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Velvet Assassin (Action-Adventure) – Velvet Assassin

„Ich hatt ’nen Kameraden, ’nen Bessren findste nich…“ Der Soldat trällert ein Liedchen in die Hamburger Nacht. Es ist kalt und neblig – das ideale Mistwetter für eine militärische Undercover-Mission. Noch sitze ich mucksmäuschenstill hinter einer riesigen Frachtkiste aus Bremen. Noch warte ich auf den richtigen Moment. Dann steckt sich der Wachposten eine Zigarette an. Als blauer Dunst zur Elbe weht, schleiche ich mich geduckt heran, das blanke Messer in der Hand…

© Replay Studios / SouthPeak

Die Zwischentöne im Feindbild

Erkennt ihr noch was? Das Spiel ist düster und der Einsatz der Taschenlampe ist überaus gefährlich.

Aber es geht nicht um Zombies, sondern um die gezielte Sabotage der Wehrmacht, vom schnöden Hochjagen eines Benzintanklagers über die Eliminierung eines Waffen SS-Kommandeurs bis hin zur Rettung eines polnischen Widerstandskämpfers vor der Folter. Jetzt könnte man lamentieren, dass das ja nichts Neues sei, aber der Zweite Weltkrieg ist hier mehr als die Bühne für das ewig gleiche Naziklischee – natürlich gibt es die Bestie in Menschgestalt, die im Gestapo-Keller mordet, aber es gibt auch mehr Zwischentöne, mehr Menschliches unter Deutschen, wenn sich die Landser hinter vorgehaltener Hand über Gräueltaten unterhalten oder wenn man ihre Briefe in die Heimat liest.

Die Entwickler können zwar keine packende Story erzählen, weil selbst das Schicksal der kalten Heldin nicht mehr als eine bruchstückhafte Rückblende aus Missionserlebnissen ist, aber sie verleihen der Spielwelt eine authentische Mischung aus Dienst nach Vorschrift, Gnadenlosigkeit und Verzweiflung, in der Soldaten nicht nur über „Diese ganze Scheiße“ ihres Alltags oder ihren verdammten Chef fluchen, sondern sich oft angeregt bis aufgebracht über belanglose, heitere bis ernste Dinge unterhalten: Mal reden sie über den Wert von Kunst, über ihre Frauen oder über Kriegsverletzungen.

Die morbide Tristesse

Es geht gnadenlos zur Sache: Man kann die Feinde nicht betäuben, sondern nur töten. Es gibt Levels, in denen man die Konfrontation vermeiden kann – aber meist geben die Entwickler vor, wann Action und wann Schleichen angesagt ist.

Es gibt nicht nur den Nazi. Es gibt Einfaltspinsel, Idioten, Aufmüpfige, Ehrgeizige, Schleimer neben Sadisten, die eine Hasenjagd auf Gefangene einleiten wollen. Hier wird also trotz des klaren Feindbildes weder stigmatisiert noch heroisiert – man bekommt das ganze Spektrum des alltäglichen Wahnsinns, in dem sich nur kleine Oasen der Menschlichkeit gehalten haben. Aber letztlich liegt über allem eine morbide Tristesse, die den Schrecken des Krieges und seine Verbrechen verdeutlicht. Spätestens, wenn man im Warschauer Ghetto die Leichen der Erschossenen oder im Gestapo-Keller die zu Tode Gefolterten findet, hat man einen Kloß im Hals, wenn man zum nächsten Zielpunkt schleicht.

Natürlich ist Vioelettes Standpunkt eindeutig, wenn sie in ihren Erinnerungen davon spricht: Sie kämpft gegen ein Unrechtsregime mit sadistischer Führung. Aber sie zeigt auf ihrem Feldzug keine Regung, bleibt nahezu emotionslos – egal, ob sie an den Opfern der Nazis vorbei schleicht oder Nazis zu ihren Opfern macht. Ein Todesengel ohne Gnade? Oder eine vergebene Chance der Regie? Hätte man hier mehr Reflexion einbauen können? Vielleicht.

Aber als Violette einen sturzbetrunkenen U-Boot-Kapitän in seiner Hütte schlafen sieht, sagt sie zu sich und damit auch zum Spieler: Ich könnte ihn ganz einfach töten. Es wäre ein erfahrener Jäger weniger. Aber sie benutzt bewusst den Konjunktiv und überlässt dem Spieler die Wahl. Und seltsamerweise war hier kein Stealthkill möglich, obwohl sie eindeutig im Schatten lauerte – man hätte ihn lediglich über den Haufen ballern können. Ich hab den Mann schnarchen lassen. Noch besser wäre es gewesen, wenn man hier Erfahrungspunkte gewonnen oder einen geheimen Erfolg ergattert hätte

Man hat jedenfalls trotz Dutzender hinterhältiger Attacken und trotz des Verzichts auf Betäubungswaffen das Gefühl, dass da eine reife Regie am Werk war, die eine bestimmte Stimmung erzeugen wollte – schade, dass nicht auch ein begabter Erzähler beteiligt war. Und noch viel bedauerlicher ist es, dass das Spieldesign, das in seinen besten Momenten sogar sehr gut unterhält, zu viele frustrierende Fallgruben beinhaltet. Aber bevor die Wertung innerhalb der gut zwölf Stunden Spielzeit da hinein purzelt, gibt es auch einige Höhepunkte.
    

  1. Für mich hat sichs gelohnt und ich finds absolut gelungen, nazi thema hin oder her, vllt ist das technische erscheinen nicht optimal aber die präsentation und die stimmung find ich wirklich gelungen und wer bis zum showdown ohne gefühlsregung durch die level rumpelt den halte ich schon für sehr abgestumpft und würde ihm dringend ein anderes hobby nahelegen als computerspiele ... den ich musste einige male schlucken und emotionsregungen sind hier für gesunde menschen unvermeidbar.
    Grüße Joh

  2. tormente hat geschrieben:
    ZOMB13 hat geschrieben:-Stealth Action
    -man kann keine Lampen ausschießen
    wie kann das zusammen passen -.-
    das macht das spiel ziemlich kaputt/nicht spielenswert für mich -.-
    Jo, das stösst arg auf. Es sollte sich mittlerweile als Standart in Stealth Games durchgesetzt haben, dass Lichtquellen ein-/ausgeschaltet und zerstört werden können. Das ist wie ... Apfelkuchen mit nur einer Kuchenhälfte mit Äpfeln. Finde aufgrund dieses Negativpunktes die 75% sehr grosszügig bemessen.

    meint ihr das jetzt ernst oder...ich weiß auch nicht :lach:

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