Es gibt keine Party, sondern einen Solisten: Man schlüpft lediglich in die Rolle von Cairon, den man allerdings frei entwickeln kann. Und das ist schon die größte Stärke des Abenteuers, denn man sammelt ohne klassischen Aufstieg ständig Punkte, die man jederzeit auf zig Werte und Talente verteilen kann. Von Körperkraft bis Konstitution, von Klugheit bis Fingerfertigkeit – selbst Kampf und Zauber gehören dazu, so dass man immer wieder die Qual der Wahl, was man denn verbessern will. Trotzdem ist gerade das Magiesystem eine Enttäuschung: Mehr als Eis, Feuer, Pest und dämonische Aura in jeweils vier schnöden Stufen gibt es nicht. Mal abgesehen davon, dass man hier kaum taktisch variieren muss, fehlen markantere und coolere Aktionen oder auch Beschwörungen, Illusionen, Rituale und Flüche.
Die gut geplante Karriere des Charakters kann selbst bei einfachen Aktionen entscheidend sein, denn man darf Pflanzen nur aufsammeln oder Bücher nur lesen, wenn man sich kundig gemacht, sprich: Aktionspunkte so lange vergeben hat, bis man einen Rang aufsteigt. Das zwingt zu einer gewissen Spezialisierung, denn das gilt auch für das Brauen von Tränken, Knacken von Schlössern oder Entschärfen von Fallen. Dort gibt es übrigens kein Minsipiel oder eine prozentuale Chance über einen Würfelwert, was für etwas Spannung sorgen würde. Hier muss man mit Statik leben: Die Truhe ist mit Rang 5 gesichert? Da hilft auch kein Glück! Dieses Entweder-oder gilt auch für die kommunikativen Talente: Wer in Gesprächen überzeugen, lügen oder verhandeln will,
sollte sein Charisma nicht vergessen, damit diese Optionen nicht ausgegraut bleiben. Die Investition lohnt sich, denn viele Dialoge bieten Entscheidungen an. Ihr wollt den (bescheuert designten) Kannibalen überzeugen, dass er die Gier nach Menschenfleisch bekämpfen soll? Dann braucht ihr dort den ersten Rang.
Die Frage der Entscheidungen
Gibt man eine Urkunde zurück oder nicht? Tötet man ein Monster oder lässt man Gnade walten? Übergibt man ein Bordell den Wachen oder der Diebesgilde? Je nachdem wie man sich entscheidet, gibt es eine andere erzählerische Zusammenfassung sowie anschließend Reaktionen in der Spielwelt. Da wird man von den einen freundlich als Held begrüßt, von den anderen misstrauisch betrachtet oder angepöbelt. Außerdem kann man sich über die Wahl der Aufträge z.B. den Wachen oder der Diebesgilde anschließen. Und das ist noch das Beste, was man von der Regie sagen – dass sich die eigenen Taten durchaus auswirken. Dabei gelingt es der Story zwar, den Spannungsbogen mit der Zeit etwas zu straffen, aber man muss sich immer wieder zusammenreißen, sich immer wieder durch die unbelebten
Levelschläuche zu klicken – selbst das Dungeon des Einstiegs muss mehrmals herhalten.
Man vermisst einfach eine atmende Spielwelt. Mehr als zwei Jahre nach The Witcher 2, das mit der ersten Siedlung Flotsam für Leben sorgte, muss man sich in der Stadt Warunk die Augen reiben. Kein Gedrängel, kein Gefeilsche in den Gassen: Die Städte wirken nicht nur grafisch steril mit ihren platten Texturen. Man kann immer nur bestimmte Schlüsselpersonen wie Händler oder Questgeber ansprechen. Die langweilen dann mit simplen Hol- und Bringaufgaben à la „Verarzte drei Kranke“. Von einem geregelten Tagesablauf der Bewohner ist keine Spur, man kann kaum Gebäude betreten und viel zu schnell begegnet man Klonfiguren mit Klonsprüchen. Die Überleitungen zu Konflikten und Kämpfen aus einem normalen Spaziergang heraus sind dann mitunter schrecklich abrupt. Und wie reagieren Bewohner auf blutige Gefechte? Gar nicht!
Ich würde auch 7/10 Punkten geben.
Allerdings weiß ich nicht wie das Spiel zum Release aussah, hab es erst vor paar Monaten durchgespielt.
Und eine 4/10 hat es zumindest im jetztigen Zustand wirklich nicht verdient, besonders wenn man bedenkt was die Konsolenversionen von Risen 3 bekommen haben.
Ich würde eher 65 - 70 % geben.
Habe Demonicon jetzt knapp 15 Stunden gespielt und muss hier von einer klaren Fehlwertung seitens 4P sprechen. Bestimmt kein wirklich gutes RPG, aber 39 % - sicher nicht.
Das zieht sich ja auch durch andere gerade RPG Tests. Im einen Spiel sind Minispiele eine tolle Erweiterung, im nächsten (Risen 3) unnötiges Füllmaterial...usw.
Wer Gothic 3 heutzutage anspielt erhält mit Patches tatsächlich ein ganz anderes Spiel. Viel besseres Kampfsystem, sehr schöne abwechslungsreiche Umgebungsgestaltung, neues Material etc etc. Das sollte man dann schon erwähnen. Die Bezeichnung "Wandersimulator" die einige auf Skyrim anwenden passt imo auch ganz gut (im positiven Sinne) auf Gothic 3. Macht einfach Spaß das zu erkunden aber der ganz große Wurf ist das Spiel auch mit Patches nicht geworden.
Was Demonicon anbelangt. Sicher ein befriedigendes Spiel aber die DSA Lizenz passt für mich einfach zu einem komplexem RPG das den Schwerpunkt auf Interaktion mit der Umwelt legt. "Fantastischer Realismus" wie das ein anderer Poster geschrieben hat mit starker Umgebungseinbindung.