Täglich grüßt der Tartarus
So weit, so gewohnt – selbst für diejenigen, die mit Persona 5 ihren ersten Berührungspunkt mit der Reihe hatten. Einer der größten Unterschiede findet sich allerdings im Dungeon-Konzept, denn die auf die Antagonisten zugeschnittenen Paläste mit festen Layouts, Rätseln und Geschichten waren 2008 beim Release von Persona 3 noch ferne Zukunftsmusik. Das hat sich auch in Reload nicht geändert; auf Schattenjagd geht ihr fast ausschließlich im sogenannten Tartarus: Ein riesiger Turm mit Stockwerken im dreistelligen Bereich, der sich bei jedem Besuch zufallsbasiert verändert und sich für Neueinsteiger am besten mit Mementos aus P5 vergleichen lässt. Jeden Abend stehe ich vor der Entscheidung, ob ich einer der zuvor aufgezählten Aktivitäten fröne oder mich auf Erkundungstour in den Tartarus begebe.
Unterteilt ist das Bauwerk in verschiedene Ebenen, die wiederum mehrere Etagen umfassen: Kommt der erste Bereich noch auf rund 20, sind es bei dem zweiten bereits satte 40. Zwischen düsteren Schulkorridoren, H.R. Giger-artigen Alien-Gängen und riesigen Fabrikhallen wird hier zumindest optisch für ein bisschen Abwechslung gesorgt, während man musikalisch und inhaltlich leider das stets gleiche Programm abspult: Umherirrende Schatten wollen attackiert werden, um sie in rundenbasierte Kämpfe zu verwickeln; Kristallstatuen zerstört und Schatztruhen geöffnet, um wertvolle Gegenstände zu erhalten. Der Gameplay-Loop im Tartarus bleibt auch über mehr als 100 Stockwerke hinweg größtenteils der gleiche und wird nur gelegentlich durch minimale neue Features aufgelockert.
Alle paar Etagen erwartet euch ein kleiner Bosskampf, bei dem das Ausnutzen von Schwächen elementar wird – oder gar nichts bringt, wenn der Gegner keine hat. Dann hilft nur das Senken der gegnerischen Statuswerte, ihn mit Effekten wie Schock, Frost oder Angst zu belegen und das eigene Team mit Buffs zu stärken. Auch auf der normalen Schwierigkeitsstufe muss hier geschickt geplant werden: Wer mit unterlevelten Personas oder ohne Strategie in die Kämpfe geht, dürfte bald wieder am Fuße des Tartarus ausgespuckt werden. Solltet ihr nach mehr oder weniger Herausforderung dürsten, könnt ihr zwischen vier der fünf Schwierigkeitsgrade jederzeit hin- und herwechseln; nur der härteste fesselt euch an eure anfängliche Entscheidung.
Weitere Herausforderungen bieten die Monad-Türen, hinter denen euch besonders starke Schatten, aber eben auch besonders wertvolle Schätze erwarten, und später wollen dann sogar noch verirrte Passanten aus den Tiefen des Tartarus gerettet werden. So entfaltet der Turm einen Sog, der mich bis zuletzt bei der Stange gehalten hat – ja, ich wollte sogar immer noch mehr davon und begab mich bei jeder Gelegenheit auf Schattenjagd. Ich fieberte den Bosskämpfen entgegen und genoss den Fluss des Kampfsystems, der dank der verschiedenen Mechaniken und gelungener Menüführung geschmeidig von der Hand geht und trotz rundenbasiertem Grundgerüst echtes Tempo entwickelt, wenn man seine Teamaufstellung und Persona-Fähigkeiten erst einmal verinnerlicht hat.
Zug um Zug zum Sieg
Um zu verstehen, was das Kampfsystem so gut macht, braucht es natürlich erst einmal einen Abriss, wie es funktioniert. Die erfreulichste Nachricht: Auch wer bislang nur Persona 5 gespielt hat, muss sich lediglich auf winzige Änderungen einstellen, denn die Basis ist ohnehin die gleiche und einige der vorherigen Unterschiede wurden durch leichte Anpassungen beinahe vollständig aufgehoben. Anstatt der Aufteilung in physischen Nah- und Fernkampfschaden bedient sich Persona 3 Reload einem Dreieck, das in Hieb, Schlag und Durchbohren eingeteilt wird; die magischen Eigenschaften sind die gleichen, nur dass Psychokinesis und Nuklear fehlen. Neu sind die mächtigen Theurgie-Angriffe, doch dazu später mehr.
Solltet ihr noch gar keine Berührungspunkte mit der Reihe gehabt haben, folgt hier aber noch einmal eine vollständige Erklärung: Euer Team besteht aus vier Mitgliedern, wobei der Protagonist immer dabei sein muss und ihr die anderen drei Charaktere nach Belieben aus dem Pool an Möglichkeiten wählt. Während ihr auf eine Reihe an Personas mit mehreren Fähigkeiten zugreifen könnt, bedienen sich Junpei, Yukari und der Rest der SEES nur einer einzigen, die sich auf einige wenige Attacken spezialisiert haben. Einen kostenlosen Standardangriff, dessen Schadenstypus sich nach der Waffe des Charakters richtet, besitzen alle; die Skills kosten SP oder Lebenspunkte, falls es sich um physische Manöver handelt.
Zug um Zug heißt es nun, die Schwächen der Gegner herauszufinden und entsprechend zu agieren: Greift ein Schatten mit Eisattacken an, ist häufig Feuer effektiv, Nutzer von Blitzangriffen neigen dazu, von Wind umgepustet zu werden. Später ist diese Taktik nicht mehr auf alle Feinde anwendbar und wenn ihr nicht blind drauf los feuern wollt, bleibt, sobald ihr diese freigeschaltet habt, nur der Griff zur Analyse-Fähigkeit eurer Navigatorin – die ist in Persona 3 Reload übrigens nicht ganz so passiv wie in den beiden Nachfolgern, sondern kann bewusst eingesetzt werden, beispielsweise um Unterstützung im Kampf zu leisten oder euch vor Schatten unsichtbar zu machen. Definitiv eine gute Entscheidung, damit ihr eine aktivere Rolle im Team zukommt.
Ok verstehe, so gut hatte ich das nicht mehr in Erinnerung. Und ich muss ja gestehen, ich fand bei P3P damals sogar richtig gut, dass man nicht rumgelaufen ist sondern nur einzelne Orte hatte auf denen man dann Dinge anklicken konnte. Denn im Prinzip machte es das nur kompakter und das essenzielle war enthalten mit den Dialogen.
Da kann man sich wieder schön drum streiten. Für mich geht das über ein Remaster hinaus, weil sich der ganze Grafikstil verändert hat und es auch Anpassungen am Gameplay gibt. Ein Remaster ist für mich eigentlich nur ein hochskalieren der Auflösung und laufbar machen auf aktuellen Systemen.Das Spiel kann noch so gut sein, es ist und bleibt "nur" ein Remaster. Und 70€ empfinde ich dafür als way too much. Für 50 würde ich evtl. zuschlagen. Aber AAA Vollpreis? Ne lass mal.
Ich hätte gehofft, dass Atlus die Tartaros-Level etwas aufbessert.
Bei P5 hab ich mich auf jeden neuen Palast gefreut, um zu sehen welches Setting der hat und welche Story er erzählt. Bei Persona 4 (das ich erst nach Persona 5 gespielt habe) hat das durchqueren der Dungeons weit weniger Spaß gemacht.
Anstatt ein Stockwerk mit zufälligem Layout, in dem 8 Gegner auftauchen, hätten die auch ein schöner designtes Level mit ein paar Rätseln und Gruppeninteraktionen designen können, in dem halt 8 Gegner patrollieren.
Trotzdem werde ich mir das Remake hier irgendwann mal kaufen. Persona 5 gehört zu meinen Lieblingsspielen und auch Persona 4 hat mich trotz seines Alters erst neulich echt sehr gut unterhalten. Eine aufgehübschte Fassung von P3, dessen Original auch schon lange vergriffen ist und gebraucht zu Mondpreisen angeboten wurde, kommt mir da wie gerufen
Daher auch der ein oder andere Vergleich zu Persona 5 im Test. Ich glaube nämlich ebenfalls, dass viele nach P5 nun Interesse an P3R haben könnten und da dürfte der ein oder andere Anhaltspunkt nicht verkehrt sein. Gilt für mich in gewisser Hinsicht ja auch: Ich habe damals mit Persona 5 angefangen, dann Royal gespielt und dann Persona 4 Golden, bin also quasi rückwärts vorgegangen, nur dass ich mit P3R die aktualisierte Version statt der klassischen erlebt habe.