Bewährtes Konzept in frischem Gewand
Wir sollen Recht behalten: Am Ende eines engen Tunnelparcours lauert bereits ein riesiger Anglerfisch, dessen Bewegungsmuster es zu studieren gilt. Wir locken ihn an, er ist aggressiv und zertrümmert dabei Felsbarrikaden. Mit etwas Geschick gelingt es, ihn unter die herabfallenden Trümmer zu locken, sodass das Biest rasch erledigt ist. Im Verlauf des gut dreistündigen Abenteuers begegnen wir noch vielen anderen surrealen Schrecken sowie drei weiteren Bossen, die allesamt aus der talentierten Feder des Illustrators Tom Mead stammen.
Zusammen mit seinem Partner und Programmierer Dominic Clarke, der bislang an Rennspielen wie Project Cars, MotorStorm und der WRC-Reihe gearbeitet hat und kürzlich auf dem offiziellen PlayStation-Blog zum Thema Silt zu Wort kam, hat Mead einen im besten Wortsinn schauderhaften Indie-Titel geschaffen, der sich in die Tradition namhafter Videospiele einreiht. Stilistisch und spielerisch erinnert Silt stark bis an die beiden sehr guten bis exzellenten Playdead-Hits Limbo (2010) und Inside (2016). Der Fokus liegt bei Silt jedoch weniger auf reaktionsschnellen Geschicklichkeitseinlagen und Sprungeinlagen, sondern mehr auf dem Erkennen der Aufgabenstellung und der Kombination verschiedener Fähigkeiten.
Subtiler Grusel mit allen Sinnen
Silt ist ein wirkungsvolles Horrorspiel. Doch wie eingangs beschrieben, sind Angst und Furcht etwas stark Subjektives. Silt verzichtet auf Action, blutige Effektspektakel und Zerstückelung ebenso wie auf Jumpscares, zumindest weitestgehend. Es gibt genau eine fordernde Sequenz im letzten Drittel des Spiels. Hier gilt es, gleichzeitig vor gierigem Gewürm zu flüchten, während urplötzlich noch größere und gierigere Kreaturen aus dem Boden schnellen und zuschnappen. Das bedarf womöglich einiger Anläufe und kann für Frust sorgen, weil es sich vom Rest des Spiels so stark abhebt. Wirklich schwierig ist es aber auch nicht, sobald die zu Grunde liegende Mechanik verstanden ist. Der Grusel in Silt entsteht in aller Regel auf andere Weise: Das Spiel ist grundsätzlich sehr dunkel, die oft befremdlich-surrealen Umgebungen sind detailliert gezeichnet, wodurch alles unheimlich wirkt und Bedrohungen tarnen könnte. Das Erkundungsabenteuer spielt mit Urängsten und verunsichert kontinuierlich. Mit jedem Bildschirmwechsel ändert sich auch die Umgebung, sodass wir uns nie sicher fühlen können. Nie können wir wissen, welche Schrecken uns als Nächstes erwarten. Aus spielerischer Sicht sorgt das trotz mangelnden Anspruchs ständig für Abwechslung, keine Idee erhält die Gelegenheit, sich abzunutzen. Aus ästhetischer Sicht sorgt das ständig für Verzücken, denn Silt ist ein richtig schönes Spiel.
Dem steht die klangliche Untermalung in nichts nach: Es gibt zwar keine Sprachausgabe und auch die Musik bleibt meist im Hintergrund. Dafür verstärkt der Sound auf subtile Weise das beklemmende Gefühl beim Erkunden der bizarren Spielwelt. Das klaustrophobische Schnaufen des Tauchers erinnert an Isaac Clarke in Dead Space und schürt ebenso Unbehagen wie sporadisches Bassdröhnen unterhalb der 50-Hertz-Grenze. Weil solche Subwoofer-Einsätze beim nächtlichen Spielen auch den Nachbarn Unbehagen bereiten könnten, empfiehlt sich im Zweifelsfall ein guter Kopfhörer, insbesondere natürlich beim Spielen im Handheld-Modus der Switch. Über die eingebauten Lautsprecher geht hier doch viel verloren. Auch wirkt die filigrane Grafik auf dem kleinen Bildschirm weniger eindrucksvoll, vor allem in beleuchteten Räumen verpufft die dichte Atmosphäre rasch.
Limbo ist eines meiner Liebslingsspiele. Nur mit knapp 3 Stunden Spielzeit und einem wohl weniger anspruchsvollem Rätseldesign erscheint mir das Spiel doch weniger interessant. Na mal sehen, für einen Sale-Kauf wird es doch vielleicht reichen. Genauso wie Trek to Yomi- diese Schwaz-Weiß-Optik spricht mich einfach an.