Obwohl man auch schon u.a. in Assassin‘s Creed 3 vor dem Hintergrund des amerikanischen Bürgerkrieges einige entscheidende Schlachten von aufeinandertreffenden Truppen inszenierte, hat man erst mit Odyssey die Entscheidung getroffen, den Spieler nicht nur zu einem handelnden, sondern beeinflussenden Bestandteil zu machen. Jede Insel, jede Landmasse auf der üppigen Karte steht entweder unter spartanischer oder athenischer Herrschaft. Durch bestimmte Aktionen vom Leeren der Kriegskassen bis hin zum Töten des jeweiligen Anführers kann man den Einfluss der Fraktion auf die Region verringern – bis hin zu dem Punkt, an dem eine Schlacht bevorsteht. In dieser kann man sich auf die Seite des Verteidigers schlagen (die leichtere Option) oder den Angreifer unterstützen. Was daraufhin entbrennt, ist allerdings keine taktische Kriegsführung, in der Truppen versuchen, sich im Gelände oder durch Formationen Vorteile zu verschaffen, sondern erinnert von der Struktur eher wie ein besser organisierter Abschnitt aus Tecmo-Koeis Musou-Action. Spartaner und Athener kämpfen in kleinen Gruppen miteinander, während der Spieler jederzeit eingreifen und seine gewählte Fraktion unterstützen kann, damit der „Energiebalken“ der Armee schneller verschwindet als beim Gegner. Zwar lauern hier vermehrt Gefahren einer Unterzahl, vor allem wenn andere Söldner beim Feind unter Vertrag stehen können und einen zum bevorzugten Ziel machen. Doch unter dem Strich sind auch diese Scharmützel nur wenig mehr als eine weitere Option, um Erfahrung und epische Gegenstände einzuheimsen, die auf den Sieger warten. Man hat hier keinerlei Gelegenheit, nachhaltig die politischen Verhältnisse zu beeinflussen. Und es hat auch keinerlei Auswirkungen irgendeiner Form, ob man nun die Athener oder die Spartaner unterstützt – es gibt keinerlei Fraktionsparameter, die man verändern und darüber entscheiden könnte, wie freundlich einem die jeweilige Besatzungsmacht im nächsten zu besuchenden Gebiet gegenübersteht.
Nur Kleinigkeiten?
Diese sehr oberflächliche Behandlung einer im Kern potenziell sehr interessanten Mechanik ist für mich die größte Enttäuschung in Assassin‘s Creed Odyssey. Natürlich ist mir bewusst, dass bis auf wenige mit der Hauptgeschichte zusammenhängende Schlachten (in der man dann auch entsprechend keine Seitenwahl treffen darf) die Kriegsführung ebenso optional ist wie die Tower-Defense-Variante in Assassin‘s Creed Brotherhood. Doch hier stecken noch viele ungenutzte Möglichkeiten, das Spielgefühl zu erweitern und die persönliche Odyssee von Alexios oder Kassandra noch stärker mit dem Schicksal Spartas zu verknüpfen. Daneben gibt es noch ein paar untergeordnete Mankos, die Ubisofts antikes Griechenland mit nahezu allen anderen Spielen mit offener Welt teilt und die zwar ebenfalls nur wenig Einfluss auf die finale Wertung haben, aber gelegentlich auffallen. Während die Kulisse vor allem bei Landschaftsgestaltung, Wettereffekten sowie der Architektur punktet, einen größtenteils hervorragenden Eindruck hinterlässt und sowohl Protagonisten als auch die wichtigsten Nebenfiguren mindestens passabel darstellt, lassen die meisten NPCs zu wünschen übrig. Sie können hinsichtlich des Detailgrades nicht mit den Hauptcharakteren mithalten und zeigen auf Dauer zudem eine Tendenz zum Kloneinsatz, der allerdings den Gesamteindruck nur unwesentlich vermindert – wie auch die gelegentlich Clipping-Probleme, die man u.a. beim Ein-Knopfdruck-Klettern beobachten kann. Etwas verstörender ist da der bislang bei über 65 Stunden zwei Mal aufgetretene Fehler, dass das Gegenüber bei einem Dialog zwar spricht und auch die Lippen bewegt, sich dahinter aber keine Mundhöhle, sondern ein geschlossener Mund befindet – gruselig. Und man muss sagen, dass sich Odyssey im Vergleich mit anderen Action-Rollenspielen bei der Mimik der Protagonisten hinter The Witcher 3 und Horizon Zero Dawn einsortieren muss.
Das Kopfgeld-System ist theoretisch ebenfalls eine gute Idee: Sollte man es mit Lagerüberfällen oder dem Töten von Anführern übertreiben und allgemein eher eine Geißel der Gesellschaft sein, werden Kopfgeldjäger engagiert, die sich aus dem Pool der anderen ägäischen Söldner rekrutieren. Dass man diese seinerseits jagen und in ihrer Rangliste aufsteigen kann, ist ebenfalls nett, steht aber auf einem anderen Blatt. Diese nehmen nun ziemlich resolut die Fährte auf und können sich im schlimmsten Fall in ein Gefecht einmischen, das für eine Mission besondere Bedeutung hat. Damit habe ich allerdings keine Probleme. Auch nicht mit der Methode, das Kopfgeld loszuwerden: Entweder tötet man den Sponsoren des Kopfgeldes oder aber man zahlt das vergleichsweise niedrige Strafgeld. Ein kleiner Faux Pas ist allerdings, dass die Bounty Hunter einen bereits in Sichtweite haben, man dann aber im Pausemenü für die Absolution löhnen kann und bei der Rückkehr in die Spielwelt die Jäger so tun, als ob man nicht existiert. Wenn es wenigstens eine kleine Verzögerung bei der Übermittlung der Kopfgeld-Zahlung an die ausführenden Jäger gäbe, wäre das gesamte System nachhaltiger und würde eher dafür sorgen, dass man Verantwortung für seine Taten übernimmt.
Mich hat es am Ende komplett erschlagen. Ich kann mich auch nicht damit anfreunden ein Spiel ein Jahr später wieder zu spielen, wenn Add-Ons kommen. Letztlich hat es mich 187 Stunden gekostet um alles abzuschließen inkl. aller Achievements. Als Komplettierer war das eine schlimme Erfahrung. Bin froh, dass ich damit endlich durch bin. Da muss mehr Abwechslung rein...
Hallo
Klarer Fall von Verklärung in der Retrospektive. Oder früher war alles besser. Sogar der Journalismus.
Christoph
Die ersten drei Teile waren damals echt gut und haben mit ner interessante Story / Charakteren geglänzt, auch technisch beeindruckend wenn man ZB. die gesamte Welt überschauen konnte (Trotz nervendem Tearing Effect den sie erst viel später weg bekamen. Naja nur ein Detail am Rande, unwichtig)
Kann mich noch erinnern wie teilweise euphorisch die Magazine waren damals und wie gekünstelt es heute wirkt einem stagnierendem Spiel, das eigentlich sich immer verschlechtert hat anstatt zu verbessern, immer noch solch hohe Wertungen zu verpassen....Wie sich die Zeiten ändern und der Journalismus.
Damals vom innovativem Geist mehrere Kulturen verpflichtendes "Must have" Spiel, verkommen zum "Wir brauchen jede 6 Monate einen anderen Teil, vergesst worum es früher ging" "Trotz Stagnation Millionengewinne und wohlwollende Wertungen großer Magazine"!
Tut ein bißchen weh es zu wissen wenn man von Anfang an dabei war und das Produkt gerne unterstützt
hat. Bin inzwischen froh nicht mehr zur Zielgruppe zu gehören
Endlich habe ich mich getraut zuzuschlagen. Im aktuellen SALE auf der Xbox One X für knapp 20.- finde ich es den Preis absolut wert! Es hat mich gepackt. Die Grafik ist in meinen Augen kein Augenöffner, aber für so eine grosse Welt wunderschön und Griechenland ist mir als Feriendestination sehr gut bekannt, ich mag das Feeling.
Eigentlich war ich mit der AC Serie durch, aber Odyssey fühlt sich ja mehr nach Action RPG an als nach einem Schleich und Meuchel Spiel. Ich konzentriere mich voll auf Krieger und das Schleichen ist bei mir nur zweitrangig. Sehr schön! AC als History-Action-Serie welche den Fokus vom Attentäter-Setting wegnimmt, gefällt mir.
Etwas erstaunt war ich, dass sich das Spiel an manchen Stellen wie ein "The Witcher 3" anfühlt. Da hat sich Ubisoft aber stark vom CDPR Titel inspirieren lassen. Und der Witcher hat mich nie zu 100% gepackt, irgendwie war mir das Spiel an manchen Stellen zu sperrig und das bereits ausgelutschte Mittelalter-Setting, welches gefühlt jedes zweite RPG mitbringt auch etwas zu langweilig.
AC: Odyssey gefällt mir da durchaus besser, auch wenn es natürlich mehr casual ist. Aber für einen Gelegenheits-Zocker wie mich, daher eigentlich perfekt. Schönes Spiel.