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Ryse: Son of Rome (Action-Adventure) – Ryse: Son of Rome

Ursprünglich als reiner Kinect-Titel für die Xbox 360 angekündigt, krempelte Crytek das Konzept von Ryse: Son of Rome im Laufe der Jahre gehörig um: Aus dem potenziellen Gefuchtel in Egosicht wurde nicht nur ein Controller-Gemetzel mit cineastischer Inszenierung. Auch die Xbox One wurde als neue Plattform auserkoren, um gleich zum Start die technischen Möglichkeiten zu demonstrieren. Was steckt unter der auf Hochglanz polierten Oberfläche?

© Crytek / Microsoft

Barbaren aus der Klonfarbrik

Die Hauptfiguren sind exzellent modelliert und überzeugen durch eine lebensechte Gestik und Mimik.
Die Hauptfiguren sind exzellent modelliert und überzeugen durch eine lebensechte Gestik und Mimik. © 4P/Screenshot

Die Gestaltung der barbarischen und römischen Gegner trägt ihren Teil zum Dauergähnen bei: Meine Güte, sind denn hier nur Inzest-Opfer unterwegs? Immer wieder trifft man auf die gleichen Fratzen in ihren Einheitsklamotten, die teilweise sogar als Zwillings- oder gar Drillingspaar gemeinsam auftreten – egal ob in den Straßen Roms, in York oder den dunklen Wäldern Britanniens. Ständig werde ich von „alten Bekannten“ eingekreist und attackiert. Es ist erschreckend und gleichzeitig peinlich, wie wenig Wert man bei Crytek auf Variationen beim Gegnerdesign gelegt hat.

Ein glücklicheres Los haben die Hauptcharaktere gezogen, die sehr viel aufwändiger und individueller gestaltet wurden. Dabei bedient sich Crytek zwar an historischen Figuren wie Kaiser Nero, Commodus, Barbaren-König Oswald oder der rebellischen Boudica, wirft dabei aber sämtliche Fakten über Bord und mischt sie passend zur fiktiven Handlung nach eigenen Vorstellungen zusammen, die Historikern angesichts dieser „kreativen Freiheiten“ vermutlich einen Brechreiz bescheren dürften. Eigentlich egal, denn die Story zählt genauso wenig zu den Stärken wie das Spieldesign und strotzt nur so voller Klischees rund um Verrat und Rache. Ihren Tiefpunkt erreicht sie allerdings durch das Einstreuen von göttlichen Charakteren, die in die Handlung eingreifen und ihr dadurch einen übernatürlichen Touch verpassen, der hier völlig deplatziert wirkt. Dazu gesellen sich teilweise unterirdische Dialoge, die nicht nur schlecht abgemischt wurden, sondern den Situationen sogar eine gewisse Slapstick-Komik verleiht – und das in einem Spiel, das sich selbst an allen Ecken und Enden viel zu ernst nimmt und sich gerade dadurch lächerlich macht.    

Dumm und dümmer

Meist ist man von Gegnern umringt - Hilfe von seinen Kameraden darf man nicht erwarten.
Meist ist man von Gegnern umringt – Hilfe von seinen Kameraden darf man nicht erwarten. © 4P/Screenshot

Bei den Mitstreitern, die ab und zu an der Seite von Marius kämpfen, sieht es nicht viel besser aus. Wobei sich auch ihre Unterstützung in Grenzen hält: Meist stehen die römischen Unterstützungseinheiten nur dumm in der Gegend herum und sehen mir dabei zu, wie ich mich mit vier oder mehr Barbaren alleine herumschlagen muss. Bei der Erstürmung von York sind sie sogar zu blöd, selbst mal auf die Idee zu kommen, die Leitern umzustoßen, mit denen die Wilden die Mauern erklimmen. Nein, ich muss mich hier um alles selbst kümmern – es sei denn, es wird ein Skript ausgelöst. Ganz schlimm war eine Mission, in der ich römische Gefangene aus den Käfigen der Barbaren befreien musste, bevor diese abgefackelt werden. Ein Schwerthieb reichte im ersten Lager noch aus, um die Tür zu öffnen. Aber das diente offenbar nur zu Demonstrationszwecken, denn in den darauf folgenden Camps musste ich erst Wellen von Fackelläufern und Standard-Bastarden ausschalten, bevor meine Schläge auf die Käfigtüren von Erfolg gekrönt waren. Auch hier standen meine zuvor befreiten Landsleute übrigens genauso passiv in der Gegend herum wie in den Kämpfen. In solchen Situationen würde ich angesichts des unterirdischen Missionsdesigns und dieser traurigen Situationskomik am liebsten sofort laut schreien.

Gold statt Ehre

Die kooperativen Arena-Kämpfe sind ein kleiner Lichtblick im drögen Römer-Alltag.
Die kooperativen Arena-Kämpfe sind ein kleiner Lichtblick im drögen Römer-Alltag. © 4P/Screenshot

Ein trauriger Trend, den auch Crytek aufgreift: Mikrotransaktionen, der Fluch der heutigen Spielewelt, der mit dem Start der neuen Konsolengeneration anscheinend neue Höhen erreicht. Wer keine Ehre mehr hat, greift eben zum Portemonnaie, um z.B. seine Gesundheits- oder Fokus-Anzeige aufzupeppen. Kann man zweideutig verstehen, ich weiß. Denn zum einen handelt es sich bei der Ehre um die Ingame-Währung, mit der man Zeug freischaltet. Und zum anderen kann ich nur an alle Spieler und deren Ehre appellieren, diesen Mist nicht mitzumachen und Entwicklern damit zu zeigen, wie gerne wir uns von ihnen über den Tisch ziehen lassen. Es ist schon schlimm genug, dass man im kooperativen Mehrspielermodus reales Geld in Klamotten und Ausrüstung pumpen kann. Pecunia non olet. Aber mittlerweile werden auch immer mehr Kampagnen von dieser Pest infiziert – so wie hier. Allerdings kann man Crytek und Microsoft (noch) zugute halten, dass man im Rahmen von Marius‘ Rachefeldzug nicht zwingend auf die Investitionen in Mikrotransaktionen angewiesen ist und sich alle Verbesserungen auch mit Ehre freischalten lassen – es braucht halt nur etwas mehr Zeit. Trotzdem: Dieser Weg, den die Entwickler hier einschlagen, ist Besorgnis erregend und lässt mich skeptisch in die Spielezukunft blicken. Immerhin machen die gemeinsamen Arena-Kämpfe im Duett mit wechselnden Aufgaben und einem Kolosseum mit Holodeck-Anleihen mehr Spaß als die verkorkste Solo-Tour, auch wenn die Spielmechanik hier genauso flach ausfällt. Trotzdem ist der Mehrspieler-Ansatz nicht mehr als ein netter Bonus, der die große Enttäuschung über Cryteks Start-Titel nur minimal lindern kann.

  1. Also bin jetzt im 2. Kapitel und versteh die Wertung nicht wirklich... Super Schlachtstimmung und Optik, Story ist bisher spitze. Wo ist das Problem mit den Microtransaktionen???? Man erhält doch Exp en masse und kann sich alles auch per Erfahrungspunkten kaufen. Die Leute von heute:) Also derzeit muss ich sagen, bin ich sehr beeindruckt von diesem Spiel, längere Zeit hat mich nichts mehr derart fasziniert. Ich kanns jedem empfehlen, ein herrliches Gemetzel hehe

  2. War nicht z.B . eine Gamestop-Aussage, dass auf 1 vorbestellte Xbox 4 vorbestellte PS4 kamen?
    Soweit ich mich entsinne, war das noch bei der Xbone Version 1.0 der Fall (also vor der DRM-Umstellung). Mittlerweile läuft die PS4 zwar erfolgreicher als die Xbone, aber die Verkaufszahlen sind insgesamt noch vergleichbar.
    Hier bspw. ein paar Zahlen:
    Beim UK-Launch hat die PS4 gewonnen: http://www.gamespot.com/articles/ps4-be ... 0-6416495/
    Bei den Black-Friday-Sales wiederum ging die Xbone öfter über die Ladentheke: http://www.cinemablend.com/games/Xbox-O ... 60822.html

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