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Shadows of the Damned (Action-Adventure) – Shadows of the Damned

Während sich fast alle Publisher bemühen, mit ihren Spielen die größtmögliche Masse zu erreichen, schert ausgerechnet eine der Branchengrößen aus und serviert ein ebenso abgefahrenes wie brutales Abenteuer. Nachdem EA bereits mit Alice den Abgrund des Wahnsinns ausgelotet hat, geht man mit Shadows of the Damned noch einen Schritt weiter. Hier kredenzt man eine schaurige Pop-Kultur-Lovestory mit sprechenden Totenschädeln und so viel Blut, dass selbst Clive Barker schwindelig werden dürfte.

© Grasshopper Manufacture / Electronic Arts

Meisterkoch #1: Suda

Spiele von Goichi Suda, auch bekannt als Suda51, spalten ebenso wie sie provozieren – und sie stechen zumindest künstlerisch aus dem Einheitsbrei heraus. Das war bei Killer 7 so, das war bei No More Heroes trotz mechanischer und vor allem technischer Defizite so und das ist auch bei seinem neuesten Projekt Shadows of the Damned (SotD) so. Hier lässt er als ‚Executive Director‘ seine ganze provozierende Erfahrung und seine Kenntnis der Popkultur einfließen: Gespeichert wird bei einem fliegenden Auge, das erschreckt, wenn es einen sieht und dann einen stinkenden Haufen als Checkpoint hinterlässt. Upgrades und den Gesundheit aufbessernden Alkohol kann man bei einem Halbdämon erwerben, der einem Diamanten aus der Hand frisst und dafür die entsprechende Ware auskotzt. Manche Türen werden von dämonischen Schamhaaren versperrt, für die man erst einen gut versteckten Schalter finden muss.

[GUI_PLAYER(ID=73899,width=375,text=Nichts für schwache Nerven: In der Dämonenjagd geht es vor allem gegen die Bosse mächtig zur Sache!,align=right)]Der Held Garcia Hotspur, ein mächtig tätowierter Dämonenjäger mexikanischen Ursprungs,  flucht und beschimpft seine Gegner nach allen Regeln der Kunst wie schon lange nicht mehr in einem Spiel, bevor er sie zerlegt. Man begegnet weinenden Baby-Gesichtern als Türschlösser, die man nur mit Erdbeeren, Gehirnen oder Augäpfeln dazu bewegen kann, die Pforte zu öffnen. Es gibt Penis-Metaphern und  sexuelle Anspielungen ohne Ende, angefangen von Garciaas Sidekick Johnson (einem sprechenden Totenschädel)  bis hin zu seiner Megawaffe, dem „Big Boner“, mit dem er das Scarface-Zitat „Say hello to my little friend“ samt seiner potenten Schrotflinte zu einem Spruch fürs Kindergarten-Freundebuch degradiert, bevor er nach einer wilden Geschützsequenz in ein Teleportationstor springt, das zwischen den gespreizten Beinen einer Werbeplakat-Schönheit in der Unterwelt erscheint.

Und wie man es von Suda-San kennt, werden zahlreiche Filme zitiert. In diesem Fall reicht das Repertoire vom Sam Raimi-Klassiker Tanz der Teufel (Evil Dead) über Ghostbusters bis hin zu modernen Horror-Slashern und endet erst bei den Zwischensequenzen, die hinsichtlich Schnitt- und Kameratechnik moderne Horrorfilme ebenso emulieren wie Klassiker.

Gewalt erzeugt Gegengewalt

Dementsprechend brachial gibt sich auch die Geschichte: Der Dämonenlord Fleming rächt sich an Garcia für die Dezimierung seiner Armee, indem er Hotspurs Freundin Paula gefangen nimmt und droht, sie immer wieder zu töten sowie wiederauferstehen zu lassen, um wieder von vorne zu beginnen. Die einzige Möglichkeit für Garcia, diesen Todeszyklus zu durchbrechen und sie zu retten, besteht darin, sich in die Unterwelt zu begeben und dort, in der Höhle des Löwen, Fleming und seinen Gefolgsleuten den aussichtslos scheinenden Kampf anzusagen. Wie bei True Romance oder Natural Born Killers steht im Kern eine sensibel erzählte Liebesgeschichte, bei der Gewalt zwar eine große Rolle spielt, aber letztlich nur eine Konsequenz ihrer Umwelt ist. Denn was erwartet man, wenn man sich mit Dämonen anlegt? Dass die Differenzen bei einer Runde Scrabble beigelegt werden? Nein: Hier werden Projektile durch die Gegend gejagt, um Rache zu nehmen. Und damit fällt der Startschuss für einen Höllenritt im wahrsten Sinne des Wortes. Die Kulisse geizt nicht mit düsteren, mitunter verstörenden Bildern, mit Opfern von Flemings sadistischer Dämonenarmee, Blut und Gewalt. Es werden gezielt Schockmomente eingesetzt, die den locker-flapsigen Humor kontrapunktieren sollen, der Shadows of the Damned im Allgemeinen und das Genre im Speziellen immer wieder satirisch aufs Korn nimmt. Und in guter alter japanischer Tradition gibt es viele Bosskämpfe, in denen man bis zum Letzten gefordert wird.

Meisterkoch #2: Mikami

Kaum jemand kennt sich mit Bosskämpfen, visuellem Horror und Terror besser aus als die zweite treibende Kraft hinter SotD: Shinji Mikami, der hier als ‚Creative Producer‘ mit von der Partie ist. Von vielen als Vater des Survival-Horror bezeichnet, hat er mit seiner Arbeit an Titeln angefangen von Resident Evil über Dino Crisis, Devil May Cry bis hin zu Dead Rising, Lost Planet und Resident Evil 5 nicht nur ein Genre beinahe im Alleingang definiert, sondern auch gezeigt, was mit kreativer Phantasie bei Bosskämpfen alles möglich ist.

Die mehrstufigen Bosskämpfe gehören zu den Highlights der brachialen Horror-Action.

Die mehrstufigen Bosskämpfe gehören zu den Highlights der brachialen Horror-Action.

Dementsprechend gehören die Bosse hier zu den Highlights des Action-Stakkatos, das sich nur selten Ruhepausen erlaubt und nach etwa achteinhalb Stunden mit einem ebenso emotionalen wie imposanten Cliffhanger-Finale endet, das wie ein guter Film Lust auf mehr macht. Man muss die wechselnden Taktiken der Gegner in den häufig mehrstufigen Auseinandersetzungen erkennen und sich darauf einstellen, damit man die drei zur Verfügung stehenden Waffen (Pistole, Schrotflinte, Maschinengewehr) entsprechend nutzen kann, die allesamt mit dämonischer Macht verändert werden können. Oder man muss sich die Umgebung zu Nutze machen, wie bei dem Kampf auf dem Marktplatz in der Hölle, bei dem Garcia von einem Kollegen des Nemesis aus Resident Evil 3 verfolgt wird und den man nur mit Schüssen in explosive Fässer kurzzeitig verwundbar machen kann.

Doch nicht nur hier ist Mikami-Sans Mitwirken zu spüren. Die Action-Mechanik erinnert mit ihrer Perspektive positiv an die letzten Resident Evil-Spiele, die sich jedoch deutlich behäbiger gaben. Hier zeigt Mikami, wie er sich Arcade-Ballereien vorstellt: In den schnellen, mitunter hektischen Gefechten fliegen die Projektile durch die Gegend, springen die Gegner wie wild auf einen zu, während man versucht, diesen Attacken zu entgehen und wird kurz in eine detaillierte Zeitlupe geschaltet, wenn man in all dem Trubel einen Headshot abliefert und der Kopf des Dämonen wie eine reife Melone zerplatzt, die man aus dem Fenster im ersten Stock auf die Straße wirft.


  1. Nur 72 Prozent ??? viel zu wenig.Die Spiele von Shinji Mikami sind Superklasse.Resident Evil / Devil May Cry / Dino Crisis / Bayonetta und weitere Superklasse Spiele die er entwickelt hat sind Meisterwerke und dazu zählt auch selbstverständlich Shadow of the Damned.
    Und dieses Spiel ist superklasse , weil das gameplay 1 A ist , weil der Gruselfaktor vorhanden ist,weil der humor stimmt ,und vieles mehr,und deswegen macht es einfach nur superspass dieses spiel zu spielen.
    Shinji Mikami ist für mich der beste Spiele Entwickler aller Zeiten.

  2. Meiner Meinung nach einer der coolsten Titel dieser Gen. Ich liebe den Humor und die beiden Protagonisten. Steuerung und gameplay erinnern mich sehr positiv an RE4. Und obwohl es doch ziemlich linear und simpel ist, packt es mich. Habe mir das Spiel nun zum dritten mal gekauft, nachdem ich es auf beiden Konsolen aus verschiedenen Gründen nicht zu Ende gespielt und verkauft habe. Jetzt wird es aber definitiv zu Ende gezockt! :)

  3. spiele es auch gerade, und bin bisher sehr angetan. artdesign klasse, düster bis hin zu verstörend und dennoch farbenfroh - und nicht nur rot. :mrgreen:
    dass die shotgun nicht streut, hat mich aber auch schon gestört. macht es halt nicht einfacher. ^^
    von der abwechslung find ichs ok bisher, das spiel weiß über details und kniffe hier und da doch ganz gut zu verbergen, dass man meist nur von a nach b läuft und dämonen niedermetzelt, zwischendurch vielleicht mal nen "schlüssel" sucht oder sich eben mit nem boss auseinander setzt.

  4. Geiles Spiel, das leider nach hinten heraus etwas schwächelt. Bin jetzt bei Akt 5-1, mal gucken, ob Suda es noch zurückreißen kann.
    Was mich aber ernsthaft anpisst: Wie kann man eine Shotgun-ähnliche Waffe entwerfen, die Hits aber nur zählt, wenn man den Gegner genau anvisiert hatte? Ich meine, hallo?

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