Jäger statt Gejagter
Könnt ihr noch zählen, wie oft ihr schon beim Passieren eines Lüftungsschachtes zusammengezuckt seid, vor übermächtigen Gegnern flüchten musstet oder ein vielarmiges Monster mit MG-Salven zurückgedrängt habt? Vermutlich nicht! Die Herausforderung, es als unterlegenes Menschlein mit garstigen Entitäten aus dem All, dem Meer oder einer anderen Dimension aufzunehmen, ist einfach zu verführerisch – und deshalb eines der Standardmotive von Action- und Horrorspielen. Carrion dreht den Spieß um – und zwar um einiges konsequenter, als es in der Vergangenheit viele Titel taten, wo man ganz einfach nur den bösen Antihelden, den Killer oder den Anführer einer Orkschar spielen durfte. In Carrion ist man tatsächlich das überlegene Monster, das einfache Bergarbeiter im Blutrausch zerpflückt, wackeren Forschern Todesschreie entlockt und Soldaten den Kampfmech unter dem Hintern weg bzw. in Stücke reißt.
Als widerlicher Blob, dessen geifernde Münder und zuckende Tentakel ständig in Bewegung sind, bricht man aus einem Forschungslabor aus und kämpft sich in den nächsten sechs bis acht Stunden durch zweidimensionale Höhlenkomplexe voller Schächte, Röhren, Schotts, Gänge, Schleusen und Wasserläufe. Mit dem linken Stick dirigiert man die fließenden, tänzerisch-eleganten Bewegungen des Scheusals, via rechtem Stick streckt man die gierigen Tentakelfinger aus, um Hebel zu bewegen oder Feinde zu packen. Die Pixelmenschen werden dann effektvoll in zwei Teile gerissen, an die Wand geworfen oder an selbiger entlanggeschmiert. Carrion ist daher auch erst ab 18 Jahren freigegeben – keine schlechte Leistung für ein Pixelspiel im Jahr 2020. Und es ist in puncto Stil und Gewaltdarstellung konsequent, kennt man Butcher, das letzte Spiel derselben Kreativköpfe. Generell ist die Stimmung zwar düster und etwas bedrohlich, aber doch deutlich weniger furchteinflößend als in besagtem Butcher, das mit seinem dreckig-rohen Pixellook stark in Richtung Quake-Demake ging. Neben dem dichten, atmosphärischen Sound ist die Kreatur der eindeutige Star
des Spiels – auch nach Stunden ist es noch faszinierend, wie ein tödlicher Geist von Raum zu Raum zu gleiten.
Metroidvania?
Das Ziel des Spiels ist das stetige Vorankommen in Richtung Ausgang – weil sich die Umgebungen aber optisch stark ähneln, ist man meist nur auf der Suche nach dem nächsten Schott oder Durchgang zum Reinquetschen. Es gibt Fähigkeiten, die einem das Weiterkommen an ehemals unpassierbaren Stellen erlauben, dazu ein bisschen Backtracking und viel Suchen nach dem nächsten Ausgang – trotzdem kommt Car
rion in puncto Komplexität und Levelqualität nicht an die typischen Vertreter der beliebten Spielart heran. Selbst
Blasphemous,
Owlboyoder
The Messenger, die das Metroidvania-Konzept vielfach nur dosiert einsetzen, wirken in diesem Punkt ausgeklügelter. Das hängt auch mit dem Fehlen einer Karte zusammen – in Carrion muss man sich das Labyrinth im Kopf selbst zusammenbauen, was angesichts des optischen Gleichklangs und der unzähligen Durchgänge und Röhren nicht immer einfach und, viel wichtiger, nicht immer spaßig ist. Auch beim wiederholten Abarbeiten von mal drei, mal vier Schaltern, damit ein mehrfach gesichtertes Tor aufgeht, fühlt man sich nicht klug, sondern saust eher planlos durch die Gänge und kommt durch Ausprobieren am Ende doch an alle gewünschten Orte.
Habs nach 4h nun auch durch. Wirklich schöner kleiner Titel.
Orientierungslosprobleme gab es eigentlich kaum, da jeder Abschnitt nahezu nur einen Pfad zuließ. Höchstens am Ende eines solchen musste man vllt nochmal kurz überlegen. Wenn man natürlich ganz an Ende die Möglichkeit bekommt und wahrnehmen möchte, die alten Abschnitte zurückzukrabbeln, ja dann wirds kompliziert.
Grafisch und von Design ist es ok, aber da könnte man wesentlich mehr rausholen, vor allem auch was die Animationen der Menschen angeht.
Insgesamt aber sehr zufrieden.
Empfehle auch hier wiedermal, für Leute denen das allgemeine Konstrukt zusagt, vor allem Zombie Night Terror. Meinst Meinung nach noch ein ganzes Stück besser. Ähnlich nur mit Zombies, düster, böser Humor und mit rund 30h ist man gut beschäftigt. Eine Perle die 4players durch die Lappen ging.
Ich spiele sehr selten im Pixellook aber das hier empfand ich als ein sehr stimmungsvoll und geniales Monster Design. Kaum ein anderes Spiel kommt mMn dem Alien Feeling aus den Filmen so nahe. Das liegt zum einen daran, dass man sich in der Station einnistet und verschiedene Mutationen durchläuft. Aber auch an der gnadenlosen Brutatlität. Man schnetzelt sich durch das Level ohne große Gegenwehr (Mensch und Maschine werden innerhalb von Sekunden abgemurkst). Der niedrige Schwierigkeitsgrad hat mich ausnahmsweise kaum gestört, da es das Unbesiegbarkeitsgefühl des Aliens noch verstärkt.
Die Kritik dass man sich schnell verläuft, kann ich so unterschreiben. Meine Versuche, in bereits durchgequerten Levels nach verpassten Achievements zu suchen, habe ich schnell aufgegeben.
Ich hätte mir aber statt einer Minimap lieber ein übersichtlicheres Leveldesign gewünscht.
Mir hat's gefallen. Hätte aber ne Stunde kürzer sein können. Ja ich weiß, das geht nur ein paar Stunden
Muss mir Butcher nochmal geben, seitdem ist ja auch etwas Zeit vergangen und damals hatte ich dieses Genre noch nicht so auf dem Schirm. Hauptsächlich durch Ori und Hollow Knight hab ich meine Liebe dafür gefunden.
Muss ehrlich zugeben, in den letzten 13 (?) Jahren hat sich da so einiges angesammelt, an manchen Tagen bin ich recht empfindlich und dann geht sowas schnell.Ich leide, nach der Einschätzung meiner Frau, regelmäßig an männlichem PMS
Oftmals weiß ich schon gar nicht mehr, warum da einige drin sind (aber meistens reicht es, den Kommentar anzeigen zu lassen, dann hab ich zumindest ne Ahnung, warum...). In der Regel war die Person recht aggro, beleidigend oder einfach nur ganz besonders arrogant und vermessen. Oder ich war eben gerade empfindlich...