Lebendiges Land der Lebenden
Davon abgesehen ist Eora – beziehungsweise das Teilreich „Living Lands“ (etwas unpassend übersetzt mit „Das Land der Lebenden“) – sehr schön anzusehen und optisch abwechslungsreich; von den dichten Wäldern und den von pinkfarbenen Straßenlaternen gesäumten Wegen in Smaragdtreppe über den von einem majestätischen Leviathan-Skelett überwachten Fischerort Drittborn bis hin zum von Lavaströmen durchzogenen Zwergenreich Galwain’s Horn.
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Die Motivation, auch abseits der Wege nach Höhlen und Monsterverstecken (und damit verbundenem Loot) zu suchen, ist hoch. Zudem gibt es so manche Sidequest sowie Kopfgeldjagd, die euch die Welt auf natürlichem Wege erkunden lassen, die Map aber nicht unnötig mit zu vielen Questmarkern zukleistern. Diese präsentiert sich übrigens zunächst üppiger, als sie wirklich ist: Insgesamt fünf Regionen werdet ihr besuchen – auf der Übersichtskarte sieht es nach deutlich mehr aus.
Ebenfalls gehören die Gefährt*innen zum starken Plus von Avowed. Einer meiner favorisierten Attacken war, Kai auf Befehl aus dem Nichts neben dem Gegner auftauchen zu lassen, sodass er ihnen eine gepfefferte Salve aus seiner Knarre entgegenblasen konnte. Der Fährtenleser Marius macht unter anderem Widersacher mit starken Ranken bewegungsunfähig, die Beseelerin Giatta verfügt über Heilungs- und Schutzmagie und die Hexe Yatzli greift mit mächtigen Elementarzaubern an.
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In den Dialogen lassen sie einen angebrachten, trockenen Humor nicht vermissen: Besonders der sanftmütige Aumaua (so heißt die Rasse) Kai sowie die kecke Orlanerin (auch eine Rasse) Yatzli haben mich so manches mal zum Lachen gebracht. Ihr werdet merken, dass ihr im Laufe des Spiels vielleicht den einen oder anderen Mitstreiter*innen mehr Sympathien entgegenbringt, weil sie eure Werte und Ansichten teilen, und infolgedessen ihre Meinungen mehr schätzen werdet.
Viel gelabert, wenig gesagt
Im Verlauf der Story scheint sich euer Ziel auf verschiedenen Schienen fortzubewegen. Nicht zuletzt, weil sich unter verschiedenen Fraktionen Widersacher oder Verbündete herauskristallisieren können. Die Traumgeißel ist nicht die einzige Bedrohung, gegen die ihr vorgehen müsst. Von euren Entscheidungen hängt das Schicksal von Menschen und sogar ganzer Gruppierungen ab – und das hat einen Effekt auf den Verlauf der Geschichte.
Neben eurer ursprünglichen Mission wird außerdem die persönliche Reise auf der Suche nach dem Grund für die Stimme in eurem Kopf zunehmend wichtiger. Mir persönlich wurde das aber von etwas zu viel esoterischem und pseudo-philosophischem Gewäsch begleitet.
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Ein paar Längen gibt es also – mit den unfreiwilligen Dialogen in eurem Kopf, aber auch mit manchem Höhlensystem, das vielleicht auch mit ein, zwei Gegnerräumen weniger ausgekommen wäre. Da aber Kämpfe, wenngleich mit einer überschaubaren Abwechslung an unterschiedlichen Gegnertypen, nicht langweilig und nur in den seltensten Fällen unfair wurden, und die Story mir in regelmäßigen Abständen neue Wendungen, Entdeckungen und Möglichkeiten zur Selbstbestimmung gibt, bleibt Avowed bis zum Schluss motivierend und überraschend.