Wieder mal das Problem Lokalisierung
Schon in Halo 3 gab es mehr als genug Beispiele dafür, wie man es schafft, eine eigentlich dramatische Szene durch eine unglücklich lokalisierte Wortwahl ins Gegenteil umzukehren. Man erinnere sich nur an den vom Himmel gefallenen Master Chief, für den sein Vorgesetzter „dringend jemanden braucht, der ihn hochkriegt!“
Aussetzer dieses Kalibers gibt es in Halo 3 ODST glücklicherweise nicht mehr, doch kleinere Missgeschicke finden sich allerorten. Das beginnt bereits im Titel, der in der deutschen Version eigentlich OAST heißen müsste. Und obendrauf
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scheinen die deutschen Sprecher wieder einmal nur vors Mikrofon gezerrt worden zu sein, ohne wirklich darüber aufgeklärt zu werden, um was es in der jeweiligen Szene eigentlich geht. Wenn allerdings tatsächlich die übliche Synchronmethode angewandt wurde und die Stimmakteure zur ablaufenden Szene gesprochen haben, dann haben sie wahrlich einen schlechten Job gemacht: Sie schaffen sie es weder, der neuen Sammlung an Figuren Emotionalität noch ein Gesicht zu geben. Das ist insofern umso bedauerlicher, da der an sich gelungene Einstieg sowie die Story, an der sich Bungie in ODST entlang hangelt, vollkommen unnötig entwertet und beinahe langweilig wird. Auf eine Möglichkeit, die englische Sprachspur einzustellen wurde verzichtet. Stattdessen kann man anhand der englischen Untertitel erahnen, was an Gefühlen vermittelt werden soll. Aus diesem Ahnen wird Gewissheit, wenn man sich die englische Original-Version anschaut und vor allem anhört: Die Sprecher sind deutlich enthusiastischer bei der Arbeit und mit emotionalen Nuancen in der Stimme versuchen sie meist erfolgreich, den Figuren Leben einzuhauchen. Wieso Microsoft ausgerechnet an dieser wichtigen Stelle den Rotstift angesetzt und zum Sparen aufgefordert hat, lässt sich nicht nachvollziehen.
Eine kleine Anekdote am Rande, die ebenfalls die Qualität der Lokalisierung widerspiegelt: Das Achievement „Be like Marty“ lautet im Original „In Firefight, finish a full round without killing a single enemy.“ Im Deutschen wurde daraus „Schießen Sie ein ganzes Magazin im Feuergefecht leer, ohne einen einzigen Gegner auszuschalten.“ Danke. Setzen. Sechs.
Ganz abgesehen davon, dass diese Fehlinterpretation bei Bungies Auswertung der Statistiken vermutlich ein starkes Absinken der Trefferquote im deutschsprachigen Raum zur Folge haben dürfte.
Ein Mann ist nicht genug
Aber genug dieses leidigen Themas und hin zu der Frage, worum es in ODST geht: Wohl wissend, dass der sich opfernde Archetypus des Master Chief Fußstapfen hinterlässt, die nicht einfach gefüllt werden können, wird die Bürde auf die Schultern mehrerer Figuren verteilt. Genauer: Auf einen Trupp futuristischer Spezialeinheiten (quasi der Halo’schen Variante von Tom Clancys Ghosts), die im von Allianztruppen eingekesselten und kurz vor der Zerstörung stehenden afrikanischen New Mombasa einen Auftrag erledigen müssen, der den Ausgang des Krieges maßgeblich beeinflussen kann. Bis hierhin klingt es nach erzählerischer Standardkost.
Interessant wird es jedoch durch klug ausgewählte Stilmittel in Form von Figurenwechsel sowie Zeitsprüngen. Mit dem namenlosen Anfänger („Rookie“) als Hauptspielfigur, der nach einem fehlgeschlagenen Orbital-Fall sein über die ganze Stadt verstreutes Team finden muss, bewegt man sich durch die teilweise wie ausgestorben wirkende Metropole und sieht sich kleinen Allianz-Grüppchen gegenüber, bis man schließlich ein Überbleibsel eines anderen Mitglieds aus dem ODST-Trupp findet. Das kann z.B. ein Helm sein oder auch ein Scharfschützengewehr.
Der Clou: Jetzt findet eine spielerische Rückblende statt, in der man aktiv eine andere Figur übernimmt und die Geschehnisse nachspielt, die bis zum Verlust des jeweiligen Utensils geführt haben, bevor es wieder zum Rookie zurück geht und man das nächste Teil ausfindig macht.
Dieses Stilmittel, das in Filmen immer wieder zum Einsatz kommt, wurde in Spielen bislang kaum verwendet und ist ein erfrischendes Erlebnis. Zumal Bungie das Kunststück gelingt, ähnlich wie Quentin Tarantino in Pulp Fiction, alle Fäden am Schluss aufzunehmen und zusammenzuführen. Zusätzlich gibt es im Stile von Bioshock insgesamt 30 Tonaufzeichnungen zu finden, die eine untergeordnete, aber ebenso sorgsam in das Gesamtbild eingebunde Geschichte erzählen.
In der emotionalen Umsetzung hingegen ist Bungie weit von einem Geniestreich entfernt, was allerdings nicht nur der Lokalisierung zuzuschreiben ist. Die Figuren, die vom verantwortungsbewussten Squad-Anführer bis zum großmäuligen Sniper nahezu alle Klischees abdecken und damit an einen Großteil der Besetzung in James Camerons „Aliens“ erinnern, sind einen Hauch zu plakativ, um mich emotional anzusprechen. Und in den Momenten, in denen man sogar tatsächlich versucht, eine Liebesgeschichte vor dem Kriegshintergrund zu etablieren, verliert mich Bungie auf der Gefühlsebene komplett. Denn dazu sind die Figuren zu unglaubwürdig – was unter Umständen auch daran liegen könnte, dass der Zahn der Zeit nicht wirklich freundlich mit der Engine und dem Figurendesign umgegangen ist. Gerade die Gesichtsanimationen wirken zu hölzern, um mich zu überzeugen.
Wieso sich einige über den Singleplayer beschweren, entzieht sich ehrlich gesagt meiner Vorstellungskraft. Ich find den Firefight Modus zwar ganz nett, aber wegen fehlender Matchmakingfunktion wird er im Grunde nicht verwendet und dann bleib ich für ein bisschen kooperative Multiplayeraction eben bei Gears.
Aber zum Singleplayer: Ich habe selten, vielleicht System Shock 2 kann man da noch erwähnen, eine solch melancholische, verführerische Stimmung wie in ODST erlebt. Ja, Spielzeit ist kurz. Ja, das (geniale) Gameplay ist bekannt. Und ja, die Grafik ist von vorgestern. Aber Bungie liefert einen atmosphärischen Oberknaller, der mich gefangen genommen hat, vom Drop bis zum Take Off. Das einsame Durchkämen der Schluchten von Neu Mombasa auf der Suche nach den Kameraden, nur begleitet von einer kauzigen Stadt-KI, hat mich nicht losgelassen und vielleicht lag das auch an der kurzen Spielzeit mit (gelungenen) Flashbackmissionen drinnen... oder der optisch schwachen Grafik, die durch die Nachtsicht einen wesentlich besseren Look bekommt und man dadurch fast ausschließlich mit ihr herumläuft, aber das Spiel geht eigene Wege, leugnet dabei nicht mal seinen Spin-Off Charakter und macht es gerade daraus so wertvoll. Die Wertung von 77 % kann ich dementsprechend nicht zustimmen, zumindest einen Award hätte es sein dürfen, aber Halo ist wohl sowieso schon ein gebrandmarktes Kind bei 4players, womit ich auch rechne das Halo Reach in die selbe Wertungsregion fällt.
Leute, man muss Halo einfach für seinen genialen Mulitplayer lieben. Denn Solomodus sollte man einfach ignorieren :wink:
Wenn man Halo 3:ODST zusammen mit Freunden spielt macht das schon bock aber wenn man z.B. Feuergefechte alleine spielt wird es ziemlich langweilig.