehen: »Keine Jugendfreigabe gemäß §14 JuSchG« ist eigentlich recht eindeutig. Nichtsdestotrotz ist das offensichtlich nicht genug Warnung – denn startet man das Spiel, bekommt man noch diese salbenden Worte zu Gesicht: »Call of Duty:
Im Einstieg entkommt ihr gerade noch so dem Tod – danach erwartet euch gewohntes Call of Duty-Spieldesign. |
World at War enthält Gewaltdarstellungen, und historische Aufnahmen, die manchen Spielern vielleicht zu real sein könnten. Bedenken Sie dies vor dem Spielen.« – nett gemeint, aber vielleicht zu einem Zeitpunkt, zu dem man das Spiel ja bereits sowohl erworben als auch gestartet hat, etwas fehl am Platze.
Einen Vorgeschmack auf den gestörten Seelenfrieden gibt’s gleich zu Beginn der ersten Mission: Euer polygonales Alter Ego, Private Miller, sitzt gefesselt in einer Hütte am Strand vom Makin-Atoll. Ein japanischer Offizier weist ihn noch in knappen Worten darauf hin, dass Schweigen kein Zeichen von Stärke ist, bevor er seinem Kameraden eine glühende Zigarette ins Auge drückt sowie einem Untergebenen die Anweisung gibt, die beiden Langnasen einen Kopf kürzer zu machen. Euer Kamerad röchelt eine Sekunde später mit aufgeschlitzter Kehle am Boden herum, der Japaner nähert sich Miller – als er auf einmal selbst stöhnend zusammenbricht! Puh, Rettung in letzter Sekunde, aber keinen Moment Verschnaufpause: Für euch gibt’s sowohl Helm als auch Waffe, danach ruft einmal mehr die gute alte Pflicht.
Die zwei Zeitspringer
WaW bleibt dem Aufbau der Serie treu: Ihr bekommt den Krieg aus verschiedenen Perspektiven zu sehen – in diesem Fall sind das die Augen von Private Miller sowie die seines russischen Kollegen Dimitri Petrenko. Mit Miller verbringt ihr die eine Spielhälfte in und um Japan herum, mit Petrenko geht’s von Stalingrad nach Berlin. Die Missionen wechseln sich ab, außerdem wird munter in der Zeit gesprungen: Es geht im Jahre 1942 in tiefasiatischer Dunkelheit los, danach springt ihr ins Stalingrad desselben Jahres, danach 1945 in die Seelower Höhen, dann zurück zu Miller, der sich am 15. September 1944 in Peleliu tummelt, dann wieder zurück zu Petrenko, der es sich in einem Panzer gemütlich gemacht hat uswusf. Leider gibt es keine richtige Story im eigentlichen Sinne: Zwar werden alle Missionen extrem stylisch inszeniert eingeleitet, wodurch ihr nicht nur etwas historisches Wissen erntet, sondern auch darauf vorbereitet werdet, was euch bevorsteht – aber einen echten roten
In der russischen Kampagne erwartet euch ein aufregender Schleichlevel, in dem ihr Geschick am Scharfschützengewehr beweisen müsst. |
Faden oder gar erzählerische Dramatik gibt es hier nicht. Insgesamt erwarten euch 13, teils ziemlich lange Missionen, die euch etwa zehn Stunden beschäftigt halten – oder etwas länger, denn vier Schwierigkeitsgrade sorgen für gehobenen Anspruch, wobei die höchste Stufe »Veteran« wie gewohnt haarsträubend schwer ist. Im Gegensatz zu früheren Spielen gibt es dieses Mal keine Tutorials oder sonstige Einweisungen – es geht direkt los!
Und diese Action bietet über weite Teil genau das, was man speziell von den ersten drei Teilen der Serie kennt: Ihr platziert Sprengladungen, rettet einen unter Beschuss stehenden Freundestrupp, vernichtet Panzer mit Bazooka-Feuer, zerstört Flak-Stellungen, haltet heranstürmende Feinde mittels stationärem MG auf oder dreht im Panzer eure Runden, um gegnerische Artillerie aufzureiben. Klingt konservativ, ist konservativ, spielt sich aber trotzdem gewohnt gut. Frisch wird das Erlebnis erst durch die wenigen ausgefallenen Missionen: So müsst ihr z.B. mal aus einem Haus fliehen, das von deutschen Feuerpanzern von außen Stück für Stück niedergefackelt wird. Oder ihr liefert euch ein aufregendes Duell mit einem weit entfernten Scharfschützen. In derselben Mission müsst ihr auch wie in dem berühmten Tschernobyl-Auftrag von CoD4 vorsichtig und bedacht auf Sniper-Tour gehen, um schlussendlich einen Drecksack von General zu erledigen – sehr aufregend!
Das Leveldesign ist immer noch so linear wie ein stramm stehender Wehrmachtssoldat: Es gibt genau einen Weg, der vom Start zum Ziel führt, und der ist durch natürliche Hindernisse in seiner Breite begrenzt. Nur selten könnt ihr euch für eine von zwei Abzweigungen entscheiden, die jedoch am selben Ziel enden – auf dem Weg da hin gibt es halt unterschiedliche Feinde zu erledigen. Ansonsten seid ihr wie gewohnt bei einer verschlossenen Tür darauf angewiesen, dass sie von der KI geöffnet wird.
Oh ja, in der Tat. Die BiA-Reihe besticht sogar sehr mit der Dramaturgie des Szenarios. Stimmt. Nun ja - in dem Fall muss man wohl auch hier klar in mehreren Kategorien einteilen.
Wie man kreativ und respektvoll mit dem Setting umgehen kann, zeigen in meinen Augen die Brothers in arms - Titel.
Die Dramatik und Trauer ist da deutlich greifbarer und steht klar im Mittelpunkt. Bei der COD-Schießbude ist für Anteilnahme kein Platz und - so unterstelle ich das Mal - auch nicht gewollt.
Mit dem "ausdenken" stimm ich dir zu..dennoch beruht das ganze auf einer mehr als wahren Begebenheit, wonach man sich nicht mal eben so "neues" aus dem Ärmel ziehen könnte.
Naja, als ob World at War den Weltkrieg kritisch und facettenreich beleuchtet und zum Nachdenken anregt. Authentizität sucht man da auch vergebens (Pathos - Hurra).
Damit ist also lediglich das Setting gemeint - außerdem ist es immer noch ein Spiel. Und da darf man meiner Ansicht nach sehr wohl kritisieren, ob sich Designer etwas Neues ausdenken oder nicht.
"ödes, ausgenudeltes Szenario"?!
Ich frag mich, wie tief manche Menschen sinken können, wenn sie daran rumnörgeln, dass uns der zweite Weltkrieg nach wie vor immer wieder ins Gedächtnis gerufen wird, und werden muss!
Es ist immer wieder traurig und lächerlich zugleich, wenn hier und da Spieler rumflamen und heulen, das Szenario des zweiten Weltkrieges sei ausgelutscht, man wolle was neues.
Die Tatsache aber, dass das ganze authentisch ist, da echt passiert und dort viele Menschen ihr Leben gelassen haben, interessiert weder die kindische Anzahl an Casual-Gamern noch den Autoren des Testberichts.
Ich würde sagen, ihr überdenkt nochmal eure Ansicht.
Sowas als Contra anzugeben finde ich auch mehr als unsensibel vom Redakteur.
Sehr schlechtes Merkmal.