Und wie bezaubernd schön diese Zuflucht ist! Strukturlose Würfel und Pyramiden sind in ständiger Bewegung, fliegen scheinbar chaotisch im Raum, bevor sie sich beim Näherkommen zu Mauern und Wänden verschieben. Unter der Prinzessin wiegen tausende Würfel auf und ab: Wellen eines abstrakten Ozeans, der den Blick in die Tiefe so lange versperrt, bis die Prinzessin weit genug hinabsteigt. Gut versteckte geheime Räume verbergen sich dort, oft führen verschiedene Wege ans Ziel, keiner wertvoller als ein anderer.
Bewegt man die Kamera in eine Wand, schrumpfen deren „Ziegel“ mit einem sanften Knirschen, bis sie verschwinden. Vom Klavier getragene Synthesizer aus der Feder von Oleg „Heinali“ Shpudeiko strömen wie warme Winde durch die fließenden Gebilde, zerbrechen in Disharmonien, schwellen an, ändern ständig ihre Komposition – im bisher schönsten Konzert des aktuellen Spielejahres.
Und wenn die Prinzessin am Ende eines Szenarios angekommen ist, versetzt Shpudeiko seiner Musik schließlich den entscheidenden Schwung. Die Ballerina tritt dann auf ein langes Tuch, um im erhebenden Finale durch das gesamte Level bis zum Ziel zu surfen.
… und eine stockende Kamera
Doch leider fließen die wundervollen Bewegungen der Tänzerin und ihrer ruhelosen Umgebung durch das Virtual-Reality-Headset betrachtet nicht ganz so flüssig ineinander wie auf dem flachen Bildschirm. Das liegt vor allem daran, dass die Kamera der Figur nicht automatisch folgt. Das ist sinnvoll, weil eine solche Bewegung bei den meisten Spielern schnell Übelkeit auslösen würde!
Der Ersatz ist allerdins kein ausgereifter, denn in der Virtual Reality wechselt man die Kamera wahlweise per Hand. Je nach Richtung des gekippten rechten Analogsticks setzt man sie dabei hinter oder neben die Protagonistin – so nah an sie heran und so tief über den Boden, dass man nur wenig Übersicht über ihre Position innerhalb der nahen Umgebung erhält. Weil die Kameraführung nicht immer schnell genug auf eine vorgefertigte, übersichtliche Ansicht wechselt, blickt man häufig also entweder mit einem übertriebenen Zoom auf die Tänzerin oder sieht sie irgendwo in der Ferne verschwinden.
Schade, dass Plastic keine starren Ansichten nutzt, die höher und in größerer Entfernung vom Geschehen liegen als die des herkömmlichen Spiels: Wo man sich mit der einer Figur folgenden, ständig drehbaren Kamera ohne VR schnell einen Überblick verschafft, geht dieser aus ähnlichen, aber fixen Perspektiven einfach zum Teil verloren. Diese
Besonderheit kompensiert Bound leider nicht.
Die Welt steht nicht Kopf genug
Es ist die Harmonie von Musik, Tanz, Kulisse und Erzählung, die Bound auch mit PlayStation VR auszeichnet. Es ist aber auch ein Spiel, in dem neben der unglücklichen Kamera vor allem eine ungenaue Steuerung für ärgerliche Stürze in die Tiefe sorgt und dem eine echte Herausforderung an Fingerfertigkeit oder die grauen Zellen fehlt. Manche Geheimnisse sind zwar überraschend gut versteckt – man findet dort buchstäbliche Puzzlestücke, auf dass sich in jedem Level das Bild einer weiteren Erinnerung zusammensetzt. Auf dem eigentlichen Pfad kommt die Prinzessin allerdings zügig voran. Dass sie nach einem Fehler sofort an Ort und Stelle wieder auftaucht, ist dem Spielfluss dabei zuträglich. Zumindest Köpfchen könnten manche Situationen aber erfordern, während die Variation der Herausforderungen gerne größere sein dürfte.
Interessant sind Gravitationswechsel, wenn sich die Welt quasi unter den Füßen der Protagonistin dreht: Auf Kugeln läuft sie dann mal quer, mal längs zum Horizont – das spielerisch beste Element! Doch leider schaltet der Bezugspunkt der Gravitation nicht zuverlässig vom Absprungort aufs Ziel um, was hier und da mühselige Wiederholungen erfordert. Plastic setzt das Stilmittel zudem nicht oft genug ein. Dabei bieten sich gerade damit einfallsreiche Kopfnüsse an, die noch dazu hervorragend in die abstrakten Kulissen passen würden.
Hat mir auch sehr gefallen. Eins der besten VR Spiele für mich. Die Figur wirkt durch die sehr gelungenen Animationen auch trotz der sehr abstrakten Grafik sehr lebendig. Und die Kulisse ist in VR einfach der Hammer. Spielerisch wäre noch etwas mehr drin gewesen, aber dafür war die Story auf eine sehr interessante Weise erzählt.
Gönn es doch der auf Massenappeal und Triple-A fokussierten Spielewelt, dass es die Kunst ab und zu mal unter einen Mantel schafft und dort so strahlen kann wie ein Uncharted, Battlefield oder Forza. Und das ohne fette Kampagnen, gesteuerten Hype oder Dauerwerbeberieselung. Einfach nur, weil ein kreatives Team mal etwas anderes probiert. Ist doch cool, dass es möglich ist, auf so tänzerische Art zu faszinieren. Also kein Grund zur Panik, die Spiel-des-Jahres-Wahl kommt ja erst im Dezember.
Die normale Version habe ich gespielt und es war wirklich ein tolles Erlebnis.