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Dragon’s Dogma 2 im Test: Im Gewande eines Remasters

Mit Dragon’s Dogma 2 bringt Capcom nach zwölf Jahren einen Nachfolger zu seinem beliebten Fantasy-Rollenspiel auf den Markt, mit dem viele wahrscheinlich gar nicht mehr gerechnet hätten. Erste Bilder und Videos begeisterten mit Kämpfen von mehreren Kriegern gegen große Monster wie Greifen oder Trolle sowie einer realistisch angehauchten Mittelalter-Fantasywelt. Ihr seid der Erweckte, der sich auf der Suche nach dem furchterregenden Drachen macht, welcher euch einst in einem blutigen Kampf das Herz herausgerissen hat. Zum Glück müsst ihr diese Reise nicht allein antreten, sondern könnt aus einem schier endlosen Fundus aus treu ergebenen Vasallen wählen. Und das ist euer Glück, denn diese Welt ist gnadenlos! Was Dragon’s Dogma 2 anders oder sogar besser macht als andere Genrevertreter und ob es das Zeug zu einem großen Titel des Jahres 2024 hat, könnt ihr in unserem Spieletest lesen.

© Capcom

Schickt den Erweckten zum Zutaten sammeln
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Witziger Bug oder kuriose Spielwelt? Dieser Zyklop ist eine Brücke. © 4P/Screenshot

Was die Quests angeht, sieht es nicht viel besser aus. Ansprechpartner für Nebenquests, die sich mir teilweise ungefragt und wiederholt aufdrängen, tragen mir – dem Erweckten, dem rechtmäßigen König – auf, dass ich irgendwelche Kräuter suchen oder unfähigen Wachleuten beim Monsterschnetzeln helfen soll. Das kommt früh im Spiel und soll den Einstieg in die Welt und das Gameplay erleichtern und wird im späteren Verlauf zunehmend optionaler und unwichtiger – dennoch ist es nicht wirklich kreativ. Interessant ist wiederum, dass Aufträge verfallen können. Ich kann Quests priorisieren und wenn ich andere zu lange aufschiebe, kann es sein, dass die voranschreitende Spielzeit das Problem von selbst erledigt.

 

Die Welt ist auf Erkundung ausgelegt und das ist ja für sich gesehen erst einmal etwas Spannendes. Innerhalb von Quests bekommt ihr nicht immer angezeigt, was der nächste Schritt ist, zum Beispiel, wenn ihr in einem Ort bestimmte Anhaltspunkte für ein Ereignis herausfinden müsst. Das finde ich deutlich angenehmer und immersiver, als wenn einem brotkrumenartig jeder Schritt vorgegeben wird. So heißt es in einer Quest, ich solle einen verschwundenen Jungen beim Kenotaph östlich der Stadt suchen. Also müsst ihr erst einmal auf die Karte gucken, in welcher Richtung sich Osten befindet und dann gegebenenfalls googlen, was ein Kenotaph ist (jedenfalls musste ich es). Es ist also Mitdenken angesagt, was durchaus erfrischend ist. Aber dann gibt es auch Fälle, wie die eine Person, die mir bedeutet, ihr zu folgen, und plötzlich verschwunden ist, wenn ich nur einmal in eine andere Richtung blicke; schwer zu findende Pfade zu einem Questziel oder der nicht angezeigte Abschluss eines Missionsteilss sind weitere Punkte, die mir aufgefallen sind. Ja, das Spiel macht es einem nicht leicht.

Pay-to-shortcut oder unwesentliche Verbesserungen?

Natürlich muss ich auch noch das Thema Mikrotransaktionen (MTA) anschneiden, das zum Release große Wellen geschlagen hat. Grundsätzlich halte ich von solchen zusätzlichen Methoden, die vorsätzlich darauf abzielen, dem Spieler mehr Geld aus den Taschen zu leiern, herzlich wenig. Es trägt aber auch nicht dazu bei, dass das Spiel von mir schlechter bewertet wird. Man kann MTA kritisieren, in vielen Spielen nehmen sie sogar Überhand, aber Dragon’s Dogma 2 ist kein solcher Fall. Alle Gegenstände aus dem Shop können im Spiel erworben werden, teilweise sogar schon relativ früh. Einzig die Riftkristalle, von denen ihr bis zu 10.000 Stück dazukaufen könnt, sorgen dafür, dass ihr schon kurz nach Beginn des Spiels auf die Hilfe von sehr starken Vasallen zugreifen dürft. Das bietet natürlich Vorteile im Kampf, was als Pay-to-shortcut gewertet werden kann. Den Einfluss auf das Spielerlebnis als Gesamtes sehe ich dennoch gering.

 

Dragon’s Dogma 2 aus der Zeit von Dragon’s Dogma 1

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Dieser Pfeiler, dessen Sinn sich mir ohnehin nicht erschließt, schwebt einfach in der Luft. Solche Fehler sind nicht häufig, aber unnötig. © 4P/Screenshot
Abgesehen davon komme ich mir die ganze Zeit vor, wie in einem Spiel, das es schon zehn Jahre lang gibt. Klar sieht es deutlich besser aus, vor allem bei Lichteffekten und in der Tiefe, aber die NPCs sind schon manchmal ein bisschen hässlich und wirken mit Wohlwollen eher wie aus der letzten Konsolengeneration. Bei Dialogen zwischen Nebencharakteren springt die Kamera manchmal in einen komischen Blickwinkel, die Steuerung ist bei Details wie springen oder greifen ungenau und Framerate-Einbrüche beziehungsweise eine generell schwache Performance auf 30 FPS sind auch zu beobachten. Steine und Pfähle schweben zwei Handbreit über dem Boden und fliehende Hirsche glitchen am Rand eines Abgrunds entlang. Es gibt auf jeden Fall Vollpreisspiele, die von vier, fünf Jahren – also noch für die letzte Konsolengeneration – erschienen sind und deutlich schicker sind.

 

„Das Menü sieht aus wie aus 2005“, sagt mein Kollege, als er mir beim Spielen über die Schulter schaut, und damit hat er einen validen Punkt. Zwar ist es übersichtlich – und das ist mir lieber als das überladene Menü aus Cyberpunk 2077 mit viel zu kleiner neonroter Schrift und einem Skilltree mit mehr Zweigen als dem Erdtree aus Elden Ring – aber es ist nicht das einzige Element, das wie aus der Zeit gefallen wirkt. Oft fühl ich mich an Skyrim oder an Risen erinnert. Das sind alles Kritikpunkte, die ich zugunsten eines hohen Spaßfaktors verschmerzen könnte, dieser stellt sich aber auch mit zunehmender Spielzeit für mich nicht ein.

 

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Das Menü ist in den meisten Fällen übersichtlich, könnte aber auch aus der PS3-Ära stammen. © 4P/Screenshot

Es gibt aber auch durchaus Punkte, die mir positiv aufgefallen sind und denen ich einen innovativen Ansatz ansehe. Sie sind vielleicht nicht bahnbrechend, aber zumindest nicht alltäglich. So ist die Nacht zum Beispiel wirklich dunkel und wenn ich nicht meine Lampe anmache, die ich auch regelmäßig mit Öl nachfüllen muss, kann ich keine fünf Schritt weit gucken. Nahrung wie Früchte und Fleisch werden mit der Zeit reifer und noch nahrhafter, irgendwann aber auch faulig und giftig. Dafür sieht das Fleisch, wenn ich es im Lager brate, extra saftig und realistisch aus – was daran liegt, dass Capcom dafür einfach kurzerhand ein echtes Video eingefügt hat, anstatt das Steak mühsam mit CGI zu erstellen. In der Summe fallen solche Kleinigkeiten aber zu wenig auf, um einen starken Einfluss auf das Spielgeschehen zu nehmen.

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