Es wird noch besser: In einer Szene wird einer Spielfigur von einem Werwolf per Kralle das Auge herausgerissen. Glück hat, wer knallhart ist: Denn anstatt zu schreien, zu wimmern oder (mit dem übriggebliebenen Auge) zu weinen, geht es einfach flugs ab vor den Spiegel, um die klaffende Wunde mit einem Verband zu versehen. Besonders zäh und unlogisch wird es, wenn es um die Verwandlungssequenz der Werwölfe geht: Die sehen komplett haarlos zum einen gar nicht aus wie Werwölfe, und werden zum anderen von einem erst leicht zitternden Menschen durch eine Blut- und Haut-Explosion ganz ohne vorher stattfindende körperliche Veränderung zum nackten Werwolf. Andersherum geht es genauso: Dann macht es Platsch und der Werwolf ist wieder ein Mensch mit normalem Aussehen – sogar die Klamotten wachsen in einigen Fällen wieder nach. Da wäre eine echte und toll gemachte Verwandlungssequenz, wie sie schon in American Werewolf zu sehen war, die deutlich bessere und stimmungsvollere Variante gewesen. Auch eine Taschenlampe dürfen die Spielfiguren nur dann nutzen, wenn das Spiel es auch zulässt. Die Umgebung ist zwar stockfinster, doch die Taschenlampe des Smartphones kommt nicht zum Einsatz, und die Schrotflinte, an deren Unterseite eine riesige Funzel befestigt ist, bleibt auch in fast völliger Dunkelheit lieber auf der Schulter. Solche Dinge sind absolut sinnfrei und mehr als unlogisch!
Du hast was im Gesicht
Die Gesichter der Spielfiguren und die Optik der Umgebung geben hingegen nur selten Anlass zu Kritik: Die meisten Schauspieler wurden fast lebensecht im Spiel umgesetzt, auch die Animationen beim Sprechen, Laufen oder Herumtollen sind meistens gefällig. Allerdings gibt es – genau wie in den vorangegangenen Spielen von Supermassive Games – krasse Ausreißer nach oben und unten. Bei den weiblichen Darstellern stechen Abigail und Kaitlyn als Positiv-Beispiele heraus. Hier sorgen Mimik, die Bewegung der Augen und des Mundes beziehungsweise der Lippen, für ein stimmiges und überzeugendes Gesamtbild. Die wohl bekannteste Schauspielerin der Riege, Halston Sage als Emma, sorgt aber fast zu jeder Zeit für den Uncanny-Valley-Effekt: Viele ihrer Gesichtsausdrücke sind unpassend, die Lippen in vielen Szenen seltsam dick und aufgeblasen – die Stirn scheinbar taub von der letzten Botox-Behandlung. Auch bei den männlichen Darstellern gibt es diese Unterschiede, besonders bei Ryan bewegt sich außer den Lippen im Rest des Gesichts scheinbar gar nichts – Dylan feiert daneben mit krauser Stirn, keckem Grinsen und einem animierten Philtrum eine regelrechte Gesichtskirmes. Im schlimmsten Fall entstehen in den Dialogen durch diese Diskrepanzen derart unpassende Gesichtsausdrücke, als würde Jason Vorhees versuchen, einen Kopf durch einen Briefkastenschlitz zu drücken: Geht, ist aber schmerzhaft – und unansehnlich. Ähnliches gilt auch für die musikalische Untermalung, die ab und an den Punkt trifft, in weiten Teilen das Geschehen auf dem Bildschirm aber nicht entsprechend untermalt. Statt kreischender Geigen gibt es Metal mit Gesang – das darf nur Rob Zombie.
Mehr Mut, liebe Entwickler!
Während die Story also vor sich hinplätschert und das große Gegrusel mehr oder weniger auf der Strecke bleibt, fragt man sich, warum die Entwickler nicht viel mehr aus dem Medium herausholen. Mit der Kamera, die die verschiedenen Szenen einfängt, wird so gut wie niemals gespielt. Warum macht man sich nicht die Dehnbarkeit einer computergenerierten Darstellung zunutze und platziert die Kamera nicht an Stellen, die in einem echten Film fast unmöglich wären? Krasse Zooms aus weiter Ferne, Aufnahmen aus undenkbaren Perspektiven oder einfach mal eine Kamera-Ansicht vom Rücken eines Werwolfs bei einer Verfolgung durch den Wald hätten hier wahre Wunder gewirkt. Es genügt nicht, sich zum Spielbeginn vor der Tanz-der-Teufel-Kamerafahrt zu verneigen, nur um dann im weiteren Verlauf fast alle Szenen im 08/15-Standard zu verwirklichen. Statt intensiver, intelligenter und aufregender Kameraführung erwarten den Spieler Einstellungen und Gameplay, die so alt sind wie das Volk der Predators.
Das gilt übrigens auch für das Einsammeln verschiedener Hinweise, wie etwa Zeitungen, Nachrichten oder Briefe, die im Spielgebiet verstreut sind. Diese haben absolut keine Auswirkung auf spätere Ereignisse oder werden in einem Dialog oder in einer bestimmten Situation zum Vorteil des Spielers. Da denkt man sich bei Supermassive extra stimmige Tarot-Karten als zusätzliches Sammelobjekt aus, dass dann nur den Zweck erfüllt bei der Erzählerin zwischen den Kapiteln für einen Blick in die meist vollkommen nutzlose, weil wenig aussagekräftige Kristallkugel, eingetauscht zu werden.
Wie wäre es denn mit verfügbaren Modifikationsmöglichkeiten für das weitere Spiel gewesen? Der Tod stünde für sofortigen Tod beim erfolglosen Quick-Time-Event, die Sonne für eine Extra-Möglichkeit, einem Werwolf in letzter Sekunde doch noch zu entkommen? Hier wurde definitiv viel Potenzial verschenkt. Ebenfalls nervig ist die Tatsache, dass kein Dialog beschleunigt oder abgebrochen werden kann. Das macht einen erneuten Durchlauf zur Qual. Viele Teile des Spiels, wie etwa die Menüs, Einblendungen oder das Ladesymbol, sollen an ein abgespieltes VHS-Video erinnern. Warum gibt es dann keine Vor- und Rückspulfunktion samt der bunt gestreiften Bildstörungen am oberen und unteren Bildrand? So etwas muss man sicherlich nicht verstehen, zumal es in sehr vielen Situationen absolut Sinn machen würde.
@Topic
Also ich verstehe nicht warum Until Dawn im Vergleich immer hochgehalten wird, wenn einem das Prinzip nicht gefällt. Das war doch auch all over the place, unlogisch und hatte keine richtigen Entscheidungen bzw. die wenigen waren schlecht implementiert oder erst sehr späte im Spiel.
Das ist doch immer das gleiche wie bei Telltale...wirkliche Entscheidungen müssen auch alle programmiert, eingesprochen, motion-captured usw. werden. Je mehr Entscheidungen desto teurer. + das die offensichtlich miese Drehbuchautoren sind. Spiele die für Lets Plays geboren sind.
Ich empfand die Story viel zu sicher. Es kommt mir alles wie eine Alternativ-version von Until Dawn vor ohne neue Impulse zu setzen. Die Cast fand Ich hier auch echt unsympathisch mit schlechtem Beziehungsaufbau. Alle Ideen von Until Dawn wurden einfach schamlos übertragen. Desweiteren gab es immense psychologische Lücken, also wie die Charaktere agieren und miteinander reden ist jetzt wirklich nicht menschlich.
Sehr schade, weil Grafik, Sound und technische Präsentation sind besser als alle anderen SMG Spiele bisher, aber die Charaktere und Story fand Ich echt dröge und Ideenlos. Außerhalb von 4players waren die Rezensionen auch durchwegs positiv und es wurde eher positiv mit Until Dawn und TDPA Ablegern verglichen, aber Ich kann eher dieser Rezension zustimmen.
Mmn hat sich ein sehr starken Eindruck verbreitet, dass Shareholder und Publisher zu sehr beim kreativen Prozess mit von der Partie waren.
Leider scheint es auch funktioniert zu haben. Ich hoffe der nächste Titel knallt besser. House of Ashes hat mir da um einiges mehr gefallen.
Ist nur dein Problem, danke für die Meinung. Ich fand es sehr lustig. Und einige andere.
Wollte mir ein Let´s play anschauen und hab das hier gefunden! Stellenweise echt lustig!