Puh, schwitzt ihr dieser Tage angesichts der bulligen Hitze auch so heftig wie wir? Mal ehrlich: So oft kann eine*r gar nicht unter die Dusche steigen, sich einen Nackenventilator um den Hals hängen, oder einen Beutel Eiswürfel unters Shirt stecken, wie es den Temperaturen dieser Tage angemessen wäre. Dessen ungeachtet klemmen wir uns hinter unsere Rechner und Konsolen, zocken auch in der Freizeit, was der Rechenknecht oder die Spielekonsole hergibt – mit oder ohne Wasserkühlung.
Einige unserer aktuellen Titel versprechen sogar Abkühlung (Arlene), andere sehen ganz kontraproduktiv nach schwitzigen Gefechten aus (Jonas, Patrick) und wieder andere flüchten vor Rekordtemperaturen in Minecraft-Märchen (Paul). Aber egal, wie unsere Redakteure im Einzelfall mit Hitze umgehen – hier kommt sie: Unsere monatlich wiederkehrende Reihe: „Was spielt die Redaktion?“ Mit dabei: Leider nicht alle Kolleg*innen (schließlich gibt es auch für uns sowas wie Urlaub & Co.). Wir wünschen erfrischende Lektüre.
Arlene: Coral Island
Coral Island steht ehrlich gesagt schon seit Ewigkeiten auf meiner geistigen Liste an Spielen, die ich unbedingt ausprobieren muss. Bereits zu Zeiten der Kickstarter-Kampagne habe ich mich in das Konzept der tropischen Farming-Sim verliebt. Leider wurde der Titel in meinem Kopf nach und nach von neuen spannenden Spielen vergraben und in meiner Steam-Wunschliste war der entsprechende Eintrag nur noch mit ausdauerndem Scrollen zu finden.
Als ich kürzlich Informationen zu Update 1.1 in meinen Feed gespült bekommen habe, wurde ich endlich wieder auf diese Perle aufmerksam und beschloss, endlich reinzuschauen. Die vielen halbgaren Stardew Valley-Nacheiferer haben mich offensichtlich geschunden, denn ich kam nicht umhin meine Zweifel mitzubringen. Aber die mir zuvor ausgesprochene Empfehlung einer Freundin hat auf jeden Fall ins Schwarze getroffen.
Die Atmosphäre der Insel bringt hundertprozentige Urlaubs-Vibes mit sich, was das Spiel übrigens perfekt für den Sommer macht. Jeder Teil der Umgebung fühlt sich durchdacht und bewusst gestaltet an. Am deutlichsten ist mir das an den Häusern aufgefallen, die tatsächlich eine sinnvolle Größe haben und nicht nur aus einem einzigen Raum mit Bett und Tisch bestehen. Außerdem gefällt mir der moderne Flair, vom simplen Dorfleben hab ich mittlerweile genug gesehen in dem Genre.
Was mich auch begeistert hat, ist der einfache Fakt, dass man nicht direkt vor Feldern stehen muss, um sie zu bearbeiten. Da sich jede Einheit per Cursor ansteuern lässt, herrscht keine Gefahr mehr dauernd Hitboxen zu verpassen. Es mag nur ein kleines Detail sein, aber es zeigt, dass die Entwickler*innen sich Gedanken über die Mechaniken gemacht haben. Oh und letzten Punkt meiner Schwärmerei: Die Charaktere sehen in dem gewählten Artstyle wirklich gut aus!
Jonas kennt keine Hitze in: Unicorn Overlord
Zu viele Spiele, zu wenig Zeit – über diese Problematik habe ich bereits vor Kurzem in meiner Steam Deck-Kolumne lamentiert. Doch weil ausschließlich kurze Titel zocken, um möglichst viel zu erleben, irgendwie auch nicht wirklich zielführend ist und den Spaß in Arbeit verwandelt, habe ich mir mit Unicorn Overlord unlängst einen echten Brecher in den Slot der Nintendo Switch geschoben, auf den ich schon seit dem Release im März tierisch Bock hatte. Und was soll ich sagen? Vanilla Ware enttäuscht mich auch ein weiteres Mal nicht.
Bereits seit der Ankündigung hat mich der bezaubernde Artstyle abermals in seinen Bann schlagen können: Alle Charaktere strotzten in den Trailern nur so vor Charme. Im fertigen Spiel sieht das natürlich nicht anders aus und auch die dazu stark im Kontrast stehenden Pixel-Modelle sind eigentlich ziemlich schick geworden. Optik ist aber nicht alles und daher freue ich mich, dass Unicorn Overlord mich auch spielerisch seit über 60 Stunden begeistern kann.
Langsam steuere ich also auf das Ende zu und das stimmt mich angesichts der spaßigen Schlachten ganz schön traurig. Denn während ich zunächst einen Fire Emblem-artigen Strategie-Titel erwartet hatte, fährt Unicorn Overlord doch eine ungewöhnliche und angenehm frische Mischung beim Taktik-Gameplay auf. So bestücke ich meine Truppen vor jedem Feldzug mit unterschiedlichen Einheiten und muss dabei eine ausgewogene Kombination aus Fern- und Nahkämpfern, gepanzerten Rittern, agilen Assassinen, mächtigen Magiern und hilfreichen Heilern finden.
Anschließend werden diese noch mit der entsprechenden Ausrüstung bestückt und angeordnet, um bestens für die dann in Echtzeit stattfinden Kämpfe, bei denen nicht mehr eingegriffen werden kann, ausgestattet zu sein. Dann heißt es zurücklehnen und zuschauen, wie meine Truppe die feindliche auseinandernimmt – alles genaustens vor dem Gefecht kalkuliert. So kann ich Unicorn Overlord mit seinem außergewöhnlichen Ansatz und der wunderschönen Optik wirklich nur wärmstens empfehlen.
Paul bekämpft Hitze mit: Minecraft
Es ist nicht so, als hätte ich Mojangs Mega-Meilenstein der Videospielhistorie bislang keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt: Schon vor etlichen Jahren wagte ich mit meinen Kumpels – im damals noch zu jeder Nacht geteilten Wohnzimmer – Ausflüge in den Nether, stets mit dem Ziel vor Augen, eines Tages dem mächtigen Enderdrachen die Flügel zu stutzen. Und schon damals wusste ich, die behagliche Bauklötzchen-Optik von Minecraft, mit seinen malerischen Panoramen und den verspielten Villagern in ihren harmonischen Holzhüttchen zu genießen.
Da meine Mitstreiter an der Xbox schon damals sehr viel erfahrener im Umgang mit Spitzhacke, Schwert und Fackel waren als ich, erstreckte sich das gemeinsame Abenteuer allerdings nur über wenige Tage und ohne jemals großartig verwirrende Architekturblaupausen in der Hand gehalten zu haben. Als alter Ästhetiker blieb mir also nichts anderes übrig, die funktionalen, aber nicht gerade anschaulichen Gebilde meiner Gefährten mit einem tränenden Auge hinzunehmen und still und heimlich von asiatisch angehauchten Provinznestern, mit ihren verschlafenen Tempeln und farbenprächtigen Gartenanlagen zu träumen, während ich unermüdlich mein an die Hand gegebenes Diamant-Schwert in Richtung Zombies und Skelette schwang.
Über die Jahre hinweg wagte ich immer mal wieder auch allein ein paar Schritte zwischen den Klötzen – mit schnell versiegender Motivation aufgrund der Einsamkeit und der Überforderung im praktisch endlosen Minecraft-Universum. Die Lust auf das nichtsdestotrotz großartige und nicht zu Unrecht über Jahrzehnte hinweg gefeierte Game konnte ich glücklicherweise über die letzten Tage hinweg und mit starker Unterstützung an meiner Seite, die mir mit geduldigen Erklärungen zur Spielwelt und helfender Hand im Kampf gegen die Monsterscharen beisteht, wiederfinden.
Nun versinke ich in einem Meer aus spärlich beleuchteten Kirschblütenbäumen und werkele unbeirrt am riesigen Zierteich am Fuße einer verschneiten Berglandschaft, während ich mit Käfigen für die hauseigene Menagerie aus plappernden Papageien und putzigen Pandabären nur so um mich schmeiße. Ganz so, wie ich mir mein magisches Minecraft-Märchen eben immer vorgestellt habe.
Patrick spielt gegen die Hitze: Assassin’s Creed Syndicate (die Zweite)
Moment! Stopp! Halt! Ist das Etikettenschwindel, oder wieso erzähle ich euch hier zum zweiten Mal (eigentlich zum dritten Mal, wenn wir meine Kolumne mitzählen) einen vom viktorianischen England? Oder hat die Hitze mein Gehirn zermartert? Tja, um frank und frei zu quatschen: Seitdem ich im letzten Monat von den Eskapaden rund um Evie und Jacob Frye aus Assassin’s Creed: Syndicate palavert habe, hat sich bei mir spielerisch nichts getan – zumindest nicht in der Breite, in der Tiefe sehr wohl. Abgesehen davon, dass ich zwischenzeitlich mal Quake II angeworfen habe – und als alter Quake III Arena-Veteran jetzt ordentlich angefixt bin –, habe ich inzwischen über 55 Stunden in Syndicate versenkt – und bereue keine einzelne Minute.
Okay, das Missionspaket Der letzte Maharaja bereitet zwar Spielspaß (bei alkoholisierten Zielübungen auf Glasflaschen in Hintergassen), fügt neue Gameplay-Elemente hinzu (einen rudimentären Dialog-Baum), aber die Inszenierung ist gleichauf mit irgendeiner Fan-Mod (kaum stimmungsvolle Cinematics wie im Hauptspiel) und beim Ritt auf Zugdächern, musste ich mehrere Sekunden warten, bis endlich neue Gegner*innen der verfeindeten Blighters in meine Khukri-Klinge laufen durften. Was bei Action-Squenzen einer Ewigkeit gleichkommt.
Letztgenannter Punkt liegt womöglich auch am Balancing: Denn während bewusste Nebenquest „Off the Rails“ für ein früheres Level vorgesehen ist, bin ich mit 10 längst gegen die Leveling-Glasdecke von Assassin’s Creed Syndicate geknallt – und dass, obwohl sich das Finale der Hauptquest für mich erst vage zwischen Londoner Smog abzeichnet.
Womöglich bin selber schuld, denn anstatt die britische Hauptstadt aus dem Griff der Templer zu befreien, eile ich Karl Marx, Charles Dickens oder Charles Darwin zur Hilfe, sammle gepresste Blumen im Hyde Park, stöbere versteckte Truhen auf, oder übernehme mit meinen Rooks Southwark, Islington und City of London sowieso. Bis zum nächsten „Was spielt die Redaktion?“ habe ich aber Syndicate erfolgreich durchgespielt – versprochen, gebe ich euch mit Brief uns Siegel ihrer Majestät Königin Viktoria persönlich. Sofern mich die Hitze bis dahin nicht komplett grillt.
Quellen: YouTube / Coral Island, Assassin’s Creed Wiki, YouTube /Official ATLUS West