Wer Pixel-Artdesign à la Kingdom mag, wird sich trotz der Blutlachen und Knochenhaufen schnell in dieser Lovecraft’schen Welt wohlfühlen: Egal ob Herrenhaus, Hospital oder Friedhof – Interieur und Licht, Apparaturen und Gemälde sorgen für gediegene Atmosphäre und es gibt liebevolle Details wie etwa die Spiegelungen unter dem Helden bei polierten Fliesen. Zu Beginn kann man lediglich mit dem Detektiv durch die spärlich beleuchteten Flure und Hallen stromern, die jedesmal neu erstellt werden. Später kommen mit dem Professor, der Hexe, dem Dieb sowie dem Ghoul vier Charaktere mit exklusiven Fähigkeiten hinzu.
Aber der Mann mit dem Hut hat auch schon einiges auf dem Kasten: Während man ihn in der Draufsicht mit dem linken Analogstick bewegt, kann man mit dem rechten Stick die Schrotflinte in diese Richtung abfeuern – die hat zwar zunächst nur zwei Schuss, aber eine breite Streuung sowie eine leichte Mannstoppwirkung. Auf jeden Fall ist sie besser gegen die aus dunklen Ecken herbei huschenden Kultisten geeignet als das alternative Messer.
Außerdem kann man Dynamit & Co werfen, um auch größere Hindernisse zu zerstören oder mit einer Hechtrolle über Fallen springen – aber Vorsicht: Das kostet ebenso Ausdauer wie das Zuschlagen. Zwar sind die Schussgefechte im Vergleich zum stylischen The Hong Kong Massacre oder auch Enter the Gungeon spröder, manchmal etwas unübersichtlich und einige Animationen wirken zu steif. Aber die Gefechte sorgen durchaus für explosiven Spaß – zumal mit jedem neuen Charakter ein etwas anderer Stil möglich ist. Außerdem gefallen
Kreaturen- sowie Artdesign von den Portraits bis in die Menüs. Man trifft einfach den stilistischen Ton, der für diese Welt so wichtig ist.
Run&Gun gibt es reichlich, aber es ist nicht der zentrale Aspekt. Das Besondere am Spielrhythmus sind die Wechsel zwischen Action und Ruhe: Man wird nicht in jedem Raum angegriffen, sondern kann einige ohne Hektik erkunden. So findet man in Schränken, Tischen & Co neben Schätzen oder Wissen auch wichtige Heilmittel, Puzzleteile oder Schlüssel diverser Art. Dabei ist nicht alles offensichtlich: Manchmal muss man erst etwas zerstören oder freischalten. Manchmal muss man in Nebenräumen mehrere Hebel bedienen, um Verankerungen in einem Saal zu lösen. Sehr gut gefallen hat mir, dass man Händler erst findet, wenn man den Geheimgang an einer Wand entdeckt, indem man es ohne visuelle Hinweise einfach über einen Klick ausprobiert. Weniger gut gefällt, dass es bei einem Dialog bzw. Menüaufenthalt manchmal keine automatische Pause gibt, so dass man weiter angegriffen wird. Oder dass auf Switch die Touch-Steuerung nicht unterstützt wird.
Im Angesicht des Wahnsinns
Zwar gibt es keine entwickelbaren Werte wie Stärke, Charisma & Co, aber für etwas Rollenspielflair sorgt neben dem begrenzten Inventar die Ausrüstung von Kopf bis Fuß, meist über Artefakte wie etwas Bown Jenkins‘ Kralle, mit der man den Helden auch permament stärken bzw. gegen bestimmten Schaden besser schützen kann. Auch außerhalb der Kämpfe
werden die exklusiven Fähigkeiten spürbar: Nur der Detektiv kann spezielle Artefakte oder z.B. die Asche eines Feuers untersuchen und dabei Hinweise finden. Und die sind wichtig, denn neben den Dollars ist das „Wissen“ die zweite Währung. Immer, wenn man etwas in der Spielwelt herausfindet oder wenn man Bücher beim Händler verkauft, steigt es an.
Man kann dafür wieder etwas einkaufen, aber wappnet sich so auch gegen den Horror der fünf Großen Alten, darunter natürlich Cthulhu, Dagon und Azatoth, sonst wird man bei ihrem Anblick umgehend wahnsinnig. Wieviel Wissen man genau dafür braucht, wird allerdings nicht ganz klar.
Der Geisteszustand des Helden kann aber auch abnehmen, wenn er das Falsche tut: Es gibt einige interessante Multiple-Choice-Situationen, in denen man gefragt wird, ob man sich diese Statue, jene Pflanze oder jenes Buch genauer ansehen will. Zwar kann man so auch geheilt werden oder Hinweise bekommen, aber manchmal packt einen auch das Grauen, dargestellt von lila Tentakeln, die plötzlich das Portrait befallen – dagegen hilft dann u.a. Schokolade. Leider wirkt sich dieser Wahnsinn spielerisch nicht aus – da haben die Entwickler einiges an verstörendem Potenzial liegen lassen; ich sage nur Eternal Darkness. Dafür sorgen Blutungen und Gifte umgehend für fortlaufenden Schaden, so dass man mit Verbänden bzw. Serum reagieren muss. Auch Strom und Säure spielt eine Rolle, so dass man immer wieder seine defensive oder Ausrüstung anpassen muss.
Hat man den ersten kleineren Boss „Star Spawn“ besiegt, wobei man in typischer Arcade-Manier seinen Salven clever
ausweichen und schießen muss, schaltet man das Hauptquartier frei – und das haben die Entwickler stimmungsvoll inszeniert. Plötzlich gehen Maschinen und Lichter an, Skultpturen ragen vor aus dem Boden und es ergeben sich neue Möglichkeiten. Hier hat man nicht nur Zugriff auf ein universelles Lager und bekommt endlich konkretere Hinweise, wie viel Prozent an Wissen man über die Großen Alten gesammelt hat, sondern kann auch speichern und sich in Areale teleportieren.
Für Übersicht sorgt eine automatisch aktualisierte und zoombare Karte, die nützliche Hinweise bietet. Sehr schön ist auch, dass mit bekannten Begriffen wie „Innsmouth“, „Brown Jenkins“ oder dem „König in Gelb“ auch viele Hintergründe aus der Welt von H.P. Lovecraft eingeflochten werden. Trotz prozedural erstellter Level und nur einem Leben ist dieses Lovecraft’s Untold Stories wesentlich verzeihlicher als etwa Darkest Dungeon oder Enter the Gungeon und deutlich leichter als klassische Twinstick-Shooter, zumal es drei Schwierigkeitsgrade gibt und man jederzeit in sein Hauptquartier gelangen kann.
Falls ihr euch für H.P. Lovecraft (1890 – 1937) interessiert, hätten wir noch ein historisches Special im Angebot, das sich mit der interessanten Biographie des Amerikaners beschäftigt. Dabei geht es in erster Linie um die Kindheit und die Entwicklung des Schriftstellers, der das Genre des „Supernatural Horror“ prägte und einen bis heute populären Mythos mit seinen Großen Alten begründete – mehr dazu hier im Video: Einführung in die Geschichte von H.P. Lovecraft.
Schönes Spiel, mir gefällts, kann dem Test nur zustimmen. Möchte ja gerne alle Charaktere freischalten und die doch spannende, düstere Story beenden, doch scheint dies auch recht aufwendig. Schon der mittlere Schwierigkeitsgrad ist dank vereinzelt teils zu enger Level mit zu vielen Gegnern und dadurch wenig Übersicht schon recht happig. Reiz ist aber immer wieder da, sich durchzukämpfen.
Bin bei nun rund 15h Spielzeit und erst vor kurzem mit dem Prof. angefangen. Aber auch oft neu angefangen, allein um mehr hinter das Spiel zu blicken. Hier wird nämlich fast nichts erklärt.
Eventuell stelle ich mal auf Leicht um, um etwas schneller vorwärts zu kommen.
PS. Der Parasit raubt mir auch gerne immer wieder den letzten Nerv.
Irgendwie rollen sich bei mir immer wieder die Fußnägel hoch, wenn Spiele im Retrolook bei 4Players getestet werden. Gefühlt schneiden mir die Spiele hier meistens zu gut ab.
Das Wort das Sie suchen lautet
repetitiv
Aber das ist, fairerweise gesagt, eine Grundvoraussetzung von Roguelites. Normalerweise würzen die Spiele weitere Durchgänge auf, indem man Dinge freischalten kann o.ä. - aber bei LUS scheint das einzige zum Freischalten neue Charaktere zu sein. Und die scheinen mir nicht wirklich ausbalanciert zu sein. Mit dem Profressor töte ich mich z.B. mehr selbst.
Aber grindy hat es sich nicht angefühlt.