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Lords of the Fallen(Action-Rollenspiel) – Mausgraue Mittelklasse oder Soulslike-Schwergewicht?

Als Lords of the Fallen vor fast zehn Jahren in den Ring stieg, hatte Dark Souls erst drei Jahre auf dem Buckel und das Genre des „Soulslikes“ steckte noch in den Kinderschuhen. Der damals vom deutschen Entwicklerstudio produzierte Titel trat mit großen Tretern in die Fußstapfen From Softwares und bediente sich bereitwillig an der Vorlage. Trotzdem schien es mit der Schuhgröße nicht so recht zu passen: Ein Kampfsystem, das schwerfällig wirkt, aber sich spielt, als würde man auf Seife durch die Gegend schlittern, eine langweilige und undurchdachte Riege an Bossgegnern sowie generisches Level-Design sorgten für eine sehr holprige Erfahrung. Mit mehr als drei Millionen verkauften Einheiten war Lords of the Fallen trotzdem ein kommerzieller Erfolg und daher verwundert es nicht, dass Publisher CI Games die Marke noch nicht aufgeben wollte. Entsprechend durfte sich nun das hauseigene Studio Hexworks ans (Hexen-)Werk machen und das Soulslike mit einem Reboot nochmal ins Rampenlicht stellen. Wir haben uns knapp 40 Stunden lang durch Axiom und Umbral geschnetzelt und verraten im Test, ob der zweite Versuch gelingt oder Lords of the Fallen erneut über die Genre-Stiefel stolpert.

© CI Games / Hexworks / CI Games

Lords of the Fallen: Wenn das Testen schwieriger ist als das Spiel

Selten hat mir ein Spiel beim Testen mehr Probleme bereitet als Lords of the Fallen. Nachdem ich nach Erhalt des Keys drei Stunden gespielt hatte, kam ein Update, das meinen Speicherstand umgehend zerschoss und meinen Fortschritt auf null zurücksetzte. Motiviert begann ich meine zweite Reise, die ich aber über einige Stunden lang vollkommen stumm verbringen musste: Durch einen weiteren Fehler fehlten dem Spiel die Soundeffekte, sodass meine Schwertschläge und gegnerische Angriffe geräuschlos vonstattengingen. Das Atmen und Brüllen meines Charakters war zwar noch zu hören, sollte nach einem weiteren Bosskampf aber auch verebben. Der Versuch des Einkaufs beim Shopkeepter Mohlu brachte Lords of the Fallen derweil wiederholt zum Absturz und nachdem ich von einer Klippe geschubst worden war, segelte ich wie bei einem No-Clip-Speedrun durch die Spielwelt. 

Lords of the Fallen: Alles, was ihr zum spannenden Soulslike wissen müsst

Mit Lords of the Fallen erscheint bald die Neuauflage des 2014 erschienenen Soulslikes. Was das Game zu bieten hat und ob du den Vorgänger gespielt haben solltest, verraten wir dir in diesem Video.

Ein unfreiwilliger Blick hinter die Kulissen: Mein No-Clip-Manöver ist zum Glück nur ein einziges Mal vorgekommen.

Nun sind diese Probleme mittlerweile zum Glück behoben worden, aber dem Entwicklerstudio hätte offenkundig noch ein bisschen mehr Zeit gut getan, um Lords of the Fallen auch den technischen Feinschliff zu verpassen, den es verdient. So besteht nämlich leider die Gefahr, dass sich noch weitere Fehler im Spiel verstecken, über die ich während meines Abenteuers nicht gestolpert bin. Bis zum Schluss geplagt hat mich allerdings die Bildrate, die von Anfang nicht stabil ist und unter dem ein oder anderen Stottern zu leiden hat, wenn besonders viel auf dem Bildschirm passiert oder man sich bei den Holzplanken im Hintergrund zu sehr in Details verloren hat. Leider wurde das Problem im Verlauf des Spiels nicht weniger, sondern mehr: In den späteren Gebieten hatte Lords of the Fallen mitunter Mühe, selbst im Performance-Modus noch die 30 FPS zu halten, wodurch sich das Spielen als zunehmend anstrengender und natürlich auch weniger spaßig gestaltete.

 

Wie ich mein Story-Steak mag? Kryptisch, mit einer Prise Kauderwelsch!

Wo wir die technischen Wehwehchen nun aus dem Weg haben, können wir uns der inhaltlichen Seite von Lords of the Fallen widmen, und auch hier gibt es eine Menge zu besprechen. Doch obwohl ich die Geschichte in der gerade passierten Zwischenüberschrift als Steak bezeichnet habe, dient sie eher als Vorspeise, die Appetit auf den Gameplay-Hauptgang macht. Wie es sich für ein gutes Soulslike gehört, startet Lords of the Fallen mit einer epochal inszenierten Zwischensequenz, bei der es um nicht weniger geht als den Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen den heiligen Wächtern und dem Dämonenkönig Adyr. Seine Anhänger wollen nämlich, dass der aus dem Quark kommt und wieder aufersteht, während die Beschützer von Recht und Ordnung alles dafür tun, dass Adyr in seinem Schlummer verweilt. So weit, so klassisch.

 

 

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Die Schmiedin Gerlinde ist eine von vielen Figuren, die euch kryptische Hintergrundinfos liefert und mit stimmiger Synchronisation punkten kann. In diesem Fall: Ein starker deutscher Akzent. © 4P/Screenshot

Wer über die Rahmenhandlung hinaus mehr über die Welt von Axiom erfahren möchte, lauscht dem geheimnisvollen Gehuste der Charaktere und begibt sich wie ein Historiker in das Archiv der Item-Beschreibungen. Dort sind zusätzliche Infos zu tragischen Geschichten von Bossgegnern, Pilgern und Königen zu finden – zumindest, wenn eure Strahlen- und Inferno-Attribute hoch genug sind. Wer also nur Punkte in Stärke, Agilität oder Vitalität steckt, dem bleibt ein Blick hinter die Story-Kulissen verwehrt. Eine fragwürdige und bedauerliche Entscheidung, schließlich möchte ich nicht wertvoll verdiente Level für Werte ausgeben, die meinem Build nicht helfen, nur um ein paar möglicherweise spannende Info-Happen aufzuschnappen. Vorwissen vom 2014er Original ist übrigens nicht notwendig: Die Story des Reboots baut nicht auf der vom ursprünglichen Spiel auf, sondern umfasst die gleichen Kernelemente wie Adyr und die heiligen Wächter, wurde aber etwas abgewandelt.

 

 

Ein Kampfsystem auf Kufen

Die Story sieht sich in Lords of the Fallen also Genre-typisch als schmückendes Beiwerk, das jeder abhängig vom entsprechenden Lore-Hunger in kleineren oder größeren Dosen genießen kann, um sich sonst ganz aufs Gameplay zu konzentrieren. Das besteht, wie sollte es anders sein, aus Kämpfen, Erkunden, Kämpfen, Bossen (wo auch gekämpft wird), und noch mehr Kämpfen. Damit das funktioniert, braucht es gutes Trefferfeedback, ein geschmeidiges Schwinggefühl mit Gewicht, verschiedene Waffen mit abwechslungsreichen Movesets und eine gewisse Kompromisslosigkeit, denn jeder Knopfdruck bedeutet eine Animation, die nicht abgebrochen werden kann. Lords of the Fallen erfüllt einen Teil dieser Punkte, aber bedauerlicherweise längst nicht alle und liefert beim Kampfsystem deshalb eine sehr durchwachsene Erfahrung.

 

 

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Wenn euch das Kampfsystem mal auf die Palme bringt, solltet ihr in der Himmelsrastbrücke eine Pause einlegen und den dort zusammengerollten Hund streicheln. Balsam für die Seele! © 4P/Screenshot

Der größte Schwachpunkt ist dabei klar das Gefühl beim Kämpfen selbst: Obwohl ich mit einem Großschwert zuschlage, befördert mich jeder Schwung fünf Meter nach vorne, als würde ich auf Schlittschuhen über eine Eisbahn schlittern. Mein Charakter dreht Pirouetten, besitzt augenscheinlich kein Eigengewicht und befördert sich so gerne mal von Klippen oder in eine Gegnergruppe hinein. Das gemischte Trefferfeedback hilft ebenfalls wenig: Gegen Soras Schlüsselschwert aus Kingdom Hearts hat Lords of the Fallen zwar eine ganze Menge mehr Wucht, richtig rund fühlt sich das Aufprallen meiner Waffe besonders bei großen Gegnern, die Treffer mitunter beiseite wischen wie eine lästige Fliege, aber nicht an. Auch auf die Kamera ist nicht immer Verlass: Vor allem flinke Bosse führen anvisiert schon mal zu wilden Drehungen oder unvorteilhaften Perspektiven, bei der die nächste Wand oder eine zerbrochene Säule das Sichtfeld blockiert. Wenn dann noch Giftwolken und Feuerexplosionen den Bildschirm zukleistern, fällt es schwer, den Überblick zu behalten.

 

 

Das sind Fehler, die bereits Deck13 2014 beim Vorgänger gemacht hat, auch wenn sich das Lords of the Fallen-Reboot immer noch eine ganze Ecke flüssiger und angenehmer spielt als das Original. Der Umstand ist vor allem der erwähnten Kompromisslosigkeit bei den Animationen zu verdanken: Schläge können nicht einfach abgebrochen werden und ein betätigter Knopf bedeutet ein ausgeführtes Manöver ohne Widersprüche, wobei sich wiederholtes Drücken gemerkt und entsprechend in die Tat umgesetzt wird – mit Buttonmashing kommt ihr hier also nicht besonders weit, und das ist für das Spielgefühl wirklich enorm wichtig. Apropos Spielgefühl: Weil das Rollenspiel euch mit verschiedenen Waffen geradezu überschüttet und die mit Langschwertern, Großäxten, Fäusten und Schilden allesamt unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten bieten, könnt ihr euch als Ritter, Kriegsmönch oder flinker Meuchelmörder immer wieder neu erfinden. Und mit Armbrüsten, Bögen und Zaubern kommen auch Fernkämpfer auf ihre Kosten.

Schwerter, Äxte, Armbrüste: Wer gerne neue Ausrüstung ausprobiert, hat in Lords of the Fallen die Qual der Wahl. Steine zum Upgraden gibt es für frühe Stufen im Überfluss, die für spätere sind deutlich seltener.

Das Kampfsystem von Lords of the Fallen braucht vor allem eins: Viel Gewöhnung. Nachdem ich anfing, die Hechtsprünge des eigenen Charakters mit einzukalkulieren und zwischendurch auch mal das Anvisieren abzuschalten, um die Kamera unter Kontrolle zu bekommen, hatte ich nach ein paar Spielstunden zumindest eine deutlich bessere Zeit als zu Beginn. Beim Kampfsystem gliedert sich das Spiel im Vergleich zu anderen Soulslikes deshalb irgendwo im Mittelfeld an. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger erfüllt es seinen Job halbwegs kompetent, geht aber nicht reibungslos genug über die Bühne, um auch nur ansatzweise an spielerische Speerspitzen wie Dark Souls 3, Bloodborne oder wenigstens das jüngst erschienene Lies of P heranzureichen.

  1. Jau, das ist halt in der Tat ziemlich peinlich. Übrigens genau wie das Voice-Acting im jüngst gespielten Elex, das echt über den ganzen Platz verteilt ist. Aber ich schweife ab ...

  2. LeKwas hat geschrieben: 04.02.2024 15:22 Der ist ein peinliches antiklimatisches Desaster
    Da du das jetzt zum zweiten Mal schreibst, mein innerer Grammar-Nazi ganz aufgeregt auf und ab hüpft und ich dich nicht dumm sterben lassen will, zumal ich eh der Meinung bin, dass man am besten lernt, wenn man korrigiert wird ...
    Es heißt NICHT ANTIKLIMATISCH, es sei denn du willst vielleicht sagen, dass die Viecher beim Zuhauen oder Sterben zu viel CO2 ausstoßen.
    Es heißt: ANTIKLIMAKTISCH. Kommt von Klimax, wie man sich wahrscheinlich denken kann.
    So, ich hoffe ich konnte bei diesem kleinen Malheur aushelfen. :slight_smile:

  3. Ein paar Eindrücke hab ich im VDST schon gepostet, ich schließ es hier mal mit nem kleinen Fazit ab. Würd Lords of the Fallen insgesamt wohl iwas um die 6 / 10 geben. Falls einige Probleme noch gepatcht werden sollten in Zukunft, könnt man auch auf 7 / 10 hochgehen.
    Auf der Pro Seite:
    - Grafik, Atmosphäre, Artstyle: Das ist 1A, außerhalb vom Umbra jedenfalls, dort sinkt der Eindruck etwas. In Previews wurde das Teil oft ein Dark Souls 3 Klon genannt, nun ja, es gibt viele unübersehbare Parallelen, aber auch ein paar eigene Akzente. Diese Büßergewänder mit Dornenkränzen und Spitzhüten und -helmen erinnern stark an Blasphemous, was nicht von ungefähr kommt, an beiden Spielen haben auch spanische Artdesigner gearbeitet, die Referenzen an diese spanischen Büßergewänder und Sanbenitos zu Zeiten der Inquisition einbauten.
    Die Heiligen Homies sehen auch sehr viel interessanter aus als die Dämonen, letztere wirken im Vergleich etwas generisch.
    - Audio- und Sounddesign: Das ist auch echt gut, sei es Waffensounds wie auch Umgebung. Manchmal aber kommt es dazu, dass ein Bug Umgebungsgeräusche teilweise verstummen lässt.
    Die Musikbegleitung ist ok, aber auch eher so generische Fanatsymucke, die sich nicht im Gedächtnis verankert.
    - Vernetztes Welt- und Leveldesign: Fand ich auch gut, man schaltet immer wieder Abkürzungen frei, landet an bekannten Stellen und Umbralaternen zum Heilen. Man kann auch diese Umbrasetzlinge als temporäre Leuchtfeuer setzen, ist dafür jedoch auf eine begrenzte Ressource angewiesen, muss sich also immer wieder überlegen, wo man diese setzt, oder wo man mehr riskieren möchte.
    - Synchronsprecher: Die sind gut (wenn auch nur in Englisch). Wer auch immer z.B. diese sich selbst geißelnde rumbrüllende Aggro-Schwester mit der Blechdose aufm Kopp vertont hat, ich hätt die gerne bei dem nächsten Warhammer Game dabei.
    - Schwäche, temporäres Leben: Ist ne interessante Mechanik, die teilweise an Bloodborne angelehnt ist, beim Blocken oder Parieren oder wenn man...

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