…und komm‘ mir ganz schön blöde vor. Denn irgendwie hatte ich für einen Moment den Verdacht, das falsche Spiel gestartet zu haben: Sam »Serious« Stone steht in einer realistisch designten Innenstadt, die auch problemlos als Kulisse für Black Hawk Down oder Level 4 in einem beliebigen Militär-Shooter dienen könnte. Wieso laufe ich durch zerschossene Häuserschluchten, wenn mein Herz doch nur eines begehrt: Mit der Minigun und der Kanone für atomar beschleunigte Eisenkugeln hunderte Meter große Minotauren zerlegen! Stattdessen fühlt sich das Ganze wie Call of Modern Battlefield an, Sam führt Funkgespräche mit dem »HQ«, später trabt er sogar durch düstere Levels, in denen die Taschenlampe für spärliche Übersicht sorgt. Serious Sam, was ist mit dir passiert?
In der Tiefe seines Herzens ist der Sonnenbrillenträger ganz der alte geblieben: Noch immer bestimmen Gefechte gegen wahnwitzig viele Gegner das Tagesgeschehen – man betritt ein auffällig großes Areal, von allen Seiten stürmen Feinde schreiend, grunzend und galoppierend heran, die Magazine werden leer geschossen, der Nebel des Todes verzieht sich.
Danach: Aufmunitionieren, Heilpakete suchen, das Ganze bitte von vorn – kennt man, mag man, wenn man’s mal etwas weniger anspruchsvoll haben möchte. Serious Sam 3 (SS3) verlässt sich dabei, vom Szenario mal abgesehen, größtenteils auf Altbewährtes: Die meisten Widersacher kennt man ebenso wie die Waffen, das »Zeigefinger auf der rechten Schultertaste festtackern, Gegnerwelle abwarten, ballernd rückwärts im Kreis laufen, zur nächsten Welle wechseln«-Spielprinzip sowieso. Das Kunstblut spritzt hektoliterweise, einzelne Kills werden trocken kommentiert und aus dem Nichts herbeigebeamte Feinde fallen einem gerne mal in den Rücken. So weit, so Serious Sam.
Weg mit diesem Kopf!
Es gibt auch Neuerungen: Man darf jetzt sprinten und sich ducken, wobei Letzteres nicht nur komplett sinnlos ist, sondern auch dem die Werbung prägenden »No Cover. All Man.«-Motto irgendwie entgegen steht.
Auch das Zielen über Kimme und Korn ist in einem Shooter, in dem de facto keine Einzelschüsse abgegeben werden, reichlich fehl am Platze. Sehr neu und ausgesprochen merkwürdig ist der »Nahkampf«: Bereits auf mehrere Meter Entfernung kann man die A-Taste drücken, woraufhin Sam zum Wolf wird – er kickt den Feind weit weg, reißt ihm das Auge raus oder gleich den Kopf ab. Das ist zwar nützlich, aber tatsächlich sogar zu nützlich: Bei den meisten Gegnern ist der Nahkampf ein One-Hit-Kill. Im Gegensatz dazu stehen Gegner, die selbst auf weite Entfernung oder durch Rauch- und Nebelschwaden hindurch mit tödlicher Präzision ihre Schrotgewehre abfeuern, während man sie selbst noch nicht mal sieht – wirklich lästig!
Die Kampagne ist als Prequel zum ersten Spiel ausgelegt. Man könnte jetzt lang und breit über die Inszenierung via Echtzeit-Zwischensequenzen schwafeln. Man könnte das Ganze aber auch mit »Vollkommen egal!« zusammenfassen und ignorieren – ehrlich, eine Handlung braucht hier wirklich keiner! Viel interessanter ist, dass man, Tradition ist Tradition, die gesamte Kampagne auch vier Mann hoch kooperativ online angehen kann, im Zweifelsfall auch zu zweit im lokalen Splitscreen.
Zusätzlich dazu steht noch ein normaler Multiplayermodus mit neun Spielvarianten zur Verfügung, der auch einigermaßen flüssig und schön chaotisch abläuft – aber daran leidet, dass es sehr wenige Karten gibt.
Einst gehörten die Serious Sam zu den technischen Vorreitern, gerade was die schiere Größe der Spielfelder anbelangt. Diese Zeiten sind vorbei: SS3 sieht nicht übel aus, aber auch nicht gut. Die Explosionen sind ansehnlich, die Gegnermassen beeindruckend, die Welt ist auf Größe und Weitläufigkeit ausgerichtet. Außerdem läuft die Engine wieder mal sehr schnell, die Darstellung bleibt auch bei Dutzenden Feinden im Bild flüssig. Auf der anderen Seite mangelt es erheblich an Details, die Umgebungen sind immergleich und langweilig, die Figuren simpel designt, die Texturen eine matschige Schmach, die Fade-Ins auf recht nahe Distanz hässlich – damit lockt man niemanden von Battlefield 3 weg.
Ich finde, dass man die einstellbare Gewaltdarstellung noch erwähnen sollte. Der Hippie- (fehlte mir in SS2) und der Kindermodus haben viel zum Spielspaß beigetragen. So konnte ich das dann auch vor meiner etwas jüngeren Verwandtschaft spielen.
Stimmt schon, der test hat jetzt nicht wirklich viel mit jör zu tun, aber er hat recht mit dem, was ers sagt.
@topic.
Das spiel isn fest für jeden arcade shooter fan. Es ist extrem witztig und lässt sich schön fluffig spielen.
Mich hats überzeugt.
Das is mir durchaus klar.
Ging mir um den Unterschied bei den Testdetails. Hier wird Test mit dürftigen und teilweise falschen Infos hingerotzt, während bei Jörgs 95+% Indies mit 120 Minuten Spielzeit über jedes kleinste Detail gesabbert wird.