Im Idealfall läuft es dann so: Das entsprechende Spiel wird erkannt und anschließend erfolgreich mit der riesigen Datenbank abgeglichen, die zwar selbst für Exoten wie Autobahn Raser 2 einen passenden Eintrag hat, aber z.B. kein Ridge Racer kennt. Insgesamt wurden zwar die meisten getesteten Retro-Spiele in der Datenbank gefunden, doch gibt es trotzdem noch die eine oder andere Lücke. Das ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil man neben dem Blick auf englische Infotexte und Cover-Grafiken erst dann moderne Komfortfunktionen nutzen darf, wenn das eingelegte Spiel in besagter Datenbank geführt wird – allen voran das Speichern von Spielständen zu jedem Zeitpunkt, das Anfertigen von Screenshots und zusätzliche Controller-Features wie Turbofeuer. Gibt es dagegen keinen Eintrag, lässt sich der Titel lediglich ohne besagte Zusatzfunktionen starten. Darüber hinaus lassen sich sämtliche Spiele aus der Datenbank auf die interne Festplatte und externe Datenträger auslesen oder via USB-Stick mit Patches versorgen, die z.B. eine deutsche Übersetzung beinhalten können. Danach kann man seine Disk theoretisch für immer zurück in den Schrank packen, denn sie wird fortan nicht mal mehr zum Starten des installierten Abbilds benötigt. Darüber hinaus wird man nach einer Installation von der langen Disk-Erkennung verschont.
Wird hier etwa ein feuchter Traum der Kopierer-Szene wahr? Jein: Zum einen werden die Installationen in einem Format gespeichert, das nur von Polymega genutzt werden kann und eventuell sogar an die individuelle Konsole gebunden ist. Zum anderen lassen sich keine (illegalen) ROM-Dateien abspielen, wenn man versucht, die Konsole damit zu füttern. Auf der offiziellen Webseite betonen die Macher, dass man eher Partnerschaften mit den Spieleherstellern anstrebt, sich an Lizenzrechte halten will und Polymega nicht als Plattform für die illegale Nutzung von Spielen gedacht sei. Dennoch haben wir die Probe aufs Exempel gemacht und mussten feststellen: Den perfekten Unschuldsengel verkörpert Polymega nicht! Einfach hergestellte CD-Kopien spielte die Konsole genauso ab wie Originale und selbst im Hinblick auf Verknüpfungen zur Datenbank gab es keine Unterschiede. Damit ist Polymega eher vergleichbar mit modifizierten Original-Konsolen, in denen ein MOD-Chip seinerzeit ebenfalls Regionalsperren aushebelte und gleichzeitig das Abspielen von Kopien ermöglichte.
Nur Software-Emulation
Ursprünglich verfolgte Playmaji bei seiner Retro-Konsole das Ziel, mittels FPGA-Technik (Field Programmable Gate Array) die Chips der Vorbilder auch hardwareseitig zu simulieren – genau wie es Analogue mit seinen Top-Nachbauten macht. Davon hat man sich aber mittlerweile verabschiedet: Polymega setzt auf eine reine Software-Emulation und hat dafür Lizenzabkommen mit Spezialisten wie Mednafen, Mesen, Kega Fusion und MAME geschlossen. Nach eigenen Angaben hat man zudem noch ein paar Bugs aus deren Programmcodes entfernt.
Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man tatsächlich glauben, hier wieder die Originalspiele von damals zu erleben – die Software-Emulation hinterlässt einen exzellenten Eindruck mit sauberer Darstellung und einem scharfen Bild! Das mag vor allem in Bezug auf Segas Saturn positiv überraschen, der bei den bisherigen Emulationsversuchen häufig Probleme bereitete und durch einen übermäßigen Hardware-Hunger aus der Reihe tanzte. Mit dem Intel Coffee Lake S Series Processor in Kombination mit 2GB DDR4 RAM scheint man sich aber für eine gute Hardware-Basis entschieden zu haben: Bis auf vereinzelte Mini-Aussetzer beim Ton liefen alle getesteten Saturn-Spiele originalgetreu auf dem Polymega, darunter Sega Rally, Nights Into Dreams, Panzer Dragoon, Tomb Raider, Tunnel B1 und Sega TouringCar Championship. Ausgewählte Titel von der PlayStation, Mega-CD, PC Engine und Neo Geo CD funktionierten ebenfalls einwandfrei. Nur einmal wollte das 8X CD/DVD-Laufwerk eine Disk erst nach dem Neustart des Systems wieder ausspucken. Für die Zukunft lässt Playmaji offen, ob man mit weiteren Modulen die ursprüngliche Idee der Hardware-Emulation wieder aufgreifen wird.
Darstellungsoptionen
Bei der Bildausgabe hat man die Wahl zwischen einer Darstellung in 1080p/60 und – falls es das TV-Gerät unterstützt – 1080p/120. Darüber hinaus erhält man über eine Menüleiste nicht nur Zugriff auf die Screenshot- und Speicherfunktionen, sondern auch den virtuellen Bildschirm, wo man weitere Anpassungen an der Darstellung vornehmen darf. Dazu zählt das Seitenverhältnis, bei dem man die Wahl zwischen dem originalen 4:3-Format, diversen Zoom-Varianten sowie einem künstlich gestreckten 16:9-Vollbild hat.
Für mehr Retro-Flair lassen sich außerdem Filter aktivieren, mit denen die Darstellung an alten Röhrenfernsehern simuliert wird – Scanlines inklusive. Allerdings muss man in diesem Fall deutliche Abstriche bei der Helligkeit in Kauf nehmen. Wer sich statt der HDMI- für eine emulierte RGB-Ausgabe entscheidet, kann unter Umständen auf Anzeigefehler wie bläuliche Schatten stoßen – etwa, wenn das Bild durch einen AV Receiver durchgeschleift wird. Verbindet man das HDMI-Kabel direkt mit dem Fernseher, treten die Probleme nicht auf, die man aber ohnehin mit der Wahl auf den HDMI-Modus umgehen kann. In diesem Fall ist auch das Durchschleifen des Signals ohne Einbußen möglich.
Guckst du, Suchmaschinenverweigerer:
https://www.analogue.co/
Jetzt stehen hier die Analogue-Geräte für Megadrive und SNES. Anstecken und los legen. Warte nur noch darauf daß es das Pocket-Gerät endlich zu bestellen gibt, die Displays von meinen Gameboys sind nicht die besten.
Passende Modul reinstecken gehört für mich dabei auch zum "Spielerlebnis" dazu, das kitzelt bei mir den Nostaglie-Nerv sehr. Ein Grund, warum ich die meisten Spiele auf der Switch als Retail habe...
@Marvel:
Ich hatte den Text vorher schon auf das Adapter-Set (für GameGear und MarkIII) korrigiert, weil ich das selbst gesehen habe.
Das Polymega wäre vermutlich als FPGA-Konsole so gar nicht umsetzbar gewesen. Bzw... was zu beweisen wäre. Momentan wird ja wohl an einem Saturn-Core für MISTer gearbeitet, wobei immer noch diskutiert wird, ob ansatzweise bezahlbare FPGAs über genügend Logikgatter verfügen. Die gleiche Thema besteht wohl auch bezogen auf die PS1. Kann man dem Hersteller sicher auch vorwerfen, dass er den Mund zu voll genommen hat. Jedenfalls ist ein benutzbares Produkt rausgekommen.
Beim Polymega sehe ich dennoch die Edel-Ausführung einer Emulationskonsole, die soweit hält, was sie auf Papier verspricht. Das mit dem Aufschlag für den deutschen Vertrieb - Zoll und Steuer löst sich ja nicht auf und eine gewisse Handelsspanne steht dem Händler auch zu.
Teuer ist meiner Ansicht nach eh sehr relativ bei solcher Nischenhardware. Warum kostet ein aktuelles GPD Win 700 bis 800€, wo der Vorgänger bei weniger als der Hälfte lag? Ich habe hier ein C64 Reloaded MK2 stehen, was mit Gehäuse, Chips und 1541U2+ etwa 500€ kostet. Man hätte auch einen FPGA-C64 nehmen können, dann wäre das 150€ billiger oder gleich eine TheC64-Emuvariante für 90€... Jedem wie er mag.
Ob die Lightgun zu teuer ist oder nicht, habe ich keine Meinung zu. Ich habe vor einiger Zeit noch eine andere Crowdfunding-Kampagne zu einer anderen modernen Lightgun gesehen und meine, die wurde mit 120€ veranschlagt. Kann mich aber auch irren.
Am 12. März 2012 wurde offiziell mitgeteilt, dass GOG nicht mehr für "Good Old Games" steht. GOG heisst seitdem nur noch GOG. Das ist jetzt fast 9 Jahre her, aber offensichtlich immer noch nicht bei jedem angekommen.