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Alpha Protocol – Ein Spionage-RPG (Rollenspiel) – Alpha Protocol – Ein Spionage-RPG

Neverwinter Nights 2, Star Wars: Knights of the Old Republic 2 – Obsidian Entertainment fuhr bisher erfolgreich im Windschatten von BioWare. Aber so gut man die Auftragsarbeiten auch erfüllte, fehlte es bisher an eigenen Ideen – bzw. dem Risikokapital. Umso erfreulicher ist es, dass man für Sega kreatives Neuland abseits von Fantasy oder Science-Fiction betritt: Die Gegenwart. Können die Kalifornier mit ihrem Spionage-Rollenspiel überzeugen oder die Kanadier gar übertrumpfen?

© Obsidian Entertainment / Sega

Ab in die Deckung

Das Abenteuer führt von Saudi-Arabien bis Rom, Taiwan und Moskau.

Das Deckungssystem funktioniert ähnlich wie in SC. Auf Knopfdruck begibt sich Thorton hinter eine Mauer und kann dann geduckt Richtung Kante trippeln, um sich umzusehen. Danach kann ich entweder elegant seitwärts aus der Deckung rollen oder frontal in die nächste Deckungsposition huschen – beide Möglichkeiten werden mit Symbolen angezeigt und auf Knopfdruck ausgeführt. Das ist theoretisch ein komfortables System, aber leider wird manchmal keine Deckung als Symbol angeboten, obwohl die Wand oder die Säule klar anvisiert werden.

Überhaupt ist die Bewegung eingeschränkt: Ich kann nur an bestimmten, klar markierten Stellen innerhalb eines Abschnittes springen oder über schulterhohe Mauern klettern. Zwar ist das Leveldesign später auch angenehm offen, so dass es mal alternative Routen gibt. Aber das ist trotzdem ärgerlich, denn zum einen fühle ich mich auf dem Weg zum Ziel gegängelt, weil die Symbole schon Routen andeuten, und zum anderen stehe ich manchmal vor kniehohen Hindernissen und komme nicht hinüber. Überhaupt kann Thorton nicht mit der traditionellen Akrobatik eines Solid oder Sam punkten, die ganze Etagen erkletterten oder Schächte durchkrochen: Es reicht gerade mal für geducktes Gehen und Seilbahnfahrten an vorgegeben Stellen.

Tactical Espionage Action

Wer sich verdächtig macht, muss mit plötzlich geänderten Patrouillen rechnen und sich am besten verstecken – nach einer Zeit kehren die Wachen wieder in ihre Routine zurück. Wer einen Alarm auslöst, hat es natürlich schwieriger, denn jetzt schwärmen sie bei gezückter Waffe aus und fordern Verstärkung an. Sehr schön ist übrigens, dass man nicht einfach den Raum wechseln und so den Alarm abschalten kann, denn er überträgt sich meist auf das ganze Gebäude. Aber auch hier kann man reagieren: Entweder schaltet man den Alarmkasten aus der Nähe oder per Granate aus der Distanz aus oder man nutzt technische Hilfsmittel, um die Wachen selbst dazu zu bringen – es gibt quasi falsche Sender, die eine Durchsage simulieren.

Im Nahkampf kann das Spiel keine Akzente setzen: Es wirkt wie ein Beat’em Up.

Hört sich bis hierher nach ausgezeichneter Stealth-Action an? Hätte es auch werden können, wenn Obsidian konsequenter gewesen wäre, denn es fehlen einige wichtige Elemente. Zum einen kann man keine Lichtquellen ausschießen, um sich Dunkelheit zu schaffen – so kann es seltsam aussehen, wenn man ungesehen durch einen hell erleuchteten Flur schleicht, nur weil man die Fähigkeit aktiviert hat. Zum anderen verschwinden sowohl Leichen als auch bewusstlos gewürgte Wachen nach kurzer Zeit: Es ist zwar schön, dass Wachen kurz nach dem Attentat auf ihre am Boden liegenden Kollegen reagieren und Alarm schlagen, aber sie verschwinden zu schnell – so muss man sich natürlich keine Gedanken machen, ob man seine Opfer irgendwo hin zerrt, und so verliert das Infiltrieren ein wenig Authentizität. Dazu gehört auch, dass man einmal geöffnete Türen nicht mehr schließen kann, obwohl man so vielleicht eine unglückliche Sichtlinie geschaffen hat. Das ist ärgerlich, wenn die nächste Wache genau diesen Weg nutzt.

Kluge Wachen, blödes Handgemenge

Immerhin hinterlässt die KI in vielen Fällen eine gute Figur: Sie schmeißen Granaten, so dass man nicht ewig in Deckung verharren kann, sie entdecken schlecht getarnte Agenten und sie schwärmen aus, um die Flucht zu verhindern. Allerdings gibt es einige Totalaussetzer: Wenn man lautloses Schleichen aktiviert, ist man eigentlich nicht unsichtbar, sondern lediglich leiser. Aber trotzdem kann man sich zwei Wachen mit gezückter Knarre nähern und den einen vor den Augen des Kollegen bewusstlos schlagen, ohne dass dieser reagieren würde. Und als man einen Mann in der amerikanischen Botschaft schützen soll, feuern die Marines selbst noch auf einen als man die Angreifer zurückgeschlagen hat und er sich bereits bedankt – das sind ärgerliche Momente. Andererseits kann man einmal alarmierte Feinde nicht so leicht mit einem Knopfdruck töten wie in SC: Sie wehren sich, sie blocken später sogar Schläge und schießen einem Schrot ins Gesicht.

Trotzdem hinterlassen gerade die offenen Nahkämpfe einen faden, weil viel zu arcadigen Nachgeschmack: Dass Thorton sich im Kampfsport entwickeln kann, ist ja eine gute Idee. Aber warum orientiert man sich nicht an authentischem Close-

Das Highlight sind die offenen Dialoge und Beziehungen.

Quarter-Combat? Warum nutzt man nicht realistische Techniken für den Agenten oder spendiert ihm einen aktiven Konter oder gar eine kleine Zeitlupe zum Ausweichen? Stattdessen kloppt man sich einfach so durch die Feinde. Spätestens wenn man die Kombos erlernt hat, haut man so viel zu leicht seine Gegner um. Und wer den Sprungtritt erstmal beherzigt, braucht gar keine Waffe mehr. Leider erinnern die plumpen Animationen hier eher an ein zweitklassiges Beat’em Up als an einen Agenten mit militärischer Spezialausbildung im waffenlosen Kampf. Hier verschenkt das Spiel einiges an Potenzial.

Kreatives Hacken und Knacken

Aber es gibt auch weitere Höhepunkte: Die Minispiele für Einbrecher. Hier schlägt man ME ganz deutlich, denn die Aufgaben beim Schlösser knacken, Computer hacken und Schaltkreise überwinden sind kreativer und werden mit der Zeit anspruchsvoller. Wer einen Safe knacken will, muss sein Geschick beweisen, indem er über die Schulterknöpfe bewegliche Stifte in eine Position bringt und sie rechtzeitig arretiert. Wer in einen Computer eindringt, muss zwei mehrstellige Zahlenreigen bei ablaufender Zeit in einem riesigen Zahlenfeld finden und dabei jeweils beide Analogsticks nutzen. Und schließlich gilt es bei einem Alarm, in einem Labyrinth aus Schaltkreisen die passenden Verbindungslinien zu finden – da kann man sich schon mal vertun und das macht die entsprechenden Hilfsmodule in der Ausrüstung sehr attraktiv.

Einen Überblick über all die Waffen und Gegenstände verschafft man sich im Hauptquartier. Und davon gibt es in jeder Region eines: In Saudi-Arabien ist es eine Licht durchflutete Villa, in Moskau ein Penthouse in einem Wolkenkratzer, in Taiwan ein getarntes Appartement unter der Erde und in Rom ein gediegenes Herrenhaus. Überall stehen einem ein Waffenschrank, ein Computer für E-Mails und Online-Schwarzmarkt, ein Spiegel für die Anpassung des Outfits sowie ein Fernseher zur Verfügung. Schaltet man ihn ein, wird in der Nachrichtensendung über die letzte Aktion berichtet. Außerdem kann es sein, dass man über die Mattscheibe kontaktiert wird. Gerade diese Dialoge zwischen den Einsätzen sind wichtig für den Verlauf der Story und Thortons Beziehungen zu anderen Charakteren.

Und wenn man mal nicht überzeugen kann, greift man zu anderen Mitteln.

Obsidian versteht es hier sehr geschickt, die Illusion einer Ereigniskette mit Schmetterlingseffekt aufrecht zu erhalten, denn die ganze Welt scheint auf die letzte Mission zu reagieren und die Schlinge der Story zieht sich immer weiter zu. Und das, obwohl es nicht streng linear, sondern schon im ersten Auftrag in Arabien angenehm offen vorwärts geht: Man soll einen Terroristen finden, aber man kann an drei Orten recherchieren – Waffenlager, Flugfeld, Festung. Und wenn man dieses erste Gebiet nach knapp fünf Stunden hinter sich hat, öffnet sich eine Weltkarte mit drei weiteren Gebieten in Moskau, Rom und Taiwan, in denen man wiederum bis zu vier oder fünf Aufträge erfüllen und andere Fraktionen kennen lernen kann.

Diese Freiheit erinnert an die Öffnung der Galaxie in ME und man verspürt ein angenehmes Kribbeln, weil es so viel zu entdecken gibt. Dazu gehört auch, dass man je nach Kontaktperson bei einem Auftrag andere Vorteile genießt: Wer Minas Vertrauen gewonnen hat, bekommt unter ihrer Leitung einen Bonus auf die Ausdauer. Wer mit Darcy im Hintergrund agiert, verursacht etwas mehr Schaden. Es sind diese Details, die das Spiel immer wieder bereichern.

Vor allem die erzählerischen Überraschungen wie z.B. gewaltfreie Konfliktlösungen im Angesicht des Feindes oder plötzlich auftauchende Charaktere sorgen dafür, dass man neugierig bleibt. Das liegt auch daran, dass man direkten Einfluss auf die Fraktionen und Personen hat: Man kann sich Feinde machen und Allianzen schmieden, man kann wichtige Leute retten oder sterben lassen – und muss danach mit den Konsequenzen leben.
       

  1. Crewmate hat geschrieben:Vom smartphone aus ist es gerade schlecht, aber ich glaube es gab da einem offiziellen patch gegen das drm von sega. Check mal die downloads
    Patch 1.1 behebt den ganzen Aktivierungsmist. Danke dir :D

  2. Oberdepp hat geschrieben:Ja, ich meinte die "Ost- und Westflügel"-Entscheidung. Das mit Marburg wusste ich nicht. Btw. hört doch auf mit den Spoiler-Kästen. Sowas gehört nicht in ein Diskussionsforum. Wer nicht gespoilert werden will, sollte hier einfach nicht die Beiträge lesen :).
    Naja, mal sehen. Vielleicht werde ich das noch mal durchspielen, aber mometnan habe ich noch soviel unbeendete Spiele, da muss Alpha Protocol "leider" den Kürzeren ziehen.
    das is die richtige Einstellung, bei mir is momentan auch durch andere Spiele die Spieluft begrenzt, aber ich will das Game noch auf Veteran schaffen auch wenn es keine dumme Trophy aufm PC gibt :twisted: ^^

  3. Ja, ich meinte die "Ost- und Westflügel"-Entscheidung. Das mit Marburg wusste ich nicht. Btw. hört doch auf mit den Spoiler-Kästen. Sowas gehört nicht in ein Diskussionsforum. Wer nicht gespoilert werden will, sollte hier einfach nicht die Beiträge lesen :).
    Naja, mal sehen. Vielleicht werde ich das noch mal durchspielen, aber mometnan habe ich noch soviel unbeendete Spiele, da muss Alpha Protocol "leider" den Kürzeren ziehen.

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