Wieso man auf der Horus-Weltraumstation abgesetzt wird, um diese wieder funktionstüchtig zu machen und herauszufinden, was mit der Besatzung passiert ist, bleibt lange unklar. Man wird vollkommen ohne einleitende Erzählung in das Ego-Abenteuer geworfen, das man wahlweise hinter der PlayStation-VR-Brille oder alternativ auch am normalen Fernseher erleben darf. Überhaupt zeigt sich Downward Spiral als erzählerisch spröde. Es wird während der gesamten Spielzeit, die in etwa vier bis sechs Stunden in Anspruch nimmt, wenn man mit den Standard-Einstellungen spielt, kein einziges Wort gesprochen. Stattdessen setzt 3rd Eye Studio auf exploratives Storytelling und den Aufbau von Spannung. Sprich: Man möchte über die Umgebung und die Gegenstände, die man dort findet, die Geschichte erzählen. Das Problem dabei ist allerdings, dass man beim Durchstreifen der leeren Korridore sowie dem obligatorischen Ausflug ins All durchaus Hinweise übersehen kann. Das wiederum birgt die Gefahr, dass man die ohnehin dünne und schnell ins Stereotype abgleitende Geschichte eher früher als später aus den Augen verliert oder sich entscheidet, sie komplett zu ignorieren. Und spätestens dann geht natürlich auch Atmosphäre verloren, da man sich ab diesem Moment nur noch auf die Mechaniken sowie die Kulisse konzentrieren kann.
Dass Letztere, angetrieben von der Unity Engine, auch ihre Probleme hat, einen in den Bann zu ziehen, sorgt für zusätzliche Probleme. Es gibt schlichtweg zu wenig Abwechslung, die Assets werden bis zum Überdruss wiederholt. Im Rahmen des weitgehend linearen Fortschritts durch die Geschichte, bei der man immerhin mit einigermaßen interessanten Schalter- und Umgebungsrätseln gefordert wird, die sich allerdings auch irgendwann abnutzen, hat man das Gefühl, durch die immergleichen Gänge zu schweben. Zum einen werden dadurch zwar erfolgreich Assoziationen an einschlägige Filme, allen voran Stanley Kubricks „2001“ geweckt, das ähnlich steril inszeniert wurde. Doch zum anderen fehlt für ein Spiel schlichtweg die nötige Abwechslung – vor allem, wenn man sich für den „Explore“-Modus entscheidet, bei dem man nicht sporadisch durch Gegner bedroht wird. Einzig der Ausflug ins All, zu dem man gezwungen wird, ist eindrucksvoller inszeniert und lässt wünschen, dass man für die Innenarchitektur der Raumstation ähnlich kreativ gewesen wäre.
Keine Schwerkraft
Wieso die offensichtlich von einer feindlich gesinnten KI gesteuerten Roboter einen daran hindern wollen, die Horus Station wieder funktionstüchtig zu machen, ist ebenfalls unklar. Die geskripteten Aufeinandertreffen sind außerdem auf Dauer nur leidlich spannend. Zum einen, da man sich nach und nach eine stattliche Bewaffnung aneignet, mit der man der Bedrohung recht schnell effektiv begegnen kann. Zum anderen, da das Ableben keinerlei Konsequenzen nach sich zieht. Man wacht an der nächstgelegenen Krankenstation wieder auf und kann im wahrsten Sinne des Wortes dort weitermachen, wo der Bildschirmtod den Kampf unterbrochen hat: Bereits erledigte Gegner bleiben erledigt und hat man die Feinde „verletzt“ (insofern man das bei Blechbüchsen überhaupt sagen kann), werden die Lebenspunkte nicht wieder aufgefüllt. Dass man hier den Kompromiss-Spagat zwischen Anspruch und dem erzählerischen Fokus in die falsche Richtung, nämlich das „Durchkommen“ des Spielers angelegt hat, ist bedauerlich. Dass Downward Spiral trotz der interessanten, aber zumeist inkonsequent umgesetzten Ansätze kein Totalausfall wird, ist dem Bewegungskonzept in der Schwerelosigkeit zu verdanken, dass mit der erhöhten Immersion hinter der VR-Brille zusätzlich an Reiz gewinnt – und dem Soundtrack von Ville Valo. Richtig: Der Frontmann der Finnen-Rocker von HIM zeichnet hier für die musikalische Untermalung verantwortlich. Und zeigt mit den zumeist getragenen Synthie-Klängen, die sich an SciFi-Filmen der achtziger und neunziger Jahre orientieren, eine ungewöhnliche Seite, die dem Abenteuer gut tut.
Doch zurück zur Bewegung. In den ersten Minuten auf der Station muss man sich in der Schwerelosigkeit an Objekten in der Umgebung festhalten und abstoßen. Das resultiert in einer akkuraten Umsetzung von Newtons Trägheitsgesetz, nach dem ein Körper so lange seine Geschwindigkeit und Richtung beibehält, wie er nicht durch äußere Kräfte gezwungen wird, seinen Bewegungszustand zu ändern. Da in der Horus Station keine dieser äußeren Kräfte wirken, bedeutet dies, dass man so lange weiter schwebt bzw. gleitet, bis man entweder an einem Hindernis landet oder ein anderes Objekt ergreift und auf diesem Wege stoppt. Obwohl in VR die Steuerung über die Move-Controller gelungen ist (man kann aber alternativ das Pad nutzen) und man angesichts der langsamen Fortbewegungs-Geschwindigkeit auch keinerlei Probleme mit Bewegungskrankheit bekommen dürfte, erreicht man hier trotz eines nahezu identischen Ansatzes nicht die Immersion, die man in Lone Echo verspürt. Dort fühlt sich die Bewegung noch authentischer an. Nach etwa 15 bis 20 Minuten bekommt man mit dem Seilzughaken ein Hilfsmittel, dass die Bewegung massiv vereinfacht: Man visiert sein Ziel an, schießt den Haken und zieht sich dann daran zum gewünschten Ort. Doch selbst damit sowie den im Standard-Modus durchaus clever platzierten Gefechten wird das Erzähltempo immer wieder verschleppt, so dass es immer wieder gefährlich nahe an Langeweile schrammt und diese Grenze leider auch ab und an überschreitet – vor allem in der „Flachbildschirm-Variante“ Insofern hätte man zugunsten einer stimmungsvolleren sowie greifbarer erzählten Geschichte und einer Optimierung des Erzähl- bzw. Spieltempos auch gerne auf die Mehrspieler-Optionen verzichten können. Die Deathmatch-Duelle wirken aufgesetzt, während der kooperative Modus komplertt dem Einsamkeitsgefühl widerspricht, das Downward Spiral in seinen besseren Momenten hervorruft, die dafür sorgen, dass der Ausflug auf die Horus Station zumindest hinter der VR-Brille in gerade noch unterhaltsame Bereiche hievt.