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Fade to Silence (Survival & Crafting) – Überlebenskampf mit Hindernissen

Das Offenburger Studio Black Forest Games hat sich mit der Neuinterpretation von Giana Sisters sowie Rogue Stormers die Entwicklungshörner abgestoßen. Mit dem aktuellen Projekt Fade to Silence wandelt das mittlerweile zu THQ Nordic gehörende Team auf ambitionierten Pfaden. Knallharter Überlebenskampf in einer offenen Frost-Apokalypse ist ja doch ein gutes Stück entfernt von der seitwärts scrollenden Action, die bislang im Portfolio zu finden war. Ob sich das Risiko gelohnt hat, klären wir im Test.

© Black Forest Games / THQ Nordic

Solides Ideen-Paket

Denn hinter allen Mankos finden sich durchaus interessante Elemente, die jedes für sich vielleicht weder bahnbrechend noch besonders originell sind, aber in ihrer Summe durchaus ein interessantes Gesamtbild ergeben, das mehr ist als seine Einzelteile. Nehmen wir z.B. die ausbaufähige Basis als Startpunkt bzw. Zufluchtsort, wenn man der Kälte oder den Gefahren entgehen möchte, die in der Spielwelt warten. Für den ersten Überlebenden, den man findet, ist noch genug Platz – weitere benötigen eine Hütte als Unterkunft. Doch dafür muss man nicht nur Rohstoffe sammeln oder z.B. die bis dahin Geretteten beauftragen, an „eroberten“ Erntegebieten Bäume zu fällen, Tiere zu jagen usw. so dass eine weitegehend autarke Versorgung sichergestellt ist, bei der man die Lagerbewohner nicht ständig bemuttern muss. Die Hütten müssen wie alle anderen Bauten (u.a. stehen auch weiterverarbeitende Betriebe wie Schmiedestationen etc. zur Verfügung) jedoch erst einmal errichtet werden – auch das erledigen die Überlebenden, die sich einem angeschlossen haben. Da diese jedoch auch mit Nahrung und Feuerholz zufrieden gestellt werden müssen, kommt ein leichtes taktisches Element in das Survival-Abenteuer: Soll man sich erst um Behausungen kümmern, die Produktionskreisläufe optimieren oder  um die Beschaffung der wesentlichen Rohstoffe oder Nahrung kümmern?

Vor allem in der Anfangsphase läuft zwar vieles darauf hinaus, dass man Mittel und Wege findet, wie man seine Ausflüge, die einen zwangsläufig zunehmend weiter von der Basis wegführen, so gefahrlos wie möglich gestalten kann. Mit späteren Komfortfunktionen wie einem Teleport (der auch der übersinnlichen Komponente geschuldet ist) oder einem Hundeschlitten, für dessen Gespann man erst einmal Wölfe finden muss und der sich schrecklich steuern lässt, warten nach ein paar Stunden wertige Belohnungen für die immer mutigeren Wanderungen ins Unbekannte. Dieses Konzept von Risiko und entsprechendem Ertrag  setzt sich auch in den anderen Gebieten fort, in denen man den  albtraumhaften Kreaturen aus dem Weg geht oder sie mit Waffengewalt aus dem Weg räumt. Das Crafting-System ist überschaubar und weitgehend auf das Wesentliche beschränkt, sorgt aber vor allem mit fortgeschrittenen Basis-Strukturen für ein ordentliches Arsenal an Gegenständen, die man ggf. auch unterwegs herstellen kann. Über bestimmte Aktionen lässt sich das Vertrauenslevel der Überlebenden steigern – was nicht nur zu Effizienz, sondern auch dem einen oder anderen persönlichen Gespräch führen kann. Schade ist allerdings,
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Die Zwischensequenzen sind stilistisch interessant. Die Story hingegen ist häufig uninteressant und in einigen Momenten unnötig wirr. © 4P/Screenshot
dass sowohl das Drehbuch als auch die Sprecher (sowohl im Englischen als auch in der sauberen deutschen Version) eher unterdurchschnittliche Eindrücke hinterlassen. Denn dadurch wird der Fokus umso stärker auf die mechanischen Elemente gelegt, die nur in Ausnahmefällen gerade mal durchschnittliche Werte erreichen.

Souls auf Eis

Und in keinem Bereich wird dies so deutlich wie der Kampfmechanik. Natürlich: Bei dem Versuch, From Softwares minimalistisches, aber dennoch mit Feinheiten gespicktes Kampfsystem zu emulieren, sind schon ganz andere krachend auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Doch wenn man sich schon mit der Ausdauerleiste, dem schwachen sowie starken Angriff, der Ausweichrolle und der Blocktaste, die mit richtigem Timing ein Konterfenster öffnet, so stark an dem Vorbild orientiert, werden Schnitzer und Probleme (so klein sie auch sein mögen) wie unter dem Mikroskop vorgeführt. Insbesondere wenn sie den Zeitraum betreffen, in dem die Eingaben an Maus und Tastatur oder dem Gamepad umgesetzt werden. Und diese Trägheit, die vor allem bei den Ausweichbewegungen spürbare Auswirkungen hat, sorgt ein ums andere Mal für Probleme. Zumindest, bis man sich eine Minimaltaktik für die einzelnen Gegnertypen zurechtgelegt hat. Und selbst dann kann man nie wirklich sicher sein, dass die Kombo, die Abwehr oder der rettende Sprung zur Seite so ausgeführt werden, wie es eigentlich wünschenswert wäre.

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Beim Gegnerdesign hat Black Forest Games einige interessante Albträume geschaffen. © 4P/Screenshot
Und wenn durch solche Designprobleme das letzte Leben ausgehaucht wird und man mehrere Stunden vollkommen umsonst investiert hat, weil man im „Überlebens“-Modus wieder nahezu bei Null anfängt und die ohnehin identische Karte komplett neu erkunden muss, ist der Frust sehr hoch. Ideal wäre eine Mischung aus beiden Modi gewesen: Das prinzipielle Anforderungsprofil wie beim Überleben, aber dafür unendliche Leben und meinethalben ein Auffüllen der Gegner, wenn man das Zeitliche segnet. Aber in dieser Form wirkt es halbgar und hält einen eher davon ab, auf Dauer in das Spiel eintauchen zu wollen. Halbgar gilt übrigens auch für die Kulisse, bei der man sich für Unreal-Technologie als Motor entschieden hat. Während die Umgebung einen sehr soliden Eindruck hinterlässt und sowohl Wettereffekte als auch das Gegnerdesign richtig gut sind, bleiben die menschlichen Hauptfiguren erschreckend leblos. Sie wirken beinahe wie ein Relikt aus der letzten Technik-Generation. Die Mimik ist hölzern, die Animationen sind weitgehend sauber, aber lieblos. Dass es einem so natürlich zusätzlich zu den Spieldesign- oder Drehbuch-Problemen schwer fällt, eine „positive“ Beziehung zu ihnen aufzubauen, ist zwangsläufig und wird auch dadurch nicht abgemildert, dass ein zweiter Spieler beim Überleben helfen kann, sobald Kameraden freigeschaltet sind.
  1. Sieht gut aus erstmal, guter Ansatz und sogar mal von hier.
    Hätte ich gerne mal versucht aber nach lesen des Tests fällt das komplett aus.
    Wieviele Spieler/Käufer kann man heute denn ernsthaft mit einem permadeath Spiel gewinnen?

  2. Marobod hat geschrieben: 25.05.2019 14:25 Die Worte Souls und Qualitaet in einem Satz...
    Besonders witzig finde ich,daß man Souls fuer all seine Macken mal als Charmant mal als herausfordernd betitelt. Wenn dann aber Titel kommen wie Outward oder eben auch fade to Silence, dann ist das alles ploetzlich voll nicht in Ordnung, aha ...
    Habe zwar noch keinen Souls-Teil gespielt, aber ich denke die Kunst an dieser Art des Spiels ist es die goldene Design-Mitte zu treffen. Ein Spiel so zu gestalten, dass man die Schuld am eigenen Scheitern nicht dem Spiel gibt, sondern sich selbst (indem man erkennt, was man falsch gemacht hat oder einfach darauf vertraut, dass es einen Trick gibt, den man noch finden muss). Unfair platzierte Gegner plus Dauertod scheint eben eine Kombination zu sein, die die Grenze des Akzeptablen überschreitet.

  3. Die Worte Souls und Qualitaet in einem Satz...
    Besonders witzig finde ich,daß man Souls fuer all seine Macken mal als Charmant mal als herausfordernd betitelt. Wenn dann aber Titel kommen wie Outward oder eben auch fade to Silence, dann ist das alles ploetzlich voll nicht in Ordnung, aha ...

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