Dabei fängt das Abenteuer vielversprechend an: Man darf wie in einem Rollenspiel einen männlichen oder weiblichen Charakter erstellen, das Äußere sowie die Werte von Stärke bis Wahrnehmung seinen Wünschen anpassen und einige Fertigkeiten hinsichtlich Kampf, Handwerk, Survival & Co festlegen. Auch hier trifft man auf eine lobenswerte Vielfalt, denn man kann neben Schwert, Axt, Schild, Schleuder, Bogen & Co auch rhetorische Fähigkeiten wie die Diplomatie oder Führungskraft, das Reparieren von Waffen oder das Jagen in der Wildnis stärken. Bei einem Aufstieg kann man die Werte jedes Gefährten manuell anpassen und viele optionale Quests bringen meist genug, vielleicht sogar zu viel Erfahrungspunkte neben den Hauptaufgaben. Denn auch hier gibt es ein Problem mit der Balance: Viel zu früh erreicht man in der Charakterentwicklung die Maximalwerte seiner Waffen – noch bevor ich in England landete, hatten viele Kämpfer schon das Beste aus Schwert, Axt oder Schild herausgeholt, so dass man sich danach entweder notgedrungen auch auf andere Waffen spezialisiert oder die möglichen „Reste“ aufwertet, die entweder weitere passive Werte stärken oder in ihrer Fülle nur für den Haupthelden interessant sind. Nichtsdestotrotz ist es lobenswert, dass mit Diplomatie & Co so etwas wie Rollenspiel light aufkommt.
Trauerfeier und Allianzen
Man kann die Familie eines Verräters aufsuchen und den Hof heimtückisch niederbrennen, was einem bei den skupellosen Anhängern Boni, bei den anderen Abzüge bringt. Man kann Riesen oder Untote als reale Mächte anerkennen oder alte Gräber ausrauben, worauf abergläubische und skeptische Anhänger anders reagieren. All das verpufft allerdings irgendwann zu einer Nebensache, denn es gibt viel zu wenig spürbare Konsequenzen oder wirklich dramatische Situationen. Außerdem geht der strategische Aufbau der eigenen Basis in den ersten Stunden bis zum Übersetzen nach Britannien komplett unter – es ist wirkt fast egal, ob man sein Dorf befestigt, mit Bannern seinen Ruf steigert oder die Ernte an Holz & Co ankurbelt. Und das, obwohl man laut Story eigentlich bemüht sein müsste, die Verteidigung der Heimat zu stärken. Wenn man sie letztlich komplett ungeschützt gen England verlässt, scheint das auch egal. Kenner der TV-Serie Vikings werden übrigens spätestens einige Parallelen im Drehbuch erkennen, wenn man zum ersten Mal an der englischen Ostküste auf ein Dorf samt Kloster trifft. Nur hätten sich die Entwickler auch die Gefechte besser ansehen sollen, denn spätestens wenn es wieder wenig authentisch in den Kämpfen zur Sache geht, verfliegt das Serienflair.
Ziemlich harter Test. Bin zwar immer noch in Dänemark, aber positiv überrascht. Die vielen positiven Steam-Reviews kommen wohl auch nicht von ganz ungefähr; oder dass Larian mit Entwickler Logic Artists gemeinsam an einem Divinity-Taktikspiel arbeiten bzw. arbeiteten.
Wusste nie so richtig, wie ich die Expeditions-Reihe einsortieren soll; aber Viking soll ja deutlich mehr in Richtung CRPG gehen als der Vorgänger. Das soll sich angeblich für den nächsten Teil wieder ändern, auch weil es aufwändiger sei, Entscheidungen und Storyelemente zu produzieren. Für einen Indieentwickler keine weichen Faktoren. Falls es wer mal ausprobieren will: Aktuell ist Viking in einem Bundle bei Fanatical.
Übrigens: Das im Grab sind keine geisterhaften Toten, das ist jemand, der den Aberglauben der Bevölkerung ausnutzt. Überhaupt scheint es im Spiel nichts Übernatürliches zu geben, ist ja auch ein historisches. Auch vermeintliche Waldungeheuer und Riesen werden hier etwas anders erklärt.
Josh Sawyer von Obsidian Entertainment träumt seit Jahren davon, ein rundenbasiertes, historisches RPG zu entwickeln. Vom Format her könnte das durchaus Viking sein.
Danke für deine kleine Zusammenfassung. Gerade die Erkundung im Dschungel hat mir sehr viel Spaß gemacht, schade das die Entwickler diesen Ansatz nicht weiter ausgebaut haben.
Meinung ist gut, das ist ja schon ein richtiger Test.
Da gehen die Meinungen ja weit auseinander. ...