Kurztrips und Kaugummi
Im Rahmen des Insel-Hoppings reisen Mario und Luigi nicht nur zu neuen Orten, denn bereits besuchte warten regelmäßig mit frischen Nebenmissionen auf oder müssen im Rahmen der Story nochmal angeschifft werden. Eine goldene Röhre erlaubt die sofortige Schnellreise und macht das Backtracking eine ganze Ecke angenehmer als im jüngst neuaufgelegten erschienenen Paper Mario: Die Legende vom Äonentor – dank vieler und nicht immer kurzer Ladebildschirme ist das aber ebenfalls nicht förderlich für das Spieltempo.
Und dann zieht sich Mario & Luigi: Brothership am Ende leider noch mal wie Kaugummi: Als ich das Gefühl hatte, nun das große Finale zu erleben und kurz vor den Credits zu stehen, folgten noch viel zu viele Stunden, die zu nicht unwesentlichen Teilen erneut aus jeder Menge Laufarbeit bestanden und das Spiel unnötig in die Länge streckten. So stolpert eine eigentlich nette Geschichte über Freundschaft und Verbundenheit wiederholt über Hindernisse und Brothership endet, wie es beginnt: Mit Pacing-Problemen.
So viel Charme im kleinen Finger
Seid ihr bis hierhin gekommen, denkt ihr vermutlich: Wow, Mario & Luigi: Brothership klingt furchtbar, das hätte sich Nintendo besser sparen können. Doch ihr liegt falsch. Denn abseits der holprigen Story macht das Abenteuer fast alles richtig und zeigt die beiden schnauzbärtigen Sprungakrobaten in Höchstform. Das fängt bereits bei dem klassischen Nintendo-Charme an, den sowohl die wahnsinnig knuffigen Bewohner*innen von Konektania als auch die herzlichen und humorvollen Dialoge versprühen.
Auch Mario und Luigi selbst wissen zu beeindrucken: Die Klempner wippen im Kampf fleißig mit, vollführen Kunststücke bei den Sprungangriffen, mit denen sie auch im Zirkus auftreten könnten oder stolpern tollpatschig die Klippe hinunter. Ihre Bewegungen sind herrlich flüssig und gleichzeitig unglaublich ausdrucksstark, was ihnen Charakter verleiht und sie lebendig wirken lässt – genau wie zuletzt in Super Mario Bros. Wonder. Trotz fehlender Sprachausgabe wissen sich die beiden mit dem bekannten Kauderwelsch zu verständigen, während andere Charaktere blubbern wie in Animal Crossing.
Und dann wären da noch die chaotisch-cleveren Luigideen: Dass der in Grün gehüllte Lulatsch der smartere der beiden Klempnerbrüder ist, wusste ich ja schon länger; aber die kreativen Einfälle, die in regelmäßigen Abständen seine Birne zum Glühen bringen, sind eine wahre Wonne und nicht nur in den Kämpfen überaus hilfreich. Immer wieder nutzt Luigi die Umgebung, um Feinden verheerenden Schaden zuzufügen oder findet Lösungen, um Hindernisse zu umgehen oder aus dem Weg zu räumen. Noch dazu passt diese Mechanik perfekt zu dem Charakter Luigis, der ja schon in seinen Geisterbahn-Ausflügen die Erfindungen von Professor I. Gidd bewunderte.
Ein Themenpark der guten Laune
Konektania erblüht aber nicht nur in Form seiner Bevölkerung, sondern auch in Sachen Landschaft: Dank seiner zuckersüßen und farbenfrohen Inseln will ich wirklich jede Ecke erkunden, nach Fragezeichenblöcken suchen und Blumen, Lavaströme und Sanddünen bewundern. Aufgrund dessen bereitet die Suche nach Geheimnissen, die in einem angenehmen, aber nicht überfordernden Rahmen in der Spielwelt versteckt sind, viel Spaß und bleibt motivierend. Gleiches gilt für die seichten, aber nichtsdestotrotz befriedigenden Rätsel, die mich gut bei der Stange halten konnten.
Trotz der knalligen Optik ist Mario & Luigi: Brothership allerdings keine Offensive auf mein Sehvermögen und weiß, wann es den Freizeitpark-Regler ein wenig runterdrehen muss. Entsprechend ist die Fiesling-Festung mit dunklen Drähten und gruseligen Gängen angemessen bedrohlich und auch Bowsers Rückzugsort passt hervorragend zum Gemüt der stacheligen Unzufriedenheit. Entsprechend wurde mir schon fast ein wenig mulmig, wenn Mario und Luigi getrennt wurden und an verschiedenen Orten Puzzle abschließen mussten – eine gelungene Gameplay-Mechanik, die leider viel zu selten vorkommt.
Tonal vollführt das Spiel eine stimmige Gratwanderung und serviert seine Themen kindgerecht und mit einer Prise Klamauk, ohne ins Lächerliche abzudriften. Besonders Stekdov und seine Ausfall-Brigade bilden hier einen gelungenen Kontrast: Weil sich der Oberbösewicht partout keine Namen merken kann, wird er von seinen geschwätzigen Lakaien immer wieder korrigiert. Die hier entstehende, durchaus unterhaltsame Dynamik erinnert beinahe an die japanische Stand-Up-Comedy-Formel Manzai.