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Trover Saves the Universe (Action-Adventure) – Spielbarer VR-Fiebertraum

Wie geht man als Entwickler am besten mit übereifrigen politisch korrekten Moralaposteln um? Man zieht sie einfach selbst durch den Kakao und überhäuft den Spieler mit so vielen Obszönitäten, dass er irgendwann derart desensibilisiert ist, um sich auf die Persönlichkeiten und Motivationen hinter den Flüchen konzentrieren zu können: So lautet zumindest die Patentlösung von Rick-and-Morty-Mitschöpfer Justin Roiland in seinem VR-Abenteuer Trover rettet das Universum.

© Squanch Games / Squanch Games

Trash-Talk nonstop

Die spielerischen Aspekte an sich können also nur solide bis gut unterhalten, woran auch die schwache KI der variierenden Schergen Schuld ist: Sie rennen meist nur stupide auf Trover zu, statt auch mal zu flankieren oder andere Tricks zu starten. Erzählerisch erweist sich das Abenteuer aber als erstaunlich rührend. Hinter all dem Wahnsinn und lockerem Gelaber steckt eine Geschichte um die Freundschaft zwischen Trover und dem Spieler (bzw. dem Chairopean): Nachdem das violette Augenhöhlenmonster ein wenig auftaute und endlich mehr in seinem Abenteuer sah als nur einen Job mit einem fremden Partner, ist es mir richtig ans Herz gewachsen!

Auch aus Roilands grenzgenialem Sinn für Inprovisation ergeben sich alle möglichen Metaphern und bizarren Momente – z.B. wenn der vom schlechten Gewissen geplagte Trover versucht, sich beim Spieler einzuschleimen: Auch er habe schließlich schon einmal Sex mit einem Chairopean gehabt – und es habe ihm sogar gefallen! Im Grunde ist es nur Unsicherheit, die Trover zwischen dem traditionellen „Chairismus“ seiner Kneipenkumpels und übertriebener politischer Korrektheit schwanken lässt. Interessant ist auch, wie beiläufig die Autoren immer wieder Details über bizarre gesellschaftliche Hintergründe einstreuen: In dieser Ecke des Universums werden offenbar vor allem ältere Personen als sexuell begehrenswert betrachtet, so dass man nebenbei immer wieder von marodierenden Zuhälter-Gangs hört, die komplette Seniorenresidenzen ausbeuten.

Gar nicht so unwichtig

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Der improvisierte Smalltalk zwischen Trover & Co. wirkt ähnlich natürlich wie in der Uncharted-Reihe – sogar während der Kämpfe. © 4P/Screenshot

Besonders cool sind die einschneidenden Dialog-Konsequenzen, in denen man zustimmend nickt oder mit dem Kopf schüttelt. Manche Figuren gingen mir mit ihrem endlosen Gelaber und Getrolle derart auf die Nerven, dass ich sie irgendwann einfach von der Klippe geschubst hab. Ich habe keine Ahnung, ob ich die Situation auch anders hätte lösen können. Doch nachdem Doopy Dooper mir trotz der drohenden Apokalypse endlos mit Smalltalk auf den Senkel ging und mich zu sinnlosem Kistenstapeln zwang, riss irgendwann mein Geduldsfaden. Anderswo kann eine unbedachte Entscheidung sogar zur Auslöschung einer kompletten Zivilisation führen! Nehmt die kleinen Abzweigungen in der Handlung also nicht zu sehr auf die leichte Schulter! Der vorherrschende lockere Ton kann auch täuschen.

Auf der Jagd nach dem Fiesling Glorkon trifft man auf jede Menge seiner Klone in unterschiedlich albernen Kostümen sowie andere herrlich obskure Figuren wie der altehrwürdige Rat der allwissenden „Abstainers“. Ihr Design wirkt zwar schrecklich billig (wie Glorkon, nur in anderen Farben), im Gegenzug haben sich ihre Autoren aber einige äußerst alberne Dialogzeilen ausgedacht. Bleibt nach einem Gespräch mit ihnen ruhig noch ein Weilchen stehen, bevor ihr zum Telepod-Transporter zurückkehrt!

Bist du es, Rick?

In diesem Spiel klingen zwar fast alle Stimmen wie Rick und Morty, doch selbst das nutzt ihr Sprecher Roiland immer wieder dafür, sich selbst auf die Schippe zu nehmen. Sogar unwichtige Standard-Gegner zanken sich hier in minutenlangen Dialogen über ihren Alltag als Klone, ihre heimlichen Techtelmechtel oder philosophische Fragen. Oder sie beleidigen einfach endlos den Spieler! Wer sich all das nicht unterm VR-Headset geben will oder kann, darf das Abenteuer übrigens auch auf einer gewöhnlichen PS4 (Pro) und einem Fernseher bestreiten. Dann wirken allerdings die Perspektiven und Proportionen reichlich seltsam.

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Im Laufe der Reise trifft man auf allerlei seltsamen Figuren, gescheiterte Weltraum-Comedians und sogar Trovers rachsüchtigen Ex-Mitbewohner. © 4P/Screenshot

Auch die auf VR zugeschnittene Steuerung mit ihren Warp-Knoten passt nicht wirklich zu einer klassischen Darstellung auf der flachen Scheibe. Technisch lief es auf der PS4 Pro übrigens stets perfekt sauber und flüssig – egal ob mit oder ohne VR-Brille. Auf der Rift S konnten wir keine einschneidenden Unterschiede entdecken. Dort fühlt es sich (bei Nutzung der Touch-Controller) natürlich etwas seltsam an, zwei Controller in der Hand, im Spiel aber nur einen vor Augen zu haben. Im Gegenzug profitiert der Komfort aber von der höheren Auflösung des Headsets. Vertont wurde das Spiel leider nur auf Englisch, es sind aber deutsche Untertitel und Menüs verfügbar.

  1. Rick und Morty (Serie) fand ich genial. Diese Mischung aus philosophisch-tiefgründig und Humor unter der Gürtellinie... klasse! ;)
    Freue mich auf die vierte Staffel im November.

  2. Ich habe SELTEN so hart gelacht. Und noch nie in einem Videogame. Meine Freunde und ich haben uns am Freitag in die Rift S gespannt und hatten am Ende Muskelkater in den Wangen. Tierisches Vergnügen! Und spätestens, wenn man merkt, dass jedes einzelne Collectible-Powerbaby einen eigenen Namen und eine (zumeist urst komische) Backstory hat, weiß man, wie viel Liebe in dieses Game geflossen ist.

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