Wer ist der Klügste im ganzen Land?
Pony Island beweist bereits in den ersten zehn Minuten, dass es um mehr geht als das Abklappern von immer schwieriger werdenden Rätseln. Viel mehr wird man von der ersten Sekunde an gefordert und provoziert. Einerseits darf man selbstständig in Dateien rumschnüffeln und Programme starten, andererseits wird man zu vielen Vorgängen gezwungen und durch manipulative Tricks verwirrt. Die dadurch geschaffene Unruhe motiviert enorm. Schon lange nicht mehr war meine Lust ein Spiel zu beenden so hoch. Schon gar nicht, um einem fiktiven
Bösewicht zu beweisen, dass ich der Klügere bin. Minutenlang verfolge ich mit dem Mauszeiger ein stets wegspringendes Fenster, das meinem Pony Laser-Fähigkeiten verleihen soll. Als ich merke, dass ich das Fenster erst durch das Lösen von Rätseln vergrößern muss, um es einzufangen, fühle ich mich zwar wie der größte Depp, aber wenigstens hat mein Pony jetzt coole Laser-Augen. Hat man das Prinzip hinter den Legepuzzeln einmal begriffen, werden diese erst zum Ende hin wirklich knifflig. Zwar kriegt man im Verlauf einige neue Teile, die es erschweren den richtigen Pfad zum Ziel zu legen, aber eine wirkliche Herausforderung stellen die Rätsel nie dar. Ähnlich gestaltet es sich mit den Hüpfpassagen, die nur wenig Abwechslung bieten und auf Dauer ziemlich eintönig sind. Gerade von einem Spiel aus dem Arcade-Automaten hätte ich mehr Anspruch erwartet.
Unheimliche Fremdbestimmung
Nach zwei Stunden verabschiedet sich die verwirrende Odyssee mit einem kuriosen Twist, der mich auch Stunden danach noch gedanklich beschäftigt. Was Daniel Mullins in dieser kurzen
Zeit spielerisch auf den Bildschirm bringt, ist einfach nur beeindruckend. Von Anspielungen auf Genre-Klassiker wie Text-Adventure und Spielhallen-Shooter, hin zu optischen Illusionen, die mich kurzzeitig im Glauben lassen, das Spiel hätte Kontrolle über mein echtes Leben erlangt. Pony Island zeigt sehr deutlich wie viel gruseliger Manipulation und Fremdbestimmung im Vergleich zu Zombies und Schreckmomenten sein können. Auf im wahrsten Sinne des Wortes unheimlich kreative Weise wird der Spieler immer wieder in den Fokus des Geschehens gerückt. Das Finale des Spiels wird geradezu zelebriert. Immer wenn man glaubt, man könne bereits die Zielgerade sehen, wird man mit neuen Hindernissen, Endgegnern und vermenschlichten Programmen konfrontiert.