Obwohl man an einer (sitzenden) Position festgenagelt ist und keinerlei Bewegungsmöglichkeit oder sonstige Optionen hat, das Geschehen aus einer anderen Perspektive zu betrachten, kann man sich eingeschränkt bewegen – soweit der Oberkörper bzw. der Kopf reichen. Und obwohl es hier Ansätze von Reaktionen auf Annäherung seitens des Spielers gibt, bleibt alles keusch, scheu und oberflächlich. In einer Szene z.B. nutzt Hikari die Lernpause, um ihre sozialen Medien zu überprüfen. Lehnt man sich vor, um zu schauen, was sie macht, wird sie defensiv, zieht sich leicht zurück und bittet darum, dies zu unterlassen. Doch dabei belässt sie es dann. Man kann sie niemals zu irgendwelchen größeren Aktionen provozieren – auch, weil die abgespielten Szenen häufig zu kurz sind, um daraus dramaturgisch etwas Interessantes zu machen.
Nur gucken, nicht anfassen – und gucken auch nicht richtig
Und für die Spieler, die eine Alternative zur Fleischbeschau der VR-Inhalte aus Dead or Alive Xtreme 3 suchen, ist Summer Lesson ebenfalls nicht geeignet. Abgesehen davon, dass Hikari stets züchtig angezogen ist und nur minimalste Einblicke
gewährt, wird der Bildschirm immer behutsam ausgeblendet, wenn es in diffizile Bereiche geht. Nähert man sich ihrem Gesicht an (und sei es nur), um die filigran eingesetzte Mimik im Detail zu betrachten, wird es dunkel in der Brille – es wird vermutlich interpretiert, dass man Hikari küssen möchte oder Ähnliches. Nähert man sich ihrem Oberkörper, bekommt man das gleiche Ergebnis. Selbst der Versuch, beim Feuerwerk den Kopf auf ihre Schulter zu legen, wird durch ein Beiseiterücken von ihr beantwortet. Und nimmt man tatsächlich die Anstrengung auf sich, um ihr unter das Röckchen der Schuluniform lugen zu können, bekommt man ebenfalls den schwarzen Bildschirm. Sprich: Schulmädchen-Fetische werden nur in ihrer harmlosesten Form bedient. Der Reiz, etwas Verbotenes zu erhaschen, wird ohnehin spätestens dann minimiert, wenn man sie mit einem anderen Kostüm auflaufen lässt. Selbstredend kann man seine Hände und Arme nicht benutzen, um sie zu berühren.
Immerhin: Die Immersion ist trotzdem recht hoch – was nicht nur den heimeligen Umgebungen, sondern vor allem den natürlichen sowie geschmeidigen Bewegungen der Hauptfigur zu verdanken ist. In ihrem Gesicht, das allerdings in einigen Momenten einen Tick zu puppenhaft wirkt, sind sehr häufig überzeugende Emotionen zu erkennen. Die in dieser Fassung Englisch untertitelte japanische Sprachausgabe wird lippensynchron ausgegeben und zeigt, dass das Team von Bandai Namco die verwendete Unreal Engine 4 ordentlich im Griff hat. Auch die verschiedenen Schauplätze wie das Café, Hikaris Zimmer oder der Schrein, an dem man sich gelegentlich zu einem freundschaftlichen Plausch einfindet, wurden mit viel Detailliebe gestaltet – die allerdings nicht konsequent durchgezogen wurde. Die Zeiger der Uhren z.B. bewegen sich nicht und das ansehnliche Feuerwerk wird nicht in den Wellen der Bucht gespiegelt, an der man es verfolgt. Durch diese Kleinigkeiten sowie die seltenen Clipping-Probleme von Hikari und weiterer Kleidung wird man immer wieder aus der harmlos-entspannten Welt herausgezogen.
Als Tester probiert man halt mehr aus als man es vielleicht privat würde. ^^
Und natürlich ist es enttäuschend wenn man solche Dinge lediglich damit löst, dass der Bildschirm dunkel wird, etwas mehr kann man ja schon erwarten.
Naja, das "Spiel" ist halt primär als Test zu sehen, das war mir eigentlich von Anfang an klar. Kann man nur hoffen, dass ein möglicher Nachfolger bei genug verkauften Exemplaren weiter ausgebaut wird und man dann wirklich eine halbwegs gute KI hat, weil die ist nötig damit die Präsenz nicht bricht.
Ich werd es mir aber dennoch aus Neugierde mal holen, sobald ich eine PSVR habe. ^^
Was mich aber interessieren würde: wie gut funktionieren die Untertitel eigentlich? Stören die nicht eher in einem solchen VR Spiel?
Ich stimme nicht ganz zu: Sehr wohl finde ich, dass Dinge, die NICHT da sind, man aber gewohnt ist oder die man erwarten könnte, sich erheblich auf den Spielspaß auswirken kann.
Banales Beispiel: Man spielt jahrelang Fifa, und aus Grund xyz wechselt man zu PES. PES ist, was es ist, aber man muss nunmal sagen, dass ihm Dinge fehlen, die Fifa hat - und andersrum.
Und das hat dann natürlich seine Gründe, und ich will in einem Test schon wissen, warum es so sein könnte und wie es sich auswirken kann.