Wer traut sich an Hamleigh heran?
Durch eine glückliche Fügung der politischen Lage verbessern sich ihre Chancen für eine Machtübernahme ohnehin. Doch ähnlich wie in Far Cry 5 traut sich niemand wirklich, es mit dem psychopathischen Tyrannen aufzunehmen, der unbequeme Teile der Bevölkerung reihenweise enteignet oder sogar ihre Kadaver zur Abschreckung im Burghof am Strick baumeln lässt. Die Gräueltaten werden zwar nicht übertrieben brutal inszeniert, zeigen aber angemessen schroff und kaltblütig, wie abgestumpft das soziale Miteinander der wenigen Bewohner geworden ist, die noch nicht geflohen sind. Auch beim Umgang mit gesetzlosen Dieben müssen Entscheidungen getroffen werden, bei denen Jacks Vergangenheit als Outlaw und die Verzweiflung der geschundenen Bevölkerung nützlich werden kann. Am interessantesten wird es aber im gelungenen Finale. Dabei wird Philip schmerzlich bewusst, wie oft er sich trotz seines eigentlich weisen Führungsstils durch Interessenkonflikte und Freundschaften mogeln musste.
Eines ist sicher: In diesem Szenario kann man es ganz gewiss nicht allen recht machen. Bischoff Waleran Bigod und andere Machtparteien setzen ihn mächtig unter Druck, weil er sich auf seiner Sinnsuche im Elend gewiss nicht immer nach dem Willen von Papst und Kirche gehandelt hat. Je nach Spieler-Entscheidungen hat er sich auch mit anderen Figuren angelegt – oder ihnen gütig Obdach gewährt. Auch zur Hintergrundgeschichte über das mysteriöse Verschwinden des ehemaligen Priors James gibt es neue Erkenntnisse. Der Zeichenstil wirkt angesichts des finsteren Themas für meinen Geschmack nach wie vor etwas zu bieder und austauschbar. Die Vertonung fängt die aufbrandenden Emotionen oder Philips beruhigend pastoralen Ton aber gut ein, auch wenn es nicht immer lippensynchron bleibt.
Technische Macken
Weniger schön ist, dass die Figuren nach wie vor in manchen Ecken wilde Zuckungen bekommen und das Speichermenü ein paarmal streikte. Nach einem Neustart ließ mich der Autosave aber immerhin an der passenden Stelle weiterspielen. Auch die Steuerung mit dem Xbox-One-Controller verweigerte manchmal ihren Dienst, so dass ich letztendlich zu Maus und Tastatur gewechselt bin.
Nun ja. Man möchte bei einem Adventure auch nicht stundenlang an einem Rätsel fest sitzen, dessen Lösungsmöglichkeit dermaßen unlogisch erscheint, dass man ein totales Genie a´la Stephen Hawking sein muss, um es zu lösen.
Also ist die Trilogie insgesamt noch seichter als Silence? Das mochte ich nämlich sehr, als jemand der für 'richtige' Point'n'Clicks in der Regel zu doof ist