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Fallout 3 (Rollenspiel) – Fallout 3

Der amerikanische Traum ist im Jahr 2077 geplatzt, als die heile Welt in einem Nuklearkrieg unterging. Zweihundert Jahre später zeigt das postatomare Zeitalter seine hässliche Fratze: Dort, wo einst die weiße Architektur Washingtons strahlte, beherrschen Schutt und Betonreste ein radioaktiv verseuchtes Ödland. Dort, wo sich einst Tellerwäscher und Millionäre die fleißige Hand gaben, reichen sich jetzt Ghule und Supermutanten die blutige Kralle. Warum sollte man da seinen gut gesicherten Schutzbunker verlassen?

© Bethesda Softworks / Ubisoft

Psychotest & Spezialfertigkeiten

Figuren und Gesichter können sich sehen lassen, aber Mimik und Animationen können nicht mit aktuellen Top-Titeln der Marke Mass Effect mithalten.

Mit 16 Jahren geht es dann ans Eingemachte der Charaktererschaffung. Im so genannten G.O.A.T.-Test muss jeder Heranwachsende bestimmte Fragen beantworten, die von grenzwertig über unsinnig bis bescheuert reichen. Oder was macht ihr, wenn euch eure Oma einlädt, eine Waffe auf den Tisch legt und dann von euch verlangt, den Nachbarn zu töten? Schüttet ihr der alten Lady den Tee ins Gesicht? Oder verlangt ihr eine bessere Waffe? Dieser bizarre Psychotest legt den Grundstein für eure Fähigkeiten in dreizehn Bereichen, darunter Feilschen, Große Waffen, Nahkampf, Dietrich, Reparieren, Wissenschaft, Sprache oder Schleichen. Von 13 bis über 30 Prozent reichen die Werte hier.

Bei jedem Aufstieg könnt ihr dann fünfzehn Punkte frei verteilen. Interessant wird das System durch die Spezialfertigkeiten, mit denen ihr besondere Boni bekommt oder in bestimmten Fähigkeiten schneller voran kommt: Als „Ladykiller“ fügt man Frauen 10% mehr Schaden zu, als „Heller Kopf“ bekommt man immer 10% mehr an Erfahrung, als „Dieb“ erhält man umgehend fünf Punkte zusätzlich auf „Schleichen“ und „Dietrich“. Diese Fertigkeit lässt sich wie einige andere in drei Stufen ausbauen, so dass man sich sehr gut spezialisieren kann.

Kleiner Blick auf die die Fallout-Serie:

Fallout wurde 1997 als isometrisches Rollenspiel für den PC von Interplay entwickelt. Damals beherrschte die klassische Fantasy noch die Bildschirme. Nicht nur das postatomare Szenario, auch das rundenbasierte Kampfsystem mit seinen Aktionspunkten sowie die Charakterentwicklung (S.P.E.C.I.A.L.) konnten überzeugen. Ein Jahr später entwickelten die Black Isle Studios dann Fallout 2 für den PC, das 80 Jahre nach den Ereignissen des Vorgängers ansetzte, hinsichtlich Spielwelt, NPCs & Co umfangreicher ausfiel und dem Helden bereits einen Pip-Boy als Interface spendierte. Für viele gilt der Nachfolger als das bessere Rollenspiel. Weder das strategisch angehauchte Fallout Tactics: Brotherhood of Steel (2001, PC) noch der enttäuschende Actionableger Fallout: Brotherhood of Steel (2004, PS2) konnten an den Ruhm des zweiten Teils anknüpfen.

Außerdem werden je nach Erfahrungsstufe neue Fertigkeiten freigeschaltet, so dass es immer kniffliger wird, sich zu entscheiden – zumal Möglichkeiten von bizarr bis effizient offen stehen: Ab Level 12 kann man als „Kannibale“ zum Zwecke der Heilung Leichen essen. Ab Level 14 kann man sich ein „Adamantium Skelett“ zulegen, so dass man nur noch 50% an Schaden nimmt und ab Level 20 darf man als „Ninja“ mit kritischen Treffern um sich hauen. Letzteres verlangt allerdings einen Wert von 80 sowohl auf Schleichen als auch Nahkampfwaffen.

Ab in die Sonne

Aber wer interessiert sich für diese Arithmetik, wenn eine Fähigkeit in der Spielwelt nicht spürbar ist? Wie schlägt sich Fallout 3, wenn man den grandiosen Einstieg hinter sich hat und im Ödland unterwegs ist? Die Motivation zur Erforschung ist jedenfalls enorm. Und bevor man den Bunker als Jungspund verlässt, weht noch mal ein Hauch von BioShock, als man die Audionotiz seines Vaters findet. Darin erklärt er, dass er nicht will, dass man ihm folgt. Und plötzlich unterbricht ihn eine unbekannte Stimme im Hintergrund. Wer war das? Steckt da etwa mehr hinter der Flucht?

Falls ihr wollt, könnt ihr euch auf die Vatersuche begeben und Antworten finden – und das kann ich nur empfehlen, denn dieser Erzählstrang ist straff und spannend. Zwar wird man an der Angel der Neugier immer weiter zu den Spuren des Vaters geführt, muss für jeden Hinweis eines Augenzeugen wieder neue Aufgaben und Gefälligkeiten leisten, aber die Suche wird von einer Story belohnt, die einen irgendwann nicht mehr loslässt. Das liegt zum einen daran, dass sie kommentiert wird: Ähnlich wie in Grand Theft Auto IV <a class="DYNLINK" onmouseover="DynToolTipp_Show('Klicken für Gameinfos‚)“ onmouseout=“DynToolTipp_Hide(); “ href=“javascript:DynCont_Display(‚Gamefinder‘,’runmod.php?sid=%7BSID%7D&LAYOUT=dyncont_gf&spielid=9777′)“>

kann man Radiosender laufen lassen. Entweder den patriotischen Rundfunk der „Enklave“, wo sich ein erzkonservativer Präsident „Eden“ an die letzten rechtschaffenen Amerikaner richtet. Oder „Galaxy News“, wo sich ein cooler Rebell namens „Three Dog“ für die Wahrheit einsetzt und euren Vater getroffen hat.

Live im Radio, frei zum Abschuss!

Das Waffenarsenal kann sich sehen lassen: Von der einfachen Pistole über die Schrotflinte bis zum Scharfschützengewehr, vom Chemieknüppel über die Laserpistole bis hin zur tragbaren Atombombenschleuder.

Sobald man mit ihm darüber gesprochen hat, dass man der Sohn ist, sendet der Mann die rührende Papasuche des Bunkerjungen ins ganze Ödland – damit macht er euch bei allen Gruppierungen bekannt. Da gibt es zwar durchaus gesetzestreue wie die an Killzone 2 <a class="DYNLINK" onmouseover="DynToolTipp_Show('Klicken für Gameinfos‚)“ onmouseout=“DynToolTipp_Hide(); “ href=“javascript:DynCont_Display(‚Gamefinder‘,’runmod.php?sid=%7BSID%7D&LAYOUT=dyncont_gf&spielid=7697′)“>

-Söldner erinnernden Paldine der Stählernen Bruderschaft, die sich dem Kampf gegen Supermutanten verschrien haben. Aber es gibt eben auch irre Gesetzlose, brutale Raider und organisierte Kopfjäger wie die skrupellosen Typen der Talon Company. Und während ihr noch live zuhört, dass ihr hier geholfen und euch da beliebt gemacht habt, stehen die Kopfjäger schon vor euch – 1000 Kronkorken sind für euer Haupt veranschlagt.

Falls ihr keine Lust auf die Odyssee zum Vater habt, erforscht ihr das Ödland einfach so auf eigene Faust. Ihr könnt also auch auf die Hauptstory pfeifen. Ähnlich wie The Elder Scrolls IV: Oblivion entlässt euch Fallout 3 in eine offene Spielwelt, in der ihr theoretisch machen könnt, was und wie ihr wollt. Ihr könnt euch überall austoben, an der Oberfläche Enklaven, Siedlungen und Städte finden und unter der Oberfläche über all die Metro-Stationen nach Geheimnissen suchen. Es gibt eine Stadt auf einem Flugzeugträger mit politischen Machtkämpfen, eine komplett verminte Stadt namens Minefield, es gibt eine unterirdische Stadt voller Ghule, es gibt Brutstätten von bizarren Wesen, es gibt riesige Bibliotheken und Museumsinseln, in denen Mutanten patrouillieren.
    

  1. Versuchs halt wirklich mal mit "New Vegas". Ich bin heute entzückt, dass Obsidians 3D-Fallout von weiten Teilen der Community mittlerweile als deutlich gehaltvolleres RPG empfunden wird als Bethesdas mediokres Shooter-Fallout. Siehe Metacritic-Userwertungen. Oder Steamwertungen. Leider hat Bethesda alle "Errungenschaften" von New Vegas ja dann ignoriert. Entsprechend ihrer ewigen Zielgruppenmaximierungs-Maxime: Jedes Spiel einer Reihe muss mit dem Folgetitel noch simpler werden. https://external-preview.redd.it/8S_Sd1 ... 47c21cb7cf Immerhin können sie sich durch ihre saftigen Profite noch Prestige-Studios wie Arkane leisten, die zwar durchweg Gehaltvolleres abliefern (und mit dem FPS-RPG-Mix Prey auch mehr RPG als manches selbst ernannte RPG) -- aber selten großen Reibach.
    Dem heutigen Bethesda halte ich eines zugute, und da stimme ich mit dem Vorposter nicht überein: Sie verweigern sich (noch?) dem Trend, interaktive Filmchen mit minimalem Input a la Witcher 3 zu machen. Ein Spiel wie Elex hatte ich letztes Jahr fast bis ins Endgame gespielt (als man viel zu mächtig wurde). Witcher 3 trotz der deutlich interessanteren Welt und Charakteren allerdings bereits früh abgebrochen. Warum? Weil mich Elex als Spieler respektierte, der Witcher so mittel. Weil beim Witcher jede verdammte Miniquest einen minutenlang zum Filmschnippsel-Zuschauer degradiert (14 Stunden Cutscenes allein im Basisspiel) -- und die linearen Quests sich abseits der obligatorischen Kämpfe auch von selbst lösen respektive witchersinnen. Taste drücke, den rot markierten Brotkrumen folgen -- tada. Natürlich hat der Witcher Qualitäten, und das Studio dahinter sagt ja oft genug selbst, dass Spiele für sie wie Filme seien (spätestens Witcher 2 war ebenfalls vollgepackt mit Kinosequenzen). Aber CD Projekt trauen mir mittlerweile in ihren spielerischen Momenten offenbar nicht mal mehr zu, dass ich mir ohne ihre Hilfe alleine die Schuhe zubinden könnte.
    Gerade AAA-RPGs sind heutzutage ja eh meist...

  2. Das Problem ist halt auch, dass ich erst unlängst zum zweiten Mal Witcher 3 incl. der beiden Addons durchgespielt habe. CDP hat Bethesda schlicht und ergreifend gekillt. Auf jedem einzelnen Feld. Es ist mir schlicht nicht mehr möglich, über die eklatanten und zahlreichen Schwächen von Fallout 3 hinwegzusehen, um mich an dem schicken Szenario zu erfreuen, wie ich das früher noch getan hätte.

  3. Puh, jetzt weiß ich wieder, wieso ich seit Morrowind kein Bethesda-RPG mehr angefasst habe. Langeweile auf hohem Niveau beim Worldbuilding. Ne riesenhafte Schnitte, mit ganz wenig zarter Butter drauf. Bin Level 10. Die erste Stunde ist bei jeder Sitzung wieder großartig, weil man halt gern in der Gegend herumguckt. Und dann merkt man wieder, dass kaum Substanz drunter steckt, die das Interesse und den Zeitaufwand rechtfertigen. Mal sehen, ob ich die Kraft habe, es bis zum Schluss durchzuhalten oder irgendwann lieber gleich zu New Vegas weitergehe. Nee, Bethesda, einfach nur nee.

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