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Fire Emblem Engage (Rollenspiel) – Eine Runde Taktik mit alten Freunden

Der Vorgänger Three Houses griff mutig ins Getriebe der traditionsreichen Taktik-Saga Fire Emblem – nicht alle Schlachtenbummler fanden jedoch Gefallen am ausufernden Klosterschulalltag zwischen den Gefechten. Der Nachfolger Engage will nun die Geister kultiger Serienteile beschwören, ohne auf Innovation zu verzichten. Gelingt der Spagat oder zerreißt es Fire Emblem: Engage wie die blau-roten Augenfarben seines Protagonisten?

© Intelligent Systems / Nintendo

Alte Freunde, neue Möglichkeiten

Die insgesamt zwölf Embleme stellen ein Allstar-Team der Heroen aus drei Dekaden Fire Emblem zusammen: Heldenkönig Marth aus dem Famicom-Erstling, Bogenschützin Lyn aus der GBA-Ära oder Fechtmeisterin Lucina aus der grandiosen DS-Episode Awakening – jeder, der frühere Fire Emblems mochte, findet ein paar bekannte Gesichter. Die Embleme sind aber kein bloßes Nostalgie-Geschenk an Oldschool-Fans: Charaktere, die einen Emblem-Ring tragen, werden von den magisch transparenten Ring-Bewohnern buchstäblich in den Kampf begleitet. Die Embleme verstärken nicht nur die Status-Werte der Ringträger und kommentieren das Geschehen, mittels Engage-Kommando bilden sie für drei Runden eine Hybrid-Einheit und wenden mit spektakulären Spezialfähigkeiten das Schlachtenglück. Bestimmte Aktionen laden danach den nächsten Ring-Einsatz wieder auf, so dass ihr euch stets Gedanken über den bestmöglichen Zeitpunkt machen müsst. Serientypisch verbessert sich durch gemeinsame Aktionen regulärer Charaktere nach und nach deren Beziehung, was neue Dialoge und Status-Boni freischaltet. Das gilt nun auch für die Embleme, die zusätzlich noch ihre Fähigkeiten an Freunde vererben, zu denen sie ein inniges Beziehungsband geknüpft haben. So können eure Figuren bestimmte Emblem-Fähigkeiten selbst dann nutzen, wenn sie den entsprechenden Ring schon weitergegeben haben.

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Pfeilg’rader Volltreffer! Erobert einer eurer Bogenschützen eine Balista, dürft ihr gewaltige Projektile weit ins Feindgebiet schicken. © 4P/Screenshot

Dank ihrer vererbbaren Fähigkeiten und der Möglichkeit, die Emblem-Ringe zwischen den Schlachten jeder beliebigen Einheit überzustreifen, machen sie die Entwicklung eurer Einheiten flexibel wie nie, bleiben gleichzeitig aber beherrschbar simpel. Auch im Vorgänger war es durch den Schulunterricht möglich, z.B einem Magier sogar den Gebrauch von Schwertern beizubringen. Dafür musstet ihr aber viel Zeit in die Kloster-Sequenzen investieren und ein einmal eingeschlagener Ausbildungspfad konnte nicht ohne weiteres an neue Herausforderungen angepasst werden. In Engage dürft ihr eure Ringträger optimal für jede Mission zusammenstellen, indem ihr die richtigen Schmuckstücke überstreift. Ohne euch das Spiel zu einfach zu machen, ergeben sich dadurch komplett neue und oft witzige Möglichkeiten. Steht die Verteidigung einer Burg an, verleiht ihr einem zarten Fernkämpfer mit dem Ring des stiernackigen Ike zeitweilig bud-spencerige Robustheit. Räumt ein frecher Dieb auf der anderen Seite der Karte eine Schatztruhe leer, setzt ihr ihm via Celicas Teleport-Spezialangriff nach. Geratet ihr an eine Übermacht, spendet Micaiah fast alle HP und heilt dafür via „Großes Opfer“ sämtliche Einheiten. Manche Embleme wie z.B. Roy kehren gar das Waffendreieck um. Keine dieser Sonderfähigkeiten hebelt dabei die grundlegende Spielmechanik aus, sondern ergänzt sie auf neue und originelle Weise.

Eine fast runde Sache


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Zünftige Luftduelle zwischen Pegasus-Reitern gehören seit langem zum Serien-Repertoire, sahen aber nie schöner aus. © 4P/Screenshot

Einen Vorteil hat die halbgare Story von Engage: Sie stört nicht. Im Gegensatz zu Three Houses, dessen elaborierte Lore im Rahmen einer letztlich langweiligen Sozial-Simulation erzählt wurde, bringt euch Engage immer wieder schnellstmöglich zur nächsten Taktik-Karte. In Alears Erbmasse befand sich neben den Ringen zwar auch ein muggeliger Himmelstempel, hier haltet ihr euch zwischen den Gefechten aber nie länger als nötig auf. Wer möchte, hat trotzdem gut zu tun: Neben Ausrüstungs- und Fähigkeiten-Management dürft ihr ein Haustier knuddeln, kochen, diverse Trainings absolvieren und eure Mitstreitenden im Swimming-Pool begaffen besuchen. Hier bietet Engage auch einen kleinen Strategie-Part, in dem ihr Spenden an Elyos Königreiche verteilt und so bessere Nebenquests und Zufallselemente freischaltet. Auf den niedrigeren Schwierigkeitsgraden habt ihr wie gewohnt die Möglichkeit, zwischen den 26 Hauptkapiteln Zusatzkämpfe zu absolvieren, um eure kleine Schar zu unbesiegbaren Kampfmaschinen zu leveln. Jeder, wie er mag. Insgesamt findet Engage einen runden Rhythmus zwischen Taktik und Rollenspiel.

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Neu: Nach erfolgreichem Abschluss einer Rundenschlacht dürft ihr die Karte erkunden, Gespräche führen und Gegenstände oder Haustiere aufsammeln. © 4P/Screenshot

Schön rund läuft auch die Präsentation: Engage ist Intelligent Systems bislang hübschestes Schlachtengemälde mit kräftigen Bonbonfarben, lebendigen Animationen und detailreichen Schauplätzen. Untermalt von je nach Anlass treibenden, dramatischen oder sphärischen Kompositionen passt sich der Soundtrack adaptiv ans Geschehen an. Das Character-Design ist natürlich Geschmacksache und geht diesmal eher in Richtung Seven Deadly Sins als Record of Lodoss War. Wer mit dem aktuellen Hang zu riesigen Rüschen, fatalen Fascinators und kriminell verteilten Gürtelschnallen nicht recht klar kommt, kann sich zumindest über die werkgetreu umgesetzen Emblem-Helden freuen, die gekonnt aktualisiert im Design ihrer Originalspiele belassen wurden. Zwischen 40 und 70 Stunden – je nachdem, wie viele Nebenschauplätze ihr besucht – könnt ihr für Alears Heldenreise einplanen. Noch mehr Kapitel und zusätzliche Embleme, wie z.B. die Anführer aus Three Houses, stehen zur Wahl, wenn ihr euch zusätzlich den Erweiterungspass holt. Der ist ansonsten aktuell noch recht unoriginell bestückt. Eine Rabattkarte für den Ingame-Marktplatz und besonders mächtige Emblem-Beschwörungen sind für ein Spiel mit feinjustierbarem Schwierigkeitsgrad nicht zwingend nötig. Vielleicht wird ja die für Ende des Jahres angekündigte neue Story-Kampagne des Erweiterungspasses mit einer überzeugenden Geschichte den einzigen Kritikpunkt einer ansonsten runden Rundentaktik-Sache ausdengeln.

  1. Ich habe bislang Awakening und Three Houses gezockt, wobei letzteres sogar mein meistgezocktes Spiel auf der Switch ist und für Awakening könnt das auf der 3DS sogar auch hinkommen. Aber irgendwie reizt mich aktuell ein neuer Teil so gar nicht. Habe auch keine Ahnung, woran das eigentlich liegt. Gefühlt war auch gar kein Buzz um den Titel vorhanden. Irgendwann werde ich vlt. mal reinschauen.

  2. Fairer Test. Ich bin etwa 20h ingame und habe viel Spaß mit den Kämpfen, aber die Story und Charaktere sind bisher austauschbar und maximal "ausreichend" - stören aber auch nicht wirklich (das war in anderen FE Ablegern auch schon mal anders). Da ich mich auf die Kämpfe konzentriere habe ich aber trotzdem ne gute Zeit...

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