Hervorragend gelingen Khonsari dabei nicht nur glaubwürdige Dialoge, mühelos umschifft er auch eindimensionale Banalisierungen. Jede Figur spiegelt natürlich einen bestimmten Aspekt des Konflikts wider – aber nie als einfältiger Stichpunktgeber, sondern immer mit plausiblen Gründen und als Person mit einer vielschichtigen Vergangenheit. Ebenso zwangsläufig wie nachvollziehbar gerät Reza in einen Konflikt aus Freundschaft, Familie und Überzeugung.
Ein aufwändiges Bild zeichnet der Spielemacher auch vom wichtigsten Gegenstand seines Werks, dem Iran: Vom Tee als Geste der Begrüßung sowie der Bedeutung sie auszuschlagen über prägende Filme bis hin zu den problematischen Beziehungen mit den USA stellt Khonsari eine Welt vor, die den meisten seiner Spieler zuvor wohl unbekannt war. Wenn Reza gemeinsam mit seinen Mitstreitern betet, gelingt ihm eine ebenso unaufgeregte wie eindringliche Darstellung des Islams als Bestandteil des iranischen Alltags. Und im Detail hebt er natürlich die
Besonderheiten der Aufstände vor. Dazu zählen die „Walking Dead“, die sich Fotos ermordeter Revolutionäre an die Kleider hefteten, oder heimlich verkaufte Tonbänder, auf denen geistliche und intellektuelle Führer zum Widerstand aufriefen.
Frontal statt interaktiv
Nur das nahtlose Zusammenführen von Erzählung und Wissensvermittlung gelingt dem Regisseur nicht. Denn obwohl weiterführende Informationen in einem Tagebuch abgelegt werden, wo man sie komplett ignorieren könnte, leistet Khonsari in einigen Szenen ermüdenden Frontalunterricht. Wenn Reza außerhalb der Dialoge nämlich einen Schauplatz frei erkunden darf, schiebt man ihn von einem Informationssymbol zum nächsten, um Fakten abzugreifen. Oft muss man dort Fotos z.B. der Menschenaufläufe knipsen, dennoch ist das Wissenswerte nicht in die Geschichte eingebettet, sondern wird über weite Strecken außerhalb der Erzählung wie ein Stapel Ordner aufgetischt.
Dontnod (
Life is Strange
) verknüpfte Hintergrundwissen mit Rätseln, dem zentralen Manipulieren der Zeit und dem Sammeln optionaler, später mitunter wichtiger Informationen – solche Verbindungen fehlen 1979 Revolution. Und wie
gut hätte es dem Spiel getan, wenn Reza auch ruhige Minuten erleben würde, in denen er sich hinsetzen und ähnlich wie Max in Life is Strange die Ereignisse Revue passieren lassen könnte!
Und auch das ist eine Schwäche seines Spiels: Mitunter wirken die sehr kurzen Kapitel wie Stichpunkte, aus dem Zusammenhang gerissen. Überdeutlich dient jeder Abschnitt einem ganz bestimmten Zweck, selten fließen verschiedene erzählerische Elemente innerhalb einer Szene ineinander. Zu guter Letzt fehlen Übergänge, also ein- und weiterleitende Aufnahmen, Kommentare oder Kamerafahrten. So gut Khonsari im Rahmen des überschaubaren Budgets die Darstellung von Mimik und Gestik gelingt, so starr wirkt seine übergreifende Inszenierung.
Fliegende Pflasterstreifen
Spielerisch nutzt 1979 Revolution zudem die von Telltale und Dontnod etablierten Interaktionsmöglichkeiten, erreicht aber nie das technische Niveau der Vorbilder. So führen Reaktionstests, etwa im Kampf mit einem Polizisten, zwar
entweder zum Game Over oder dem Weiterkommen, verzweigen während der Szene aber kaum. Das gelegentliche Dauerklicken auf eine markierte Stelle wirkt sogar wie ein Fremdkörper. Richtig ulkig sieht das Versorgen einer offenen Wunde aus, über der anschließend zwei lose Pflasterstreifen schweben.
Dass das Spiel weder Gamepads unterstützt noch das das Ändern der Tastaturbelegung, stört das Erlebnis ebenfalls. Dass die Zeitfenster für alle Entscheidungen ausgesprochen knapp sind, ist sogar ärgerlich, denn so hat man hin und wieder keine Möglichkeit, die Antwortmöglichkeiten gegeneinander abzuwägen. Schade auch, dass jede Entscheidung, die vom Programm als wichtige Verzweigung festgehalten wird, sichtbar als solche markiert wird – das und viel zu häufige Einblendungen der Steam-Erfolge verhindern leider die vollständige Immersion in dem spannenden historischen Umfeld.
die verharmlosung findet da statt, wo du verharmlosende worte für eine diktatur benutzt. und nein, das war auch keine autokratie. wer oppositionelle einsperren, foltern und ermorden lässt, ist nunmal ein diktator.
Diktaturen koennen Monarchien sein, na und? Nordkorea oder Saudi sind auch Monarchien, wo ist der Sinn da was zu unterscheiden?
Meines Erachtens nicht bedeutend besser oder schlechter als in der sog. "Monarchie" vor der Revolution.