Aber Hofmeier geht es gar nicht um den offensichtlichen Realismus. Ihm gelingt etwas verdammt Cleveres: Er kommt in meinem Kopf an. Während ich anderswo nämlich Szenen nachspiele, fühle ich hier, was mein Charakter fühlt. Genau wie er oder sie muss ich mich auf eine dröge und langwierige Tätigkeit konzentrieren, die sich noch dazu fast – aber eben nur fast – von alleine erledigt, weil ich sonst um meine Existenz fürchte. Hofmeier ist daran interessiert, was sein Spiel mit mir macht. Er bleibt nicht dort stehen, wo es sich gut spielt.
Dafür würde ich ihm wahnsinnig gerne eine Medaille umhängen!
Kaputtprogrammiert
Und trotzdem kann ich ihm beim besten Willen keine Auszeichnung verleihen. Denn bei aller Liebe für sein Vorhaben und noch mehr für die ausgezeichnete Umsetzung: Sein Spiel ist voller grober Fehler, das Verstehen der Spielelemente ist anfangs über weite Strecken die eigentliche Herausforderung und einige Schwächen in der Steuerung sind völlig unnötig.
Wenn mir mein Protagonist etwa seinen Hunger mitteilt oder hustet, wird das aktuelle Menü geschlossen und ich muss von neuem in den Optionen wühlen. Es ist gut, dass die natürlichen Bedürfnisse drängeln und den Spielfluss unterbrechen. So wie es hier geschieht, erfüllt es allerdings keinen Zweck. Einen ähnlichen Makel trägt die ungenügende Einführung, denn während mir das Zurechtfinden im Alltag natürlich schwer fallen soll, vermittelte mir Cart Life zu Beginn den Eindruck, ich könne keinen Fuß vor den anderen
setzen.
Ein Albtraum
Am schlimmsten sind jedoch die Fehler, die die Illusion des Spiels glatt zerreißen. Ein Programmabsturz war leicht zu verkraften. Viel ärgerlicher ist es, wenn mich ein Passant dreimal hintereinander mit demselben Anliegen anspricht, wenn mir ein Polizist auf diesem Weg z.B. zwei- oder dreimal eine Geldstrafe aufbrummt – ein massiver Verlust, den ich in der kurzen Spielzeit nicht wiedergutmachen konnte.
Es kommt auch vor, dass Kunden stehenbleiben, mich aber nicht ansprechen. Melanies Tochter sollte angeblich Zuhause sein, tatsächlich war sie noch in der Schule. Es kann passieren, dass ich mich morgens mit ihr auf den Weg machen will, sie aber partout nicht ansprechen kann. Irgendwann geht sie dann alleine, was sich natürlich schlecht auf meinen Kampf um das Sorgerecht auswirkt – genau darum dreht sich Melanies Geschichte aber. Eine Nacht erlebte ich schließlich den Traum eines anderen Charakters. Und das sind noch längst nicht alle Fehler.
Also manche Kommentare sind ja mal wieder geil hoch 3. Ich hab das Spiel probiert und war nicht beeindruckt, ueble Steuerung, das reicht mir schon,55% fuer die ungewoehnliche Idee und weils eh wenig Wisims gibt. Nur was manche daraus immer fuer Schluesse ziehen...waeeh 4p hat ein Indie spiel zu hoch bewertet, also sind alle Indiespiele zu hoch bewertet, na wie heisst dieser logische Fehler?
FTL hat nur 78% hier bekommen, Eador auch. Das sind einwandfreie 90er. Nöl ich deswegen rum, dass komplexe Indiestrategie hier immer zu niedrig bewertet wird? Ja mach ich! Aber Ihr wollt ja wohl besser sein als ich, oder?
Hier werden auch oft AA (nur zwei A wie in: ich muss mal grossartig AA...) Spiele zu hoch oder zu tief bewertet. Die Typen, die hier wieder rumnoelen melden sich nur bei den zu niedrigen AA Bewertungen.
Der Titel ist immer noch sehr stark verbuggt, der Entwickler Richard Hofmeier allerdings ignoriert das und brachte seit Monaten überhaupt keine Bugfixes mehr raus, auch Statusupdates fehlen.
http://steamcommunity.com/app/233390/di ... 757699911/
Von einem Kauf ist in der Hinsicht definitiv abzuraten, aber ich lege jedem die Freeware-Variante des interessanten Konzeptes wegen nahe.
Edit: Cart Life wurde aus dem Steam Store entfernt und ist nun Open Source.
http://www.rockpapershotgun.com/2014/03 ... en-source/
Bei 4p dagegen kommt _irgendwas_ raus. Gute AAA Titel werden wegen Kleinigkeiten abgewertet (COH2) oder schlechte extrem gehyped weils der nächste Aufguss des Redakteurs liebstes Spiel aus der Jugendzeit ist (Anno, Civ, Bioshock Serie etc.). Extrem gute Spiele kleiner Publisher fallen komplett durchs Raster, weil der Redakteur keinen Bock hat sich in die andersartige Steuerung und Strukturierung einzuarbeiten (Wargame Serie). Indie-Spiele mit zweifelhaftem Spielwert werden ganz oben in der Rangliste positioniert.
Hier bekommt aktuell ein interessanter Ansatz mit mieser technischer und spielerischer Umsetzung 80%. Ein richtig gutes, sauber programmiertes Indie-Spiel wie FTL - welches sein Geld zigfach wert ist - wird mit 78% abgespeist.
Wie soll ich mir da eine Meinung bilden? Warum sollte ich etwas lesen, was mir keinen Informationswert bringt? Ein Test hat objektiv zu erfolgen, sonst ist er nichts wert. Wenn man sich die Kommentare anschaut, kommen die meisten ja auch nur noch um sich hier im Forum zu kloppen.
Weil der Tester in der Verantwortung steht und mit einer Wertung von 80% eine Kaufempfehlung ausspricht, die anhand der schlampigen Qualität der Programmierung kaum zu Rechtfertigen ist. Vergleiche auch Gothic 3, das Stalker-Addon.. - wieso wiederhole ich mich hier eigentlich? Die Argumentation gegen die Wertung liegt doch auf der Hand: Schlechte Qualität erfordert eine schlechte Bewertung.