Müssen Simulationen immer so billig wirken? Gibt es da irgendwo ein ungeschriebenes Gesetz, an das sich die Entwickler halten,
Zahlenorgie in blaugrün. Wer das sieht, wundert sich nicht, dass sich niemand für Finanzpolitik interessiert. |
wonach eine Simulation langweilig aussehen muss? Auch dieser von Eversim zusammen geschustrte Politik Simulator bildet da leider keine Ausnahme, denn trotz alles Farbeinsatzes ist er alles andere als ein strahlendes Beispiel für eine edle Präsentation. Im Gegenteil: Schon dem Artdesign entströmt dröge Langeweile.
Zwar kann man hier Bundeskanzlerin, iranischer Staatschef oder amerikanischer Präsident sein, aber das ist in etwa so prickelnd wie zuletzt beim St. Pauli Manager einen Puff zu managen. Zumal der noch leidlich witzig war, was der politischen Simulation völlig fehlt. Das unübersichtliche Strategiespiel könnte auch als Tabellenkalkulation durchgehen. Daran ändert auch die Weltkarte nichts, bei der man zwar ganz runter scrollen kann, aber eigentlich nichts Wichtiges findet.
Zwei Spielmodi werden angeboten, die einen ähnlichen Ablauf bieten: Im ersten regiert man in Echtzeit ein Land seiner Wahl, wobei alle aktuellen Staaten vertreten sind – auch territoriale Zwerge wie Luxemburg. Im anderen Modus geht’s darum, der mächtigste Staatenlenker der Erde zu werden, wobei nicht nur die eigene Beliebtheit zählt, die man in einer Liste nachvollziehen kann. Allerdings ist nicht immer ganz klar, warum nun der eine oder andere der 15 Herren nach oben gerutscht ist. Seltsamerweise ist dort Venezuelas Hugo Chavez ganz oben zu finden, der allerdings wie alle Politiker im Spiel anders heißt. Originalnamen sucht man vergebens, obgleich die Akteure durchaus die Gesichtszüge ihrer realen Vorbilder tragen.
Aktueller Ansatz
Der größte Pluspunkt des Spiels ist,
Themen wie Gesundheit, Umwelt oder Soziales kommen immer gut. Allerdings kosten die was, was wiederum nicht so zieht. |
die aktuelle Weltpolitik im Groben und Ganzen darzustellen, wobei wichtige Probleme vorkommen. Die meisten spielbaren Länder sind heillos überschuldet, es geht um die Einführung des Mindestlohns oder die Vermögenssteuer zur Kontrolle der Finanzmärkte. All das lässt sich auch durch Gesetze regeln, deren Einführung nicht immer reibungslos läuft. Je nach Staatsform muss eine Vorlage erst das Parlament passieren, wofür man wie in Deutschland eine Mehrheit braucht. Man muss die Führer der jeweiligen Fraktion vorladen, um sie auf seine Seite zu ziehen. Das kann auch mit Bestechung geschehen, wobei es keine Garantie gibt, dass es klappt. Missverhalten kann leicht zum Fall eines Politikers führen, da die Umfragewerte sinken und man zum Rücktritt aufgefordert wird.
Wenn man eine Verbesserung erreicht hat, läuft es nicht immer wie gedacht: Es kommt zu Demonstrationen, die man ignorieren oder mit Polizeiknüppeln bekämpfen kann. Die Öffentlichkeit reagiert außergewöhnlich hektisch, so dass man nicht immer nachvollziehen kann, warum nun der Ausnahmezustand ausgerufen wurde. Nicht nachzuvollziehen ist, dass es in einer Diktatur wie Nordkorea zu Demonstrationen kommt. Nordkorea ist vermutlich der einzige Staat, in dem es seit Bestehen noch keine Demonstration von Regimegegnern gab. Zumal die Abschaffung der Todesstrafe kein solch brisantes Vorhaben scheint, das die harschen Reaktionen erklären würde. Hier zeigt sich einmal mehr, dass sich die Länder nicht so unterscheiden, wie man es dem Namen nach vermuten könnte. Alle regieren sich im Spiel letztlich ähnlich.
Mal so nebenbei:
Es wäre falsch, den "Politik-Simulator 2" jetzt in einen Topf mit den ganzen Alltagssimulationen und deren Boom zu werfen, denn der erste Teil ist, wie die Vorschau zeigt, schon knapp 2 Jahre alt, also lange vor diesem Simulationsboom.
Im englischsprachigen Raum heißt der erste Teil übrigens "GPS" (Geo-political simulator), es gab auch einen speziell auf die BRD abgestimmten Ableger mit dem Titel "Bundeskanzler 2009-2013".
Traurigerweise sind diese Simulationen meist schlechte Spiele und vielleicht auch ebenso schlechte Simulationen. Da müsste ich mir die Mechanismen mal genauer anschauen und analysieren und sind wenig hilfreich dabei, vielen Leuten politisches Handeln näherzubringen.
Populistische Vorurteile wie "Die sind eh alle korrupt" oder Verschwörungstheorien ala "RFID unter die Haut/New World Order" helfen dazu aber noch weniger.
Oder man schaut sich einmal Democracy 2 an. Oder wenn man noch härter drauf ist, die DOS Uralt-Klitsche Hidden Agenda. So wirds gemacht! :wink:
Also das Spiel mag ja ziemlicher Mist sein, aber deswegen keinen Bock haben, den Test mal anständig quer zu lesen, ist Mist. So viele Rechtschreibfehler kommen selbst bei 4players nur selten vor.
Naja ansonsten halt Simulation as usual. Tante Emma und Opa Horst werden sich sicher freuen, ihren Enkeln und Neffen mal ein Spiel mit pädagogisch wertvollen Inhalt schenken zu können. Der Rest spielt Civilization und Hearts of Iron.
So wie's scheint bleibt "1990" (vielleicht neben Caribbean Disaster; okay, dann kann man auch noch Tropico mit reinnehmen) die einzig wahre Politiksimulation *g*