In seinem Skript werden zwar immer noch Bezüge zu den aktuellen Filmen hergestellt, so ist Groot von den Guardians of the Galaxy z.B. hier vorrangig in seiner „Baby-Form“ unterwegs, während man für Hulk auch ein Ragnarok-Outfit freispielen kann. Doch die Geschichte von Kang, dem Eroberer, dem sich u.a. die Guardians, die Inhumans, White Tiger, Iron Fist, Ms. Marvel oder She-Hulk entgegen stellen, ist mit ihrem Fokus auf eher unverbrauchte Bauklotz-Helden eine gelungene Abwechslung. Bei der Inszenierung gibt es zwar vor allem in der Anfangsphase die eine oder andere unnötige Länge, doch im Rahmen der eher ernsteren Dramaturgie wurde der alberne Humor anderer Lego-Titel durch subtilere Gags ersetzt. Wo die letzten Bauklotz-Spiele sich meist darauf verließen, Original-Akustik und –Situationen von der Lizenzvorbilder zu nehmen und sie überkandidelt zu karikieren, setzt man hier eher auf gelungenen Wortwitz. Doch natürlich kann Traveller’s Tales nicht aus seiner Haut und setzt auch immer wieder auf Situationskomik. Doch im Vergleich zu früheren Titeln gefällt mir der angenehm zurückgestufte Humor – auch wenn ich nach jahrelanger Gag-Konditionierung durch andere Lego-Spiele anfänglich irritiert war.
Große Welt und viel zu tun
Dass Traveller’s Tales in den letzten Jahren nicht nur mit den „regulären“ Lizenzspielen, sondern auch dem Toys-to-Life-Ableger Lego Dimensions beschäftigt war, merkt man Marvel Super Heroes 2 vor allem im Hinblick auf die große Hubwelt an, die sich nach wenigen Hauptmissionen öffnet und auch zig versteckte Geheimnisse bereithält. Nicht nur, dass sie mit abwechslungsreichen Aufgaben gefüllt ist, die von Hol-und-Bring-Diensten über Rennen bis hin zu anspruchsvolleren Missionen reichen, in denen man Aussagen sammeln und dann dem Auftraggeber die richtigen Antworten geben muss. Vor allem stilistisch geht man einen interessanten Weg, der von den unterschiedlichen Dimension-Erweiterungen und ihrer prägnanten visuellen Unterschiede wie z.B. Simpsons, Scooby-Doo, Powerpuff Girls usw. beeinflusst scheint. Verschiedene Welten wie Western, Ägypten, eine Noir-Großstadt (mit einem entsprechenden Spider-Man), aber auch ein Mittelalter-Areal und ein von Hydra beherrschtes Stadtzentrum locken zur Erkundung. Besonders bemerkenswert: Die Übergänge zwischen den Welten sind nahtlos und gehen Hand in Hand mit nicht nur visuellen, sondern akustischen Änderungen. Besonders auffällig ist es, wenn man in die Noir-Stadt kommt. Die Musik bekommt jazzige Untertöne, während die Farben deutlich gedämpft werden. Es hätte mich nicht überrascht, wenn der von Raymand Chandler erdachte Detektiv Phillip Marlowe oder Dashiell Hammetts Sam Spade, beide eindrucksvoll auf der Leinwand dargestellt von Humphrey Bogart, in Lego-Form um die Ecke kommen würden – allerdings gehören sie natürlich nicht zum Marvel-Universum.
Zusammen mit verbesserten Partikeleffekten, nochmals intensivierten Animationen bei den Hauptfiguren sowie einer zumeist gelungenen Kameraführung in den Zwischensequenzen wird deutlich, dass man technisch eher gewillt war, Fortschritte zu machen als inhaltlich. Denn auch wenn es neben dem Splitscreen-Koop mittlerweile die Option gibt, mit bis zu vier Spielern in speziellen Arenen gegeneinander anzutreten und dort um Farbdominanz bzw. die Unendlichkeitssteine zu kämpfen, ist dies nicht mehr als schmückendes Beiwerk. Sowohl Modi als auch Arenenzahl sind nicht variantenreich genug, um langfristig zu motivieren. Das Bedürfnis, entweder in Chronopolis alle Geheimnisse zu entschlüsseln oder in den natürlich auch im freien Modus erneut besuchbaren Story-Abschnitte alles zu finden, ist deutlich größer. Und dass, obwohl Traveller’s Tales hinsichtlich der Steuerung ungewöhnlich schludrig gearbeitet hat. Zwar sorgt die kontextsensitive Steuerung, bei der z.B. die Kreistaste je nach Situation u.a. für Aktivierungen von Sonderaktionen oder das Bauen von Lego-Elementen vorgesehen ist, dass auch Kids sich schnell mit den übersichtlichen Kontrollen anfreunden können. Allerdings sind die jeweiligen Positionen, an denen man etwas aktiviert, extrem empfindlich: Man möchte einen Schalter aktivieren oder eine andere Aktion ausführen, aber da man nur ein bis zwei Pixel von der geforderten sowie sehr unflexiblen Position entfernt ist, wird ein besonderer Angriff, ein Charakterwechsel oder eine Transformation eingeleitet. Das sorgt leider über den gesamten Spielverlauf für Unmut und kann in Bosskämpfen zu unerwünschten Bildschirmtoden führen. Dass diese keine gravierenden Konsequenzen haben, tröstet dabei nur unwesentlich.
Ich bin noch mitten in der Kampagne, aber schon jetzt kann ich sagen, dass dieser Lego-Titel für mich die Enttäuschung des Jahres darstellt. Ähnlich wie bei Lego Movie Game geht es hier hauptsächlcih um das schnelle Betätigen der X-Taste, um Horden von Gegner auszuschalten. Nach ein paar Alibi-Rätseln geht es meist um das Verkloppen von Superschurken und deren Entourage, was irgendwann langweilig wird und demotiviert. Dabei kommt es bei den unübersichtlichen Kämpfen weniger auf Geschick als vielmehr auf Geduld an. Das ist mir leider zu wenig. Die Steuertung der Figuren hat durch Mehrfachbelegung von Knöpfen auch sehr gelitten, da man in der Hitze des Gefechts oft die falsche Aktion auslöst.
Insgesamt wirkt dieser Teil speziell recht lieblos und eintönig gegenüber anderen Titeln der Serie. Es kommt mir vor, als hätte TT Games arg unter Zeitdruck gelitten. Ein unwürdiges Gemetzel.
Bleibt nur zu hoffen, dass das ein Ausrutscher bleibt. Ich werde micuh auf jeden Fall künftig besser über neue LEgo-Spiele informieren, bevor ich zuschlage.