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Fire Emblem Engage (Rollenspiel) – Eine Runde Taktik mit alten Freunden

Der Vorgänger Three Houses griff mutig ins Getriebe der traditionsreichen Taktik-Saga Fire Emblem – nicht alle Schlachtenbummler fanden jedoch Gefallen am ausufernden Klosterschulalltag zwischen den Gefechten. Der Nachfolger Engage will nun die Geister kultiger Serienteile beschwören, ohne auf Innovation zu verzichten. Gelingt der Spagat oder zerreißt es Fire Emblem: Engage wie die blau-roten Augenfarben seines Protagonisten?

© Intelligent Systems / Nintendo

Colgate-Chan, der Spaß fängt an

Dank der wundersam zweigeteilten Haar- und Augenfarbe von Held bzw. Heldin Alear (Geschlecht wählbar) konnte sich Entwickler Intelligent System im Vorfeld über ordentlich Buzz zum neuesten Eintrag seiner langlebigen Rundentaktik-Reihe freuen: Sobald erste Bilder der Engage-Hauptfigur auftauchten, polarisierte Protagonist Alear alias „Colgate-Chan“ die Fan-Foren. Alears poppiger Zahnpasta-Look deutete an, was sich im fertigen Spiel bewahrheitet. Engage tritt nicht in die Fußstapfen des kommerziell erfolgreichen, aber auch umstrittenen Three Houses, sondern schlägt einmal mehr eine mutige neue Marschrichtung ein: weniger soziale Alltags-Simulation à la Persona 5, mehr Drama und taktische Tiefe direkt auf den Schlachtfeldern. Das funktioniert an sich prächtig, schöpft am Ende aber leider nicht ganz das Potential aus, das dank sinnvoll aktualisierten Grundsystemen und originellen neuen Emblem-Ringen möglich gewesen wäre. Schuld daran ist Alears Welt Elyos und die darin erzählte Geschichte. So originell der Zahnpasta-Protagonist und so bunt die Zuckerguß-Optik des Settings, so blass und uninspiriert bleiben Script und Worldbuilding…

Die Ringe der Macht des Hauses der Drachen


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Sprung in der Schüssel? Krude Slapstick-Szenen lockern manche Sequenz auf, passen aber nicht recht zum dramatischen Helden-Epos. © 4P/Screenshot

Ob Absicht oder Zufall: Die Hauptmotive von Fire Emblem: Engage wirken wie ein narrischer Anime-Hybride der beiden aktuellen Fantasy-Serien von HBO und Amazon Prime. Alear entstammt einem uralten Geschlecht mystischer Drachen, deren Schicksal mit dem des Kontinents Elyos verknüpft ist. Wo House of the Dragon oder alte Fire-Emblem-Teile ihre Drachen oft metaphorisch verstehen und behutsam einsetzen, drückt Engage voll auf die (Zahnpasta-)Tube: Vor tausend Jahren besiegte Alears Mutter in Drachengestalt ihren dämonischen Widersacher Sombron. Das im Kampf schwer verwundete Kind Alear wurde in magischen Heilschlaf versetzt und erwacht ein Millenium später, um in die Fußstapfen der göttlichen Drachenmama zu treten und Sombron einmal mehr die Flügel zu stutzen. Genre-typisch natürlich ohne Erinnerungen oder Kenntnisse über Drachen-Transformation. Und schon attackieren Sombrons Schergen. Hilfe naht in Form von Ringgeistern. Zu Alears Erbschaft gehören mächtige Emblem-Ringe, welche die Essenz legendärer Helden aus früheren Fire-Emblem-Spielen enthalten und ihre Kräfte mit den jeweiligen Ringträgern verbinden. Zusammen mit einer Handvoll Getreuer bereist Alear nun die Königreiche ihres Kontinents und sammelt neue Mitstreiter und Ringe, immer im Wettlauf mit den Horden des dunklen Herrschers Saur.. äh Sombron, denn der möchte freilich auch gern Herr der Ringe werden, blablabla… Den Rest könnt ihr euch denken. Dass Engage trotz Klischee-Story jede Menge denkwürdiger Momente und hochemotionaler Schlachtszenen erzeugt, liegt am zeitlos fantastischen Spielprinzip.

Stein, Schere, Papier, Echse, Spock


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Erreicht ihr neutrale Charakter rechtzeitig, verstärken sie nach kurzem Plausch Alears bunten Haufen. © 4P/Screenshot

Die grundlegende Mechanik ist schnell erklärt: In rundenbasierten Taktik-Gefechten bewegt ihr eure Einheiten über das in Quadrate unterteilte Schlachtfeld. Dann ist der Gegner dran. Kommt es zum Schlagabtausch, greift das Waffen-Dreieck, das im Vorgänger etwas verwässert in den Hintergrund gerückt war, in seiner aktuellen Fassung aber wieder zur Bestform aufläuft: Wie gehabt sind Schwerter stark gegen Äxte, Äxte gegen Lanzen und Lanzen gegen Schwerter. Das schlägt sich nicht nur in der Höhe der ausgeteilten Schadenspunkte nieder. Ihr habt jetzt die Möglichkeit, durch die korrekte Waffenwahl die Haltung eures Gegners zu durchbrechen. „Gebrochene“ Feinde können für den Rest der Runde keine Gegenangriffe mehr starten. Bei Opponenten mit dickem Lebensbalken ist das taktisch besonders interessant, da ihr so mehrere Einheiten attackieren lassen könnt, ohne Gegentreffer einstecken zu müssen. Erweitert wird das Dreieck durch zwei Faustregeln: flinke fliegende Einheiten sind besonders anfällig gegen schwächliche Bogenschützen und fett gepanzerte Hoschis lachen über konventionelle Waffen, fürchten aber nichts mehr als magische Maulschellen. Kurz gesagt: Jede Einheit ist stark gegen irgendwas und schwach gegen etwas anderes.

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Stop! Hammertime! Kriegshämmer sind immer eine gute Option gegen schwere Rüstungen, falls mal keine Magier verfügbar sind. © 4P/Screenshot

Bei zehn und mehr eigenen Figuren und mindestens so viel Feindvolk ergeben sich dadurch immer wieder tolle taktische Zwickmühlen. Zieht ihr eure Bogenschützin vor, damit sie einen Wyvern-Reiter vom Himmel holt, und lasst sie dadurch ungeschützt vor dem Axt-Brutalinski? Soll Alear mit ihrem aufgemotztem Götterschwert den Beilheini erledigen, obwohl sie dadurch in die Reichweite eines Lanzenreiters gerät? Zusätzliche Effekte auf den Schlachtfeldern variieren dieses Grundprinzip um weitere unterhaltsame Kopfnüsse: Mal kämpft ihr im Dunklen und müsst euch spontan gegen vorher unsichtbare Rüpel wehren, mal gilt es, rechtzeitig eine Ballista zu bemannen oder die Witterung zum eigenen Vorteil zu nutzen.

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Du kannst nicht vorbei! Großwaffen wie die Eisenklinge werfen Gegner um ein Feld zurück und verschaffen euch einen taktischen Vorteil. © 4P/Screenshot

Dazu kommen einige Detail-Verbesserungen, die noch mehr Dynamik ins Kampfgetümmel bringen: Heiler verarzten nicht nur dezimierte Lebensenergie, sondern behaupten sich neuerdings auch als Kampfmönche im Handgemenge. Witzige Großwaffen schubsen Einheiten ein Feld zurück und verändern so schlagartig die Gesamtsituation. Das ist die Faszination toller Rundentaktik, die Fire Emblem seit 30 Jahren immer wieder kredenzt: Ihr könnt euch in eurer Runde so viel Zeit nehmen, wie ihr wollt und den perfekten Zug ausbaldowern. Läuft eine Aktion mal schlecht, dürft ihr sogar via Zeitkristall zurückspulen und etwas anderes probieren. Und trotzdem spürt ihr beim Grübeln den Zeitdruck und die Panik der Figuren, die ihr übers Schlachtfeld dirigiert.

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Schafe sind toll! In Alears Himmelsfestung dürft ihr allerlei aufgeklaubte Tierbesucher einquartieren. Zur Belohnung gibt es nachhaltige Landwirtschaftsprodukte. © 4P/Screenshot

Oldschool-Fans freuen sich in diesem Zusammenhang über die Rückkehr einer weiteren liebgewonnenen Spielmechanik: Immer wieder müsst ihr neutrale Gebäude oder Figuren erreichen, bevor der Gegner es tut. Nur so habt ihr die Chance auf Schlachtfeld-Dialoge, die euch zusätzliche Ausrüstung und im Idealfall sogar neue Einheiten spendieren. Jedes Gefecht wird so zur anregenden Denkaufgabe – gerade wenn ihr im Classic-Modus spielt, in dem gefallene Mitstreiter nach der Schlacht nicht zurückkehren. Gerade deshalb fühlten sich insbesondere die Charaktere der früheren Serienteile an wie alte Freunde. Wer seinen Trupp durch eine gesamte Kampagne gegen den früher obligatorischen Permadeath verteidigt hat, verbindet jede Menge Knobelei und Erfolgs-Erlebnisse mit Marth & Co. Ein smarter Zug von Intelligent Systems, genau diese Veteranen in Form der Emblem-Ringe zurückzubringen!

  1. Ich habe bislang Awakening und Three Houses gezockt, wobei letzteres sogar mein meistgezocktes Spiel auf der Switch ist und für Awakening könnt das auf der 3DS sogar auch hinkommen. Aber irgendwie reizt mich aktuell ein neuer Teil so gar nicht. Habe auch keine Ahnung, woran das eigentlich liegt. Gefühlt war auch gar kein Buzz um den Titel vorhanden. Irgendwann werde ich vlt. mal reinschauen.

  2. Fairer Test. Ich bin etwa 20h ingame und habe viel Spaß mit den Kämpfen, aber die Story und Charaktere sind bisher austauschbar und maximal "ausreichend" - stören aber auch nicht wirklich (das war in anderen FE Ablegern auch schon mal anders). Da ich mich auf die Kämpfe konzentriere habe ich aber trotzdem ne gute Zeit...

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