Hacken & Schießen
Allem Trash-Faktor zum Trotz empfinde ich dieses skurrile Drumherum als klaren Bonus, vor allem im Vergleich zum spielerischen Kern des Titels. Denn schon nach zwei, drei Minuten, wird einem in den allerersten Kämpfen klar, dass die Macher vor allem den Shooter-Part komplett verbockt haben. Zwar sorgt das munter spritzende Blut für ordentliches Trefferfeedback bei den Feinden, generell fühlen sich das In-Deckung-gehen, das Zielen und Abdrücken aber rundum lausig an. Die Knarren haben keine Power, man feuert ständig daneben – und das (abschaltbare) Auto-Aim-System ist selten eine Hilfe. Auch das Balancing passt hinten und vorne nicht: Meist ist es trotz Beschuss von allen Seiten sicherer, mit gezogener Klinge munter vorzustürmen, als die Burschen aus der Deckung heraus gezielt umzunieten.
Hannah geht hinter den meisten Objekten und Brüstungen automatisch in Deckung und kann auch darüber flanken – in der Praxis entsteht aber so gut wie nie ein griffiger Shooter-Flow. Über 15 Jahre nach dem ersten Gears of War so eine lausige Third-Person-Ballermechanik anzubieten, ist ein Affront! Die Schießeisen können an den Speicherpunkten – aka immer wenn eine kleine fliegende Drohne erscheint – verbessert werden. Wenig überraschend passen die verbauten Teile so überhaupt nicht zu den sich dadurch ändernden Statuswerten, und motivierend ist das Pimpen der Schusswaffen auch nicht.
Wanted: Dead spendiert nur bei Bosskämpfen ein paar (nicht erkennbare) Rücksetzpunkte, ansonsten müsst ihr beim Ableben zum unter Umständen ein Stück entfernten Speicherpunkt zurück. Das kann ziemlich nerven, weil das Spiel selbst auf dem niedrigeren der beiden Schwierigkeitsgrade kein Zuckerschlecken ist und man oft das Gefühl hat, nicht selbst schuld an einem Bildschirmtod zu sein. In der ersten Welt wurde ich nach vielen Neuversuchen bei Bosskämpfen zweimal gefragt, ob ich zum superleichten Modus wechseln möchte – ich habe verneint und wurde fortan nie wieder mit der Option konfrontiert, obwohl ich in späteren Stages noch öfters ins Gras biss. Im Menü findet sich natürlich kein Hinweis auf so ein Hilfe-System.
Ebenfalls im Menü motzt ihr Hannahs Lebensenergie, die Special Moves eurer KI-Kollegen sowie eure Nahkampf-Manöver auf. Die kaufbaren Boni sind zwar nicht sonderlich kreativ, man spürt das Stärker-Werden im Spielverlauf aber immerhin deutlich. Sagte ich zwei Sätze vorher „KI-Kollegen“? Nun, über künstliche Intelligenz verfügen eure Buddies leider nicht: Sie richten beim Feind kaum Schaden an und sind euch nur selten eine Hilfe. Habt ihr eure Medipacks aufgebraucht und beißt ins Gras, belebt euch ein Teamkollege pro Checkpoint genau einmal wieder; ist dieser aber gerade nicht mit euch im Einsatz (z. B. weil die Story das Viererteam getrennt hat), dann steht dieser Rettungsanker nicht zur Verfügung.
Wer ist hier der Boss?
Im Spiel trifft man auf allerlei Unsympathen, im eigenen Team aber auch unter den Feinden: Der Teamkollege mit dem Spitznamen Herzog ist ein ziemlicher Widerling, der vor allem meine Büchsenmacherin sehr arrogant behandelt. Und bei einem Kommissar namens Richter Spade, einem unangenehmen Fatzke mit albernem Schnurrbart, war mir lange nicht klar, ob der nicht zum Superbösewicht avanciert. Bossduelle lieferte ich mir u.a. mit einem schwach animierten Spinnen-Mech (dessen zweiten Phase lächerlich unfair ist) und einem tumben Soldaten-Klonkrieger namens August. Dieser Muskelmann schien anfangs ziemlich knifflig, bis ich herausfand, dass stumpfes Beackern der Schlagtaste sicherer zum Erfolg führt als Ausweichbewegungen und Fernwaffeneinsatz.
Während ich, wie erwähnt, die Shooter-Mechanik als grundlegend missglückt erachte, ist der Slasher-Part der deutliche bessere Teil im Action-Potpourri. Hier spürt man die Ninja-Gaiden-Erfahrung des Teams, allerdings bekommt man trotzdem nur eine schlechtere, weniger variable Version vom Kampfsystem aus Ninja Gaiden 3 serviert. Hannah kombiniert Katana-Hiebe mit schwachen Schüssen aus einer Handfeuerwaffe, kann blocken, kontern und einen Zeitlupen-Supermove (der fast nichts abzieht) ausführen. Geschwächte Feinde leuchten hell auf, dann könnt ihr sie mit einer Buttonkombi töten und euch einen Teil der eben verlorenen Lebensenergie zurückholen. Die derben Schwerthiebe und Finisher teilen viele Feinde in Stücke und lassen schon mal Köpfe rollen – die Gewalt sieht dabei aber meist so hampelig und hanebüchen aus, dass selbst Gore-Fans nicht auf ihre Kosten kommen. Und beim gelegentlichen Einsatz einer Kettensäge fanden die Entwickler es wohl lustig, ein dickes rotes „Censored“-Schild beim Zersägen einzublenden.
Rot blinkende Feindattacken münzen reaktionsschnelle Spieler in tödliche Konter um, doch immer wieder ärgert man sich, dass das eigentliche Block-Timing nicht sehr gut funktioniert. Immerhin könnt ihr die Aktion spammen, landet also so manchen Zufallstreffer. Weil das Spiel besonders gern Feinde in eurem Rücken spawnen lässt, viele Gegner gleich aussehen (aber unterschiedlich viel vertragen) und Hannahs Manöver unterm Strich zu gleichförmig und repetitiv sind, kann sich Wanted: Dead auch in puncto Nahkampf nicht mit Ninja Gaiden oder anderen Character-Action-Granden messen. Und die in der Einleitung angerissene Cyberpunk-Anspielung? Ein paar Charaktere mit Prothesen, cool designte Poizeiautos und Klonkrieger als Antagonisten reichen bei weitem nicht aus, um aus einem trashigen Actionfilm-Szenario eine Cyberpunk-Distopie zu machen; auch der anfangs eingeführte Mega-Konzern Dauer Synthetics spielt in den Stunden danach viel zu selten eine Rolle.
Das Wii U Gemetzel ist zwar wesentlich spaßiger, trotzdem ein immer noch erfrischend altmodisches Machwerk. Rockt ordentlichst! Und schön weird...
Gibt ja immer versch. subjektiven Eindrücke und vieles kann man gut erklären. Und ich hatte auch echt Bock auf das Teil - aber das ist in vielerlei Sicht so verkorkst. Eike hier hat auch 1,2 Stunden gespielt und zwischen Lachflash und grober Wut war vieles dabei, nur kein Spielspaß.
Ich würde warten bis es billiger ist.