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SiN Episodes (Shooter) – SiN Episodes

Wenn man Sachen sagt wie z.B.: „Junge, Junge, sowas hätt’s früher nicht gegeben“, kommt man sich richtig alt vor. Dann ist man schnell bei 8-Bit-Antiquitäten und die Arme fuchteln ein „Damals war alles besser!“ in den Äther. Was das mit SiN Episodes: Emergence zu tun hat? Zum einen wurden Spiele bisher nicht in Häppchen serviert und zum anderen hatte man „früher“ irgendwie mehr Lust an dem Wegmähen strunzdummer Gegner. Macht das Abknallen stupider Feinde in sparsam dosierten Häppchen trotzdem Laune?

© Ritual / Valve / EA

So sehr wie Ritual die Anzahl der Widersacher entglitten ist, so wenig trefft ihr übrigens auf Variationen derselben. Neben den bleihungrigen Normalos umschwirren euch Soldaten mit Jet Packs und ihr bekommt es mit Trägern schwerer MGs zu tun, das war’s. Letzteren werdet ihr nicht nur Munition, sondern auch Hasstiraden um die Ohren schleudern, denn wenn

Über realistische Physik freuen sich die Mitarbeiter dieses Büros mit Sicherheit nicht!

deren Kanone einmal Feuer spuckt, bleibt kein Blutbeutel trocken.

Immerhin könnt ihr den „Gefallen“ problemlos erwidern, denn falls ihr die Feinde aus naher Distanz oder per Kopfschuss umlegt, vervierfacht sich kurzzeitig die Anzahl separater Körperteile. Die satten Explosionen nach Einsatz der Granate haben denselben Effekt. Kein Wunder, dass die Version in Deutschland nicht verfügbar ist. Der brachialen Action kommt das zugute – moralisches Dilemma hin oder her. SiN Episodes zielt auf eure niederen Instinkte und trifft ins Schwarze. Deshalb stört es auch nicht, dass Bösewichter nur sporadisch Deckung suchen und Teamwork nur vom Hörensagen kennen.

Als unnötig empfinde ich allerdings die Tatsache, dass Blade selbst Zivilisten ohne Konsequenzen hinrichten darf – während er wie Gordon Freeman seine Waffe senkt, sobald Jessica vor ihm steht. Für Actionkenner ist außerdem das Waffenarsenal eine Enttäuschung, da ihr neben Granatsplittern nur Blei aus drei Läufen verteilt: Pistole, Schrotflinte und Maschinengewehr räumen den Weg unter sattem Dröhnen frei. Mag sein, dass Episode zwei das Angebot aufstockt. Doch selbst in Anbetracht von jeweils zwei Schussarten pro Bleispritze und obwohl ihr nur wenige Stunden im ersten Teil zubringt, ist das zuwenig.

In Sachen Coolness soll dafür grünes Gas Punkte sammeln, nach dessen Inhalation ihr für eine kurze Dauer in Zeitlupe unterwegs seid. Blöd nur, dass sich diese Fässer entweder direkt neben einer Schar Soldaten oder abseits des Geschehens befinden. Dadurch tankt ihr selten genug Reflex-Verstärker, um die ohnehin nutzlose Nebenwirkung sinnvoll einzusetzen. Ganz zu schweigen davon, dass ihr den Effekt nicht nach Belieben ein- und ausknipsen könnt, so dass ihr schon mal gelangweilt Däumchen dreht, bis ihr im Normalschritt weiter laufen dürft.

Und sonst? Außer Action nichts gewesen?

Hin und wieder fummeln die Entwickler winzige Rätsel in die Handlung; Ihr müsst z.B. eine Tonne mit explosivem Inhalt sprengen, woraufhin ein zerberstendes Gerüst den verschlossenen Weg freipoltert. Abgesehen davon beschränkt sich die Kopfarbeit auf das Entdecken von versteckten Kisten oder das Aufspüren von Medizinkanistern. Letztere packt ihr in Half-Life-ähnliche Maschinen, die ihr zum Heilen nutzt. In den meisten Fällen sind die Geräte zwar bereits bestückt, allerdings lungert oft Nachschub in Spinden oder Schubfächern. Den trägt Blade dann zur dafür vorgesehen Ladestation. Nett gedacht, überflüssig gemacht: Weshalb ich erst die Umgebung abgrasen muss anstatt sofort einen vollen Kanister vorzufinden, ist mir ein

Wiedersehen macht Freude! Jedenfalls so lange, wie man kein mysteriöses Serum injiziert bekommt…

Rätsel. Glaubwürdiger werden die für oberflächliche Action erbauten Schauplätze dadurch nicht.

So richtig in Fahrt kommt Emergence, wenn ihr nach ungefähr halber Spielzeit aus einem riesigen Frachter fliehen müsst. Dessen Labors waren gefüllt mit Elexis‘ mutierten Experimenten, die sich plötzlich auf freiem Fuß befinden. Zwar gibt es auch von ihnen gerade mal zwei Typen, dafür steht die beklemmende Atmosphäre dem Auftauchen der Flood in Halo in nichts nach. Schlüsselmomente werden dabei von elektronischen Tönen untermalt, deren Einsatz und Zusammenstellung frappierend an Half-Life 2 erinnert. Bleigefechte werden hingegen von rockigen Beats begleitet, die sich im Mix mit Orchesterklängen und Operngesang erfrischend unverbraucht anhören. Zusätzlich ziehen euch sowohl der exzellente Surround-Klang als auch die ständigen Selbstgespräche des zukünftigen Kugelfutters unmittelbar ins Geschehen.

Im späteren Verlauf flaut die Spannung allerdings deutlich ab und ihr schlagt euch bis zum Schluss mit dem uninspirierten Repertoire an Fußsoldaten herum. Nur wenn ihr in Jessicas Wagen durch den Haupteingang des feindlichen Hauptquartier brettert oder vom Dach des Wolkenkratzers auf die Metropole am anderen Flussufer schaut, kommt dann noch mal Stimmung auf. 

                 

  1. Ich find's beknackt, dass sie sich jetzt wie auch bei HL2 auf "Episodes" beschränkt haben. Warum lauter Einzelfolgen mit sehr niedriger Spieldauer rausbringen, wenn man auch ein sehr gutes Spiel mit längerer Spieldauer und mehr investierten Monaten rausbringen kann?
    Ich finde, das ist nur Abzocke. (Naja, Valve eben. ^^)

  2. Jau, zumal ich mich ordentlich erschrocken hab, als ich den Fisch sah und die tosende "You found a secret"-Musik ertönte. ;) Allerdings fand ich die Easter Eggs in Episodes sehr unspektakulär und kaum witzig im Vergleich zu Sachen, die es schon anderswo gab.

  3. Was mich beim Spielen am meisten motiviert hat war die Suche nach Easter Eggs. Das ist auch das erste mal seit langem das ich wieder Dope Fish gesehen habe :lol:

  4. " Unter Hochspannung habe ich deshalb meine frisch eingetrudelte US-Fassung aus ihrer Folie gefummelt [...]"
    "Kein Wunder, dass die Version in Deutschland nicht verfügbar ist."
    ;-)
    Grüße,
    Benjamin

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