Zahn der Zeit?
Für mich war es sehr erholsam, dass man alle blinkenden Gegenstände, die man findet, tatsächlich gebrauchen kann. Generell wirkt die Survival-Horrorwelt von Project Zero 4 durch und durch stimmig und es gibt keine unnötigen Ablenkungen. Doch Vorsicht beim Greifen, denn manchmal packt einen plötzlich eine Geisterhand und der Gegenstand ist weg! Neben Aufzeichnungen sind das vor allem blaue und rote Kristalle, mit denen man die Schlagkraft der Kamera verstärken oder die Nachladezeit pro Foto verkürzen kann. Anders als bei Project Zero 5 gab es hier auch noch abwechslungsreichere Rätsel, die sich nicht nur auf das Finden von Gegenständen beschränken: Mal muss man die richtige Zahlenfolge erknobeln, die eine geheime Tür öffnet, mal ein Schiebe-Puzzle lösen, oder die richtigen Tasten auf dem Klavier spielen. Spätestens hier fühlen sich alle Survival-Horror-Fans zu Hause.
Doch so schön das Oldschool-Design ist, manchmal kann es auch ziemlich nerven: Angefangen beim unfassbar langsamen Lauftempo der Charaktere, den langen Ladezeiten bei jeder Tür und der fummeligen Interaktion mit den Gegenständen. Häufig muss man genau im richtigen Winkel stehen und leuchten, um endlich etwas aufzuheben. Vor allem beim Kampf in engen Räumen blieben die Figuren immer mal in Gegenständen stecken und trotz Schnell-Umdrehung via Knopfdruck, ist es manchmal sehr schwer Abstand von den Geistern zu gewinnen. Ja, diese Hürden machen einerseits auch etwas den Reiz aus, dennoch war ich immer wieder genervt davon, wie behäbig viele Abläufe sind.
Da man lediglich an in der Spielwelt verteilten Lampen speichern kann, muss man nach dem Ableben meist erneut der gesamten Zwischensequenz und den Mini-Rätseln beiwohnen, um einen Kampf wiederholen zu können. Das alles ist nicht tragisch, wäre in der heutigen Zeit aber wahrscheinlich komfortabler gelöst.
Suda 51 und die Mondschau
In Japan war „Die Maske der Mondfinsternis“ (Zero: Tsukihami no Kamen) 2008 das meistverkaufte Project Zero Spiel aller Zeiten. Zum Teil könnte das auch daran liegen, dass Suda51 und sein Team von Grasshopper Manufacture maßgeblich an der Entwicklung beteiligt waren. Der bekannte japanische Entwickler nutzte vor allem in seinen als „Kill the Past“ bekannten Spielen (darunter Moonlight Syndrome, Killer7, No More Heroes) immer wieder den Mond als Stilmittel.
Wie der Name bereits verrät, spielt dieser auch in die Maske der Mondfinsternis eine Rolle. Patienten erkrankten an einem übernatürlichen Mondlicht-Syndrom und wir erfahren immer mehr über ein ominöses Mondritual. Das liegt aber gewiss nicht nur an Suda51s persönlichem Faible – denn bereits in der Heian Zeit (794-1192) traf sich der japanische Hofadel im Herbst zur so genannten Mondschau (o-tsukimi), während im Frühling die hier eher bekannte Kirschblütenschau (o-hanami) veranstaltet wurde. Dabei wurde der Vollmond am 15. Tag des achten Monats des japanischen Sonnenkalenders, der zunehmende Mond am 13. Tag des neunten Monats gefeiert. Obwohl Amaterasu, die wichtigste Kami im japanischen Shinto, die Sonne und das Licht personifiziert, gibt es unzählige japanische literarische Werke über den Mond. Ein Grund könnte seine mysteriöse Ausstrahlung und Wandlungsfähigkeit sein: Mal breit, mal dünn, mal in Nebel gehüllt…
So romantisch und interessant das auch sein mag, die Geschichte von Project Zero 4 konnte ihren Spannungsbogen leider nicht konstant halten. Nach etwa der Hälfte der Spielzeit hatte ich immer noch wenig neue Erkenntnisse gewonnen. Stattdessen wurden lange Zeit dieselben Elemente rund um das Sanatorium und Haibaras Arbeit aus den verschiedenen Blickwinkeln präsentiert. Während ich in den ersten Stunden noch sehr motiviert jeden einzelnen Tagebucheintrag las, nutzte sich die Faszination leider immer mehr ab. Was zum Glück durch das gelungene Kampfsystem und die atmosphärische Inszenierung abgefedert wurde. Alles in allem ist Project Zero: Die Mase der Mondfinsternis sicher kein perfektes Spiel, aber für mich definitiv eines der ersten Horror-Highlights 2023!
Also ja, seit Jahren ist Project Zero zur Nische verkommen und würde behaupten, zehrt bei uns viel von den damaligen Fans.
Horror-Spiele sind tatsächlich nicht mein Fall, hat mich aber gefreut wieder einen Test von Alice zu lesen.
Mein Retail-Fassung wird hoffentlich heute noch ankommen. Habe die Project Zero aka Fatal Frame Spiele immer gerne gespielt, auch den letzten Teil.
Ich freue mich mal wieder darauf, in die düstere Japano-Horror-Welt einzutauchen.
Sehr schade, dass es hierzu noch keine Kommentare gibt. Scheinbar ist die Project-Zero-Reihe zu speziell, um auf dem Massenmarkt Erfolg zu haben.
Danke jedenfalls für den Test, liebe Alice! Mich würde auch interessieren, wie du den fünften Teil einordnest, der seinerzeit beim Jan nicht gut weggekommen war.