Fazit
In Between schafft es deutlich besser als Disorder, das ernste Thema um Krankheit, Tod und Verlust in spielbarer Form anzusprechen. Vor allem die Metaphern sind auf gelungene Weise mit den Spielmechaniken verknüpft. Die Ideen sind zwar nicht völlig neu, vermischen die Schwerkraft- und Drehmechaniken aber so, dass es sich frisch anfühlt. Wie bei manch anderem ambitionierten kleinen Rätsel-Plattformer hapert es aber an handwerklichem Feinschliff. Zu dicht platzierte Fallen, das Fehlen von Speicherpunkten und viel Trial & Error gestalten spätere Levels oft mühsam. Immer wieder saß ich fluchend vorm Rechner, weil ich einen Level Dutzende Male angehen musste oder dank der zu empfindlichen Digitalsteuerung in den Stacheln landete. Trotz vieler Frustmomente bereue ich es aber nicht, mich durch die nachdenkliche Welt geknobelt zu haben: Der Erzähler spricht mit seiner unaufdringlichen Art schließlich Themen an, die man sonst in der Hektik des Alltags gerne beiseiteschiebt.
Wertung
In Between verknüpft das ernste Thema gelungen mit Rätsel-Mechaniken, leidet aber unter mangelndem Feinschliff.
Zweiteres wäre in der Tat ziemlich absonderlich. Aber das hat ja auch nie irgendjemand zur Debatte gestellt. Auch das hier besprochene Spiel macht, so denke ich, nicht das Identifikationsangebot "Sei ein Krebspatient" (wie absurd das schon klingt!), sondern vielmehr "Lerne die Perspektive eines Krebspatienten kennen". Da ist überhaupt nichts fragwürdiges dran - eher im Gegenteil.
Find eben das geistig...
Desweiteren hast Du ja in Deinem ersten Post die Frage gestellt "Warum muss man in einem Segment, welches eigentlich dazu dienen sollte für ein paar Stunden aus dieser schlimmen Welt auszubrechen, solche Thematiken spielerisch aufgreifen?". Diese Frage ist, auch wenn Du den Wunsch äußerst dies zu verstehen, bereits nicht sehr wohlwollend formuliert. Davon, dass Spiele sowas müssen, war nämlich nirgends die Rede. Es wurde in den ersten Posts vielmehr begrüßt, dass sie sowas mittlerweile auch tun. Zudem hatten da bereits zwei Leute erklärt, dass sie diese eher schwere Thematik aufgrund ihrer jeweiligen persönlichen Biographien im Rahmen eines Spiels interessant finden. Was ist denn daran dann noch so schwer zu verstehen?
Zudem ist es tatsächlich sehr einseitig, wie Du Deine subjektive Meinung zu diesem Thema normativierst. Wer sagt denn, dass ein Spiel "eigentlich dazu dienen sollte für ein paar Stunden aus dieser schlimmen Welt auszubrechen"? Ja gut, Du vielleicht. Ist ja auch eine legitime Ansicht. Aber warum muss man die gleich so verabsolutieren, bzw. die "Normalität" von davon abweichenden Standpunkten infrage stellen? Ja meine Güte, dann gibt es halt Leute, die in Spielen (auch!) noch ganz andere Potenziale sehen, als lediglich angenehmen und erholsamen Eskapismus. Daraus ergibt sich doch überhaupt kein Problem, weder für Dich noch für besagte Leute. Ein Problem ergibt sich erst, wenn einer (und das warst in dem Fall Du) damit anfängt, zu hinterfragen inwiefern die Vorliebe des jeweils anderen noch "normal" sei.
Ich zum Beispiel verstehe den Reiz an World of Warcraft nicht, aber deshalb würde ich doch nicht Leute, die das gerne spielen, dazu auffordern die "Normalität" ihrer...
Es gehört zu unserem Leben dazu und ist auch völlig normal, dass der Mensch einen Blick, eine andere Perspektive einnehmen möchte, um bestimmte Thematiken besser verstehen zu können. Und es gibt nunmal auch Menschen, die den Blick bewusst auf für sie unangenehme Themen richten. Aus welchen Gründen das passiert, ist sogar relativ zweitrangig...
Alternativ kannst du auch versuchen, das Spiel von der anderen Perspektive, z.B. eines Entwicklers, zu sehen: Es besteht die Möglichkeit, dass das Spiel auch eine Aussage vom Entwickler ist, um mit der Thematik umgehen zu können. Sowas ist mit anderen Medien auch nicht gerade ungewöhnlich (z.B. schreiben auch viele darüber) und bei Spielen auch nicht das erste Mal, mit unangenehmen Thematiken umzugehen (siehe z.B. Papo & Yo, oder The Binding of Isaac).
Ich möchte gerne mehr dazu schreiben, vermute aber, dass ich bei dir dabei auf Taube Ohren stoße. Deine Frage ist schließlich auch bewusst provokativ formuliert ("Den Wunsch hegen" ist nicht annähernd dasselbe, wie "eine andere Perspektive einnehmen"...). Kommt offen gestanden ziemlich kalt rüber, wie du sie formulierst...