Cooking by the book
Als Metroidvania muss Ender Magnolia: Bloom in the Mist aber nicht nur hinsichtlich seines Kampfsystems abliefern, sondern auch in Bezug auf Bewegungsmöglichkeiten, Progression und Leveldesign – und schafft den Sprung hier meistens, aber leider nicht in allen Punkten. Ein dickes Lob gibt es für den schnellen Start: Nach nicht einmal einer Stunde habe ich den Doppelsprung, den Air-Dash und die Möglichkeit von überall per Schnellreise zu einer Bank meiner Wahl zu reisen. Gut so, denn wer will schon stundenlang auf solch essenzielle Elemente warten?
Später kommen dann unter anderem ein Wandsprung, ein Greifhaken und ein Bodenstampfer dazu. Alles altbekannt, alles schon mal dagewesen: Ender Magnolia bedient sich von A – Z im Metroidvania-Handbuch. Nicht wirklich schlimm, aber doch ein bisschen schade, dass ich auch hier nicht mal etwas geboten bekomme, was mich aus dem Genre-Trott herausholt und mich überrascht. Das hat Animal Well mit seinen innovativen Power-Ups wie dem Blasenstab oder dem Jojo letztes Jahr besser gemacht.
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Hinzu kommt, dass Lilac passend zu ihrer körperlichen Gestalt als kleines Mädchen nicht unbedingt die sportlichen Talente einer Leichtathletin mitbringt: Air-Dash und Doppelsprung, gepaart mit anderen Manövern in der Luft sind nie so smooth wie etwa in einem Ori and the Will of the Wisp oder Prince of Persia: The Lost Crown. Das mag zur Protagonistin passen, bleibt spielerisch dann aber eben hinter der Konkurrenz zurück. Denn auch, wenn euch hier nicht der Path of Pain aus Hollow Knight erwartet, sind die Plattformpassagen nicht unbedingt ein Zuckerschlecken und Stacheln, Laserstrahlen sowie Giftwasser an der Tagesordnung.
Bessere Navigation als Google Maps
Hinsichtlich eines Punktes bin ich dann aber doch froh, dass sich Ender Magnolia: Bloom in the Mist so sklavisch an die Genre-Regeln hält, denn was wäre ein Metroidvania ohne Backtracking? Auch hier lädt mich die Struktur der Spielwelt dazu ein, mit neuen Fähigkeiten an alte Orte zu reisen, um bislang unerreichbare Schätze einzusacken – und das ist mindestens so befriedigend, wie es bereits vor 30 Jahren in Super Metroid der Fall war.
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Ist die Erkundung noch immer genauso gelungen wie beim Vorgänger, hat Ender Magnolia bei der Karte einen gewaltigen Sprung hingelegt. Nicht nur, dass die einzelnen Räume dank einiger cleverer Details in der Architektur leicht wiederzuerkennen sind; auch die extrem detailreiche Legende mit hilfreichen Punkten sowie die Möglichkeit, eigene Markierungen zu verteilen, erleichtert die Navigation immens.
Dazu kommt dann noch das wohl beste Feature, das für Komplettisten und Alles-Sucher-und-Finder je erfunden wurde: Ist jeder betretene Raum auf der Karte anfangs grau, wird er blau eingefärbt, sobald ich alle dort versteckten Geheimnisse und Gegenstände entdeckt habe. Das macht Backtracking noch angenehmer, weil sich offene Stellen ohne Probleme ausfindig machen lassen. Wirklich eine exzellente Sache.
Malerisches Magnolia
Eingewebt wird all das in eine Dark-Fantasy-Welt wie aus dem Bilderbuch: Verweste Ruinen, in denen das letzte menschliche Leben dem Wahnsinn verfallen ist, treffen auf verdreckte Untergrundkanäle und verlassene Labore, werden aber auch gerecht des Spieletitels mit wunderschönen Blumen kontrastiert. So wirken die Areale düster, mitunter aber auch bezaubernd und gerade dieser starke Gegensatz fasziniert und hebt sich von den sonst ausschließlich finsteren Fantasy-Welten der Konkurrenz ab.
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Umgesetzt wird das beschriebene Thema mit detailreichen und wunderschönen Hintergründen sowie einer stimmigen Beleuchtung, bei der das Licht durch zerbrochene Fensterscheiben oder Gitterfenster fällt. Atmosphäre liefert auch der sanfte Soundtrack, bei dem gelegentlicher Gesang von zarten Piano-Klängen unterlegt wird. Passt zur Melancholie, bleibt aber nicht unbedingt im Gedächtnis.
Mit der vollständigen Veröffentlichung hat Ender Magnolia: Bloom in the Mist den Sprung vom PC auch auf die Konsolen geschafft und bedient die PlayStation 4 und 5, die Xbox One und Series X|S sowie die Nintendo Switch, auf der wir das Spiel auch unter die Lupe genommen haben. Fällig werden auf jeder Plattform 24,99 Euro, geboten wird dafür eine rund 15 Stunden lange Kampagne plus oder minus zwei Stunden, je nachdem, wie viel ihr erkundet und wie gut ihr durchkommt.