Ein Hoch auf die Strigiformes!
Des Deutschen liebstes Dekotier, die Eule, hatte schon ein paar schöne Videospiel-Auftritte: Neben Otus aus dem wunderbaren Owlboy, Olcadan aus SoulCalibur 3 und Lechku & Nechku aus Okami fallen mir vor allem solche aus Nintendo-Spielen ein. Zum Beispiel die Eule Frederik aus Super Mario 64, der korrekte Eugen aus Animal Crossing, die weise Methusa aus der Zelda-Serie oder der niedliche Coo aus Kirby’s Dream Land 2. In Baldo: The Guardian Owl nehmen die prachtvollen Vögel wenig überraschend eine wichtige Rolle in der Mythologie der Spielwelt Rodia ein. Die Hauptfigur des Titels, der unbedarfte Knabe Baldo, muss ihre legendäre Stadt finden, um seine Bestimmung zu erfüllen und die Welt zu retten.
Baldo: The Guardian Owls sieht dabei richtig hübsch aus: Der an Studio-Ghibli-Filme erinnernde Grafikstil ist zwar nicht ganz so fein ausgearbeitet wie in Ni no Kuni: Der Fluch der weißen Königin, trotzdem ist die heimelige Spielwelt mit ihren netten Ruinen, den knautschigen Figuren und der stimmigen Beleuchtung in den Dungeons der offensichtliche Star des Spiels. Look und Design ziehen euch an, während sonst so ziemlich alles sich Mühe gibt, euch vom Controller zu vertreiben. Denn, soviel sei hier schon verraten, Baldo: The Guardian Owls ist ein eher schlechtes Spiel, das euch ärgert, nervt, im Dunkeln lässt und viel Geduld einfordert. Wie konnte das passieren? Kann man nicht einfach so ein bisschen Zelda kopieren und immerhin ein harmloses Abenteuer fabrizieren? Nun, den italienischen Entwickler vom Naps Team wäre das offenbar zu billig gewesen…
The Legend of Dark Souls
Der schöne Look, die Figuren, die Exposition der Geschichte, das Spielprinzip, die fixe isometrische Perspektive – all das erinnert eindeutig an das große Nintendo-Verbild. Jedoch wurden sämtliche Einflüsse mit schlechten Designentscheidungen oder purem Sadismus verpaart – das Ergebnis ergibt ein gerade noch ordentlich spielbares, aber an vielen Stellen auch furchtbar enervierendes Spielerlebnis. Baldo läuft, teils von einem maulfaulen Mädel begleitet, durch ein weitläufige, halboffene Welt mit grünen Ebenen, rauschenen Bächen, idyllichen Dörfern, kauzigen Bewohnern, ein bisschen Landwirtschaft, etlichen knackigen Feinden, manch dunklen Höhlen und ausgewachsenen Dungeons.
Seine kurze Ausdauerleiste sorgt dafür, dass Sprinten nur bedingt möglich ist, das macht die teils langen Wege, die man oft mehrfach bewältigen muss, schon recht zermürbend. Dazu kommen Tode, wo immer es möglich ist: Sturz aus drei Metern Höhe? Tot. Ein simpler Gegner mit zwei Attacken (Blocken fühlt sich wegen des schwammigen Timings schlecht an)? Tot. Abstecher ins Wasser? Tot. Schmale Planke im Dungeon? Tot. Feind hinter der Ecke? Tot. Schwingende Pendelfalle? Tot. Zwar wird Baldo fast immer nur Meter entfernt am Eingang eines Raums oder Bereichs mit voller Lebensleiste wieder aufgesetzt, dennoch ist das Sterben furchtbar nervig. Zudem ist Baldos Herzleiste ausgesprochen kurz, auch nach vielen Stunden im Spiel killen euch die meisten Gegner ratzfatz. Dabei ist das Kampfsystem simpel – Zuhauen per Schwert, Blocken mit dem Schild, plus Ausweichrolle; da fühlt es sich einfach schlecht und unfair an, wenn man häufig stirbt, weil man eben nicht durch Trainieren, Move-Studieren und Antizipieren entscheidend besser wird. Auch macht der Instant-Respawn mit voller Leiste im selben Raum das Heilungssystem fast überflüssig – warum umständlich über die Pfeiltaste eine Wurzel auswählen und mit zwei weiteren Tastendrücken verspeisen, wenn ich auch einfach in den Tod hopsen kann?
Ich gehöre auch zu den gefühlt 5 Leuten, die versucht haben, Baldo probezuspielen. Als Apple-Arcade-Nutzer (wegen Sakaguchis neuem Spiel und der Integration in Apple-One) habe ich auch schon länger drauf geschielt, weil ich Musik und Grafikstil sehr "appealing" fand. Ich liebe zudem Eulen, weshalb ich auch den letzten Ori-Teil so süß fand.
Allerdings ist die Apple-Arcade-Umsetzung auch sehr schlampig. Auf dem Apple-TV läuft das Spiel nicht mal in den niedrigsten Einstellungen ruckelfrei, bei denen die Umgebungsgrafik schon echt nicht gut aussieht und auf dem iPhone XS stürzt es ständig ab. Außerdem läuft es nicht rund und ist echt übertrieben schwer, was ich aber zuerst für einen Bug der iOS-Version hielt. Außerdem ist das Spiel so stark komprimiert, dass die ohne Zweifel exzellent komponierte Musik klingt, als käme sie aus einer Glückwunschkarte. Gepaart mit einer nicht motivierenden langweiligen Handlung, hab ich das Spiel nach dem ersten Dungeon weggelegt. Wäre es im Gamepass gelandet, hätte ich es vielleicht noch mal auf der Xbox Series X versucht...
Es ist halt sehr traurig, wenn ein Spiel mit so viel Potenzial und Herzblut der Entwickler so in die Hose geht. Ich denke einfach, dass ein Zwei-Mann-Projekt in einer solchen Qualität nicht gut gehen kann. Hier hat man im Grunde ein technisch versiertes Spiel in der eigentlichen Klasse der Zweite-Riege-Square-Enix-Titel (Octopath, Lost Sphear, Bravely Default II, etc.), das einfach schief gegangen ist.
Daher decken sich die Wertung und wie der Test geschrieben ist mit meinen Erfahrungen. Und ich glaube, das ist auch allgemein zutreffend, da man hier aufgrund der fehlenden Manpower auch das Balancing sträflich vernachlässigt hat. Und das finde ich an 4Players-Reviews so gut. Man kann halt sehr genau herauslesen, wo es harkt. Auch die 48er-Wertung ist in meinen Augen absolut zutreffend.
Nichtsdestotrotz wurden meistens schwere...
Vielen Dank wie immer für den Wunschtest. Diesmal leider zum letzten Mal. Meist waren es Gurken, manches Mal aber auch Highlights und einmal sogar ein Spiel des Jahres. Danke 4P für dieses schöne Konzept.