Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass im Gegenzug einige Schwächen verloren gegangen wären. Dazu gehört z.B. die diffuse Reaktion von Spielern auf Gespräche. Ich werde darauf aufmerksam gemacht, dass Heung-Min Son z.B. mit Integrationsproblemen zu kämpfen hat und lade ihn daher zu einem Gespräch. Nach einer freundlichen Gesprächseröffnung („Wie geht es dir?“) gibt es aber keine Möglichkeit, das Problem konkret anzugehen und über den Dialog für Abhilfe zu sorgen. Dieses Manko fällt allerdings nicht nur bei Integrationsschwierigkeiten auf, sondern auch bei vielen anderen Kleinigkeiten, für die das höchst überschaubare „Dialogsystem“ keine Lösung parat hat. So braucht man eher Glück als Rhetorik oder Intuition, um bei Gesprächen Auswege aus dem einen oder anderen Dilemma zu finden. Bauzeiten und Vereinsstrukturen wurden komplett überarbeitet – der spielinternen Dynamik tut dies gut. Die Menüs zeigen sich trotz aller evtl. dahinter aufgebauten Statistiken übersichtlich.
Worum es geht? Nehmen wir das Beispiel Mladen Petric, immerhin einer der zuverlässigsten und damit wichtigsten Stürmer in meiner Mannschaft. Da er mit seinen Einsätzen häufig an der Erschöpfungsgrenze schrammt, entschließe ich mich, ihm in zwei, drei Spielen eine Rotationspause zu gönnen bzw. maximal von der Ersatzbank zu bringen. Jetzt wird er aber für die kroatische Nationalmannschaft nominiert, bestreitet ein paar Spiele für sie, schießt ein paar Tore (was mich freut) und kommt vollkommen platt zurück. Mit dem Ergebnis, dass ich ihn eigentlich nicht mal mehr als Joker auflaufen lassen kann – meine kurzfristige Kaderplanung ist für die Katz. Das muss nicht sein.
Graue Theorie vs. emotionale Praxis
Irgendwann ist es auch gut mit Training, persönlichen Gesprächen, dem Taktieren und dem Auf- und Einstellen der Mannschaft – was zählt, ist auf’m Platz. Und um das Trainerdasein an der Seitenlinie zu genießen, gibt es immer noch die bekannten Anzeigemöglichkeiten von Sofortberechnung bis hin zum Textticker, wobei hier sogar die Möglichkeit besteht, einen klassischen Textticker aus der Zeit vor 2009 zu nutzen.
Doch die für mich einzig wahre Darstellungsform (zumal sich ohnehin alle Berechnungsarten grundsätzlich unterscheiden), ist der 3D-Modus, der dieses Jahr in neuem Licht erstrahlt und mich wieder und wieder in seinen Bann zog. Sicher: Es ist noch nicht alles perfekt, doch in keinem anderen Bereich ist der Fortschritt so stark spürbar wie hier.
Mit einer komplett neuen Matchlogik versehen, kommt es nur noch höchst selten zu dem unansehnlichen Ballgeschiebe im Mittelfeld, das im Vorgänger negativ auffiel. Je nach taktischer Vorgabe wird das Leder schnell und effektiv zwischen den Mannschaftsteilen hin und her gepasst. Die Spieler versuchen, sich anbietende Räume zu nutzen, starten Dribblings, lassen krachende Schüsse vom Stapel und gehen in gefährliche Tacklings.
Angesichts der „alten“ Engine (ich mutmaße hier einen modifizierten FIFA 10-Motor im Einsatz) und der gelungenen Ausgabe der Aktivkicker dieses Jahres, bleibt der FM natürlich visuell einiges schuldig. Doch letztlich darf man nicht vergessen, dass es sich hier um einen Manager handelt, der nicht viel mehr als eine animierte interaktive Tabellenkalkulation ist. Und dafür macht es verdammt viel Spaß, dem Kick zuzuschauen, mitzufiebern und im Bestfall den Monitor anzubrüllen, in der Hoffnung, dass die Spieler sich doch mal an die Anweisungen halten…
Neue Möglichkeiten, alte Schwächen
Doch es sind nicht nur die durch den weitgehend gelungenen 3D-Modus angeheizten Emotionen, die diese Darstellungsform (trotz grausiger Bitmap-Zuschauer) für mich zur ersten Wahl machen. Auch die überarbeiteten und selbst im Vergleich zum spannenden Textmodus weitreichenderen Eingriffsmöglichkeiten, bei denen man den Spielern direkt auf dem Platz Anweisungen geben oder sie auswechseln kann, ohne in die Taktik-Übersicht wechseln zu müssen, locken mich auf die Trainerbank ins dreidimensionale Stadion.
Dass es sich dabei letztlich nur um wenig mehr als eine optimierte und mit einigen Feineinstellungen versehene Benutzerführung handelt und keine grundsätzlich neuen Inhalte bietet, ist zwar bedauerlich, verdirbt mir den Spaß aber nicht.
Genug gesehen?
Doch auch bei der grafischen Darstellung stellt sich irgendwann eine gewisse Ernüchterung ein: Dribbling-Animationen wiederholen sich häufig. Im tiefsten Winter zeigt der Rasen sattes Grün und die Spieler haben keinerlei Problem, bei Minustemperaturen mit kurzärmeligen Trikots herumzulaufen. Freistöße werden grundsätzlich ein paar Meter nach hinten gelegt, anstatt dort (oder davor) ausgeführt zu werden, wo das (ebenfalls nur selten von der Anzeigenorm abweichende) Foul tatsächlich passierte – was umso ärgerlicher ist, wenn man eigentlich einen Elfmeter bekommen hätte. Und noch ärgerlicher, wenn auf der Gegenseite ein (in der Wiederholung ganz klar am Körper angelegter) angeschossener Arm zu einem Strafstoß führt.
Im Gegensatz zur Konkurrenz, wo Fehler wie gegebene Abseitstore oder aberkannte reguläre Treffer seit Jahren gewollt stattfinden, wirkt dieses Verhalten nicht wie die Interpretation einer Tatsachenentscheidung und damit der üblichen Schiedsrichter-Willkür, sondern wie unsauber umgesetzte Technik. Was übrigens auch für die Schussdarstellung gilt: Es gehen unverhältnismäßig viele Bälle knapp unter der Latte ins Netz, was zusammen mit den für ein 90-Minuten-Spiel unrealistischen Match-Statistiken für einen weiteren bitteren Nachgeschmack sorgt. Unter dem Strich überwiegen aber die positiven Emotionen, die das Betrachten der 3D-Szenen hervorruft – auch wenn sie nur ein erster Schritt in die richtige Richtung sind.
Fussball Manager 12 (Sport) – Fussball Manager 12
Im Herbst geht die Bundesliga in eine entscheidende Phase: Tendenzen zeichnen sich ab, die ersten Trainer müssen ihren Hut nehmen, Bayern-Verfolger werden benannt. Und mit schöner Regelmäßigkeit kommt aus dem Kölner Bright Future Studio ein neues Manager-Spiel, das sich aufmacht, das der hierzulande offiziell nicht veröffentlichten britischen Konkurrenz von Sports Interactive Paroli bieten will. Kann EA die Nummer 1 schlagen?
Wie viel Geld bekommt ihr eigentlich von EA für solche Tests? Das meine ich ernst.
Wenn dann nichts geht war es Lehrgeld.
Weil es günstiger ist? Und man das vorher nicht weiß?